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Enerige & Management > Veranstaltung - VKU-Netzforum sucht nach Finanzierung des Ausbaus
Quelle: VKU-Akademie
VERANSTALTUNG:
VKU-Netzforum sucht nach Finanzierung des Ausbaus
In Berlin diskutierten Experten, wie der Netzausbau für die Energiewende finanziert werden könnte. Sie plädierten für eine Übernahme eines Teils der Kosten durch den Bundeshaushalt.
 
Im Forum des Verbands der Kommunalen Unternehmen (VKU) stand am 20. Februar die Finanzierung des notwendigen Netzausbaus für die Energiewende im Fokus. Der VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing zitierte eine Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen. Diese zeige eine große Unzufriedenheit mit der Arbeit der Ampelkoalition. Die Hälfte habe die Schulnote „sechs“ gegeben, die andere bewerte sie auch nicht viel besser. Dies liege an Widersprüchen in der Politik, die mit dem großen Streit um das Heizungsgesetz und die kommunale Wärmeplanung für viel Verunsicherung gesorgt habe.

Zudem knirsche es im Gesamtsystem: „Wir haben im ersten Halbjahr 2024 soviel negative Strompreise gehabt, wie im gesamten Jahr 2023, weil der Ausbau der erneuerbaren Energien zu schnell geht für den Netzausbau“, kritisierte er. Eine Verdopplung der Netzkapazität sei nötig. Dafür sei eine Beschleunigung der Netzanschlussverfahren notwendig sowie eine gesicherte Finanzierung. „Vor einem Jahr stand Versorgungssicherheit im Fokus, jetzt rückt die Bezahlbarkeit und Refinanzierbarkeit des Netzausbaus in den Fokus“, sagte Liebing. Die Politik sollte überlegen, ob eine steuerliche Entlastung der Netzkosten möglich ist.

Transformationsfonds als Anregung aus dem BMWK

Auch Philipp Nimmermann (Grüne), Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unterstützte diesen Vorstoß. Er zeigte sich betroffen über die schlechte Bewertung in der Umfrage. „Ich glaube, die Finanzierungsfrage ist die Gretchenfrage für die Energiewende“, sagte Nimmermann. Bei den Stromnetzen sieht er weniger Schwierigkeiten. Schlechter sehe es bei den Gasnetzen aus, gestand er ein. Hier sei auch der von der EU gesetzte Rahmen entscheidend. Er regte an, dass kommunaler Klimaschutz und der Umbau des Energiesystems mit einem Transformationsfonds zentral finanziell unterstützt werden, da es sonst nicht zu schaffen sei.

In den Konsultationen mit den Unternehmen würden für alle tragbare Kompromisse gesucht, versprach er. Laut den eingeholten Meinungen aus den Banken müssten konkrete Cashflows für Projekte definiert werden. Dies sei für das Wasserstoffkernnetz bereits erfolgreich umgesetzt worden, sagte Nimmermann.

Für eine neue Bundesregierung nannte er als Herausforderung, dass die hohen Kosten für den Netzausbau und neue Kraftwerke nicht auf die Verbraucher umgelegt werden könnten, weil diese das nicht bewältigen könnten. „Wir brauchen keine neuen Grundlastkraftwerke, wir brauchen nur noch Peaker, die einspringen im neuen Energiesystem“, so die Meinung des Staatssekretärs. Dafür seien etwa 200 Millionen Euro nötig.

Bundesnetzagentur: Mehr Standardisierung beim Steuern

Für die Bundesnetzagentur sagte Vizepräsidentin Barbie Kornelia Haller, es gehe darum, das Gesamtsystem für die Energiewende zu ertüchtigen. „Darin sind die Netze ein wichtiger Teil, dafür haben sich die Investitionen in den letzten Jahren bereits verdoppelt“, sagte sie. Aber es gehe um mehr, dazu gehöre auch der bessere Ausgleich zwischen Erzeugung und Verbrauch. „Dafür ist mehr Digitalisierung und Steuerung nötig, wofür ihre Behörde Standardisierung, und Pauschalisierung präferiert“, sagte Haller.

Sie verwies auf die bis zum Sommer geplanten NEST-Prozesse. Diese betreffen die Neusetzung des Regulierungsrahmens im Nachgang zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs seit Februar 2024. Die Bundesnetzagentur schlägt eine kürzere Regulierungsperiode vor, um flexibler auf Entwicklungen reagieren zu können. Mit den Bundesländern sei abgesprochen, die nächste Periode noch für fünf Jahre anzulegen, ab 2033 aber auf drei Jahre zu verkürzen. Es ginge nicht, die Netzkosten wegen vieler Ausnahmen für Eigenerzeugung auf immer weniger Schultern zu verlagern. „Mit der finanziellen Überforderung geht die Akzeptanz für die Energiewende verloren“, warnte Haller.
 
Diskussion auf dem VKU-Netzeforum: (v.li.) Ingbert Liebing (VKU), Barbie Kornelia Haller (Bundesnetzagentur), Moderator Rainer Stock (VKU), Staatssekretär Philipp Nimmermann (BMWK) und Rebecca Reischuk (SW Bielefeld)
Quelle: E&M / S.Harmsen

Kritische Sicht der Praktiker

Einen Einblick in die der kommunalwirtschaftliche Praxis gab Rebecca Reischuk, Geschäftsführerin der Bielefelder Netz GmbH. Zu wenigen großen Stromeinspeisern seien in den letzten Jahren viele kleine hinzugekommen, resümierte sie. Inzwischen seien 10.000 PV-Anlagen in Bielefeld angeschlossen. „Dies ist geräuschlos möglich gewesen, weil die Netzbetreiber ihr Netz kennen und beherrschen“, sagte Reischuk. Sie dankte der Bundesnetzagentur für die Freiheiten, die die „Kanu 2.0“ den Betreibern für die Zukunft des Gasnetzes in der Wärmewende gibt. Kanu 2.0 steht für ein Festlegungsverfahren zur Anpassung von kalkulatorischen Nutzungsdauern und Abschreibungsmodalitäten von Erdgasleitungsinfrastrukturen.

Was aus ihrer Sicht nicht funktioniert, ist der Datenaustausch mit der neuen großen Vielzahl der Marktteilnehmer. Diese könnten oftmals ihre Pflichten als Messstellenbetreiber und für die Bilanzierung nicht erfüllen. Noch schaffe es ihr Unternehmen, die Bilanz auszugleichen, so Reischuk. Das werde bei weiterer Vielfalt praktisch unmöglich. „Daher müssen zuerst die Voraussetzungen geschaffen werden, verlässliche Daten zu bekommen, damit nicht am Ende der Netzbetreiber für Aufwendungen haftet, die er nicht verursacht hat“, appellierte sie.
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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