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Enerige & Management > Regulierung - Verbände fordern runden Tisch zu Kundenanlagen
Quelle: Pixabay / Gerd Altmann
REGULIERUNG:
Verbände fordern runden Tisch zu Kundenanlagen
28 Verbände aus Industrie und Wohnungswirtschaft fordern von der Bundesregierung eine schnelle Lösung zum Umgang mit Kundenanlagen. Der Bundesgerichtshof hatte diese neu interpretiert.
 
In einem gemeinsamen Appell fordern 28 Wirtschaftsverbände von der Bundesregierung schnelle Klarheit beim rechtlichen Status von Kundenanlagen in der Stromversorgung. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Mai 2025, das auf einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) basiert. Nach Ansicht der Verbände drohen durch die neue, enge Auslegung des Kundenanlagen-Begriffs massive Belastungen für Wirtschaft, Immobilienwirtschaft, Kommunen und Industrie.

Bislang galten Kundenanlagen – etwa Stromverteilstrukturen in Wohngebäuden, Industrieparks oder Einkaufszentren – als weitgehend regulierungsfrei. Das Urteil könnte jedoch dazu führen, dass sie künftig wie regulierte Verteilnetze behandelt werden. Verbände wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) befürchten, dass dies höhere betriebliche Kosten ohne volkswirtschaftlichen Mehrwert nach sich zieht.

Der DIHK-Bereichsleiter Energie, Sebastian Bolay, erklärte: „Das BGH-Urteil zu Kundenanlagen hat weitreichende Konsequenzen für die Breite der Wirtschaft und sorgt für eine große Verunsicherung in den betroffenen Betrieben.“ Bis zu 100.000 Unternehmen in Deutschland nutzten aktuell die „bewährte“ Regelung, mit der sie innerhalb des Betriebs Strom an Dritte weiterleiten können, ohne der Regulierung eines Netzbetreibers zu unterliegen. „Sollte das BGH-Urteil auch für Bestandsanlagen gelten, bedeutet dies enorme Mehrkosten für die betroffenen Unternehmen“, mahnte Bolay.

Die derzeit unregulierten Installationen reichen von Hausverteilanlagen in Mehrfamilienhäusern über Energieversorgung in Einkaufszentren bis hin zu Industrieparks und Flughäfen, in denen Unternehmen Strom an Schwesterfirmen, Dienstleister, private und gewerbliche Mieter weiterleiten. Wenn diese Strukturen künftig wie Netzbetreiber reguliert würden, müssten sie zusätzliche Messinfrastruktur installieren und Personal für Netzpflichten einstellen. Allein der technische Umbau könne Kosten in Millionenhöhe pro Standort verursachen.

Energiewende in Wohngebäuden erschwert

Für die Wohnungswirtschaft würde das Urteil nach Einschätzung der Verbände die Wirtschaftlichkeit von Mieterstrom-Projekten infrage stellen. Jede Hausverteilanlage könne künftig als Netz gelten, was höhere Strompreise für Mieter bedeute und die politisch gewünschte Beteiligung von Mehrfamilienhäusern an der Energiewende erschwere. Auch bei Bürogebäuden, Logistikzentren oder Rechenzentren wären Investitionen in Photovoltaik oder Wärmepumpen gefährdet.

Netzbetreiber verweigern schon Neuanschlüsse

Die Unsicherheit wirke sich bereits auf den Markt aus. Laut dem Appell verweigern einzelne Netzbetreiber Neuanschlüsse von Kundenanlagen, obwohl es dafür bislang keine rechtliche Grundlage gebe.

Die Verbände fordern daher, dass die Bundesregierung kurzfristig einen Runden Tisch zur Kundenanlage einrichtet, um Lösungsmöglichkeiten auch mit Blick auf die europäische Ebene zu besprechen.

Zudem solle die Bundesnetzagentur klarstellen, dass Neuanschlüssen weiterhin nichts im Wege steht, solange die aktuellen Regelungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) eingehalten werden. Nach Ansicht der Verbände ist eine gesetzliche Lösung auf EU- und Bundesebene notwendig, die weiterhin bestimmte nicht markterhebliche Infrastrukturen von der Netzregulierung ausnimmt.
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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Donnerstag, 28.08.2025, 15:58 Uhr

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