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Enerige & Management > Studien - Versorgung mit Erdgas auch ohne Russland gesichert
Quelle: Shutterstock
STUDIEN:
Versorgung mit Erdgas auch ohne Russland gesichert
In einer Modellanalyse hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung untersucht, wie die EU-Länder den Lieferausfall von russischem Erdgas kompensieren könnten.
 
Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) könnte die EU notfalls komplett auf russisches Erdgas verzichten. Hintergrund sind Überlegungen der EU, wegen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine auch den Bezug von Flüssigerdgas aus Russland zu verbieten. Laut der DIW-Analyse könnten sich die EU-Länder durch Pipeline-Importe aus anderen Ländern und Flüssigerdgas weiter versorgen, selbst wenn die Nachfrage bis 2030 hoch bliebe. Zudem raten sie von einem weiteren Ausbau der Infrastruktur für Flüssiggasimporte ab.

Die DIW-Ökonominnen Franziska Holz und Claudia Kemfert aus der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt haben gemeinsam mit den Kollegen der Technischen Universität Berlin, Lukas Barner und Christian von Hirschhausen, langfristige Berechnungen mit dem Global-Gas-Modell vorgenommen. Dieses Modell bildet alle Akteure der weltweiten Erdgaswirtschaft in hohem Detailgrad ab. Dazu haben sie zwei Nachfrageszenarien untersucht: eins mit schnell und eins mit langsam sinkender Erdgasnachfrage.

Diese Nachfrage wurde mit drei Angebotsszenarien kombiniert: Importe aus Russland wie derzeit, Importe aus Russland wie vor dem Kriegsjahr 2022 und ganz ohne russische Importe. Die EU importiert seit dem russischen Angriff auf die Ukraine nur noch rund ein Viertel der ursprünglichen Menge aus Russland, dennoch bleibt das Land Exporteur von Flüssigerdgas (LNG) in die EU und hat auch noch einige Länder in Mittel- und Osteuropa energiepolitisch im Griff.

Selbst Österreich und Ungarn könnten alternative Quellen nutzen

Beispielsweise bezieht Österreich noch 95 Prozent seiner Erdgasimporte aus Russland. EU-weit deckt Russland derzeit noch rund 14 Prozent der Erdgasnachfrage. „Doch Deutschland und Europa kämen in den kommenden Jahrzehnten auch ohne Importe aus Russland aus, selbst die stark von russischem Erdgas abhängigen Länder wie Österreich und Ungarn“, resümiert Franziska Holz. Alle europäischen Länder hätten verstanden, dass sie den Bezug auf mehr Erdgasquellen verteilen müssen als früher.

Würde die EU Sanktionen gegen russisches Erdgas verhängen, beispielsweise wie aktuell diskutiert, für die Verschiffung von russischem LNG, würde der Wegfall vor allem über Norwegen und die USA kompensiert. Auch Länder wie Algerien, Katar, Nigeria und Aserbaidschan würden den Wegfall des russischen Erdgases ersetzen – selbst dann, wenn die Nachfrage in der EU nicht so schnell wie geplant sinken würde, so die Autorinnen und Autoren.
 
Erdgasquellen, die den Wegfall Russlands kompensieren könnten 
(zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken)
Quelle: DIW

Geplanter LNG-Ausbau ist überdimensioniert

„Diversifizierung ist beim Erdgas ohnehin dringend geboten“, unterstreicht Holz. Der Import von LNG werde in allen Szenarien wichtiger, vor allem im Szenario mit verzögertem Nachfragerückgang, das einen konstant hohen Verbrauch bis Anfang der 2030er Jahre annimmt. Wenn die 5 Milliarden Kubikmeter LNG entfielen, die die EU derzeit pro Quartal noch aus Russland bezieht, könnten diese Importe aber in fast allen Szenarien ohne die derzeit in Planung befindlichen Ausbauten auskommen.

„Lediglich in einem Extrem-Szenario müssten die vorhandenen LNG-Kapazitäten in der EU leicht erweitert werden, konkret in Italien und Kroatien“, sagt Holz. „Der derzeit geplante Ausbau an LNG-Importterminals ist stark überdimensioniert“, meint Studienautor Christian von Hirschhausen.

Claudia Kemfert schlussfolgert: „Mittel- und langfristig steuert die europäische Energiewirtschaft auf einen Erdgasausstieg zu.“ Der rasche Umstieg auf erneuerbare Energien sei nicht nur klimapolitisch sinnvoll. Er trage auch maßgeblich dazu bei, bestehende Importabhängigkeiten und damit die vermeintliche Erpressbarkeit einiger europäischer Staaten zu verringern.

Die Studie „Sanktionen gegen russisches Erdgas würden Versorgung in EU und Deutschland nicht gefährden“  steht auf der Internetseite des DIW zum Download bereit.
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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Donnerstag, 23.05.2024, 12:35 Uhr

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