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Enerige & Management > Politik - Umfrage unter Energieunternehmern zeigt Verunsicherung
Quelle: Fotolia / ChaotiC PhotographY
POLITIK:
Umfrage unter Energieunternehmern zeigt Verunsicherung
Laut einer Umfrage von Baker Tilly zur Energiepolitik sehen Entscheider aus Industrie und Energiewirtschaft die Gefahr einer Verlagerung von Produktionskapazitäten ins Ausland.
 
Deutsche Führungskräfte erwarten von der Politik vor allem klare Zielbilder und verlässliche Pfade für die Energiewende. Ohne diese drohe die Verlagerung von Produktionskapazitäten ins Ausland. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Beratungsunternehmens Baker Tilly zur Energiepolitik unter 200 Entscheidern aus Industrie und Energiewirtschaft. Im Dezember 2024 wurden Führungskräfte deutscher Energieversorger und Netzbetreiber sowie Industrieunternehmen aus energieintensiven Branchen, darunter Metall, Chemie, OEM und Pharma befragt.

Zurückhaltung führt zu Investitionsstau

„Die Energiepolitik der Bundesregierung bremst die Investitionstätigkeit bei Industrie und Energieversorgern (EVU)“, folgert die Studie „Energy Outlook 2025: Erfolgsfaktoren für die Energiewende“. Demnach geben jeweils knapp 40 Prozent der befragten Unternehmen beider Sektoren an, dass sie sich bei Investitionen zurückhalten. Als wichtigsten Grund dafür nennen sowohl die Industrie als auch die Versorger die Unsicherheit über Technologien, die zukünftig im Energiesektor zum Einsatz kommen.

Als zweitgrößtes Hemmnis wurde die Unsicherheit über die künftige Gesetzeslage genannt. „Die Zurückhaltung eines beträchtlichen Teils der Unternehmen führt zu einem Investitionsstau“, sagt Hartmut Müller, Energieexperte und Partner bei Baker Tilly. „Es wird Jahre dauern, diesen wieder aufzulösen“, erwartet er. Ohnehin erfordere die Energiewende in vielen Betrieben einen gesteigerten finanziellen Einsatz.

So stimmen 78 Prozent der Industrieunternehmen und 82 Prozent der Energie­ver­sorger der Aussage zu, dass die Energie- und Klimapolitik der vergangenen drei Jahre den betrieblichen Investitions- und Finanzierungsbedarf erhöht hat. Der Bruch der Ampel-Koalition im November hat laut Auskunft der Befragten ihre abwartende Haltung verstärkt. 86 Prozent der Industriebetriebe und 54 Prozent der Netzbetreiber geben an, das Ampel-Aus habe bei ihnen zu Verunsicherung hinsichtlich zukünftiger Gesetzgebungen und möglicher Investitionen geführt.

Jedes dritte Unternehmen der energieintensiven Industrie sieht negative Folgen der Energie­politik für das eigene Unternehmen. Trotz aller Unsicherheiten und dem damit einhergehenden Investitionsstau stehen die Energieversorger dem eingeschlagenen Dekarbonisierungspfad grundsätzlich positiv gegenüber (93 Prozent), wenngleich eine Mehrheit die Verschiebung der Klimaziele auf 2050 unterstützt (65 Prozent). 63 Prozent der Industrieunternehmen und 75 Prozent der Versorger sehen im Netzausbau die höchste Priorität.

„Es zeigt sich eine Diskrepanz: Während die Industrie unter hohem Veränderungsdruck steht, sehen sich die Energieversorger gut aufgestellt“, sagt Müller. Investitionen erleichtern würden aus Sicht der Energiewirtschaft besonders ein Anheben der regulatorischen Verzinsung und der Ausbau von Förderverfahren (je 70 Prozent Zustimmung), gefolgt vom Bürokratieabbau bei Ausschreibungs- und Genehmigungsverfahren.

78 Prozent der Industrieunternehmen wünschen sich bei der Energiewende langfristige Zielvorgaben, um Investitionen zu erleichtern. Bei Versorgern stimmen diesem Punkt sogar 85 Prozent zu. „Die Industrie wird erst dann Investitionen ausweiten können, wenn klare Ziel­bilder sowie verlässliche und vor allem bezahlbare Pfade für die Transformation des Energiesektors geschaffen worden sind“, sagt Müller. „Falls dies nicht geschieht, drohen Verlagerungen von Produktionskapa­zitäten ins Ausland.“ Dies können sich 73 Prozent der Industriebetriebe vorstellen, zumal andere Länder mit deutlich besseren Standortbedingungen wie geringeren Energiekosten, Steuern und Regularien locken.

Die wichtigste Forderung mit Blick auf einen Verbleib am Standort Deutschland sind günstige Energiekosten – dafür sprechen sich 45 Prozent der Industrie-Entscheider aus. Dabei hält es nur eine Minderheit für sinnvoll, einzelne Technologien zu bevorzugen. 79 Prozent der Industriefirmen und 85 Prozent der Versorger wollen bei der Energiepolitik Technologieoffenheit.

Die Verantwortung für die Energiewende sehen die Industrieunternehmen bevorzugt bei der Europäischen Union verortet. Knapp zwei Drittel sprechen sich für den Aufbau einer europäischen Energieunion aus. Diese Idee unterstützt auch eine deutliche Mehrheit der Versorger – rund drei Viertel von ihnen befürworten eine europäische Lösung. Subventionen für erneuerbare Energien erachten 78 Prozent der Versorger als sinnvolle Maßnahme der Energiepolitik. 

Die Studie „Energy Outlook 2025“  steht im Internet bereit.
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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