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Enerige & Management > Wärme - Überschussstrom heizt Duschwasser in Berlin
Von links: Marie-Carole Girbal (Decarbonize), Stefan Kapferer (50 Hertz), Sebastian Jung (Vonovia) und Wirtschaftsminister Robert Habeck. Quelle: E&M / Susanne Harmsen
WÄRME:
Überschussstrom heizt Duschwasser in Berlin
Der Immobilienkonzern Vonovia und das Start-up Decarbonize testen in Berlin, mit überschüssigem erneuerbaren Strom in Mehrfamilienhäusern Erdgas für Warmwasserbereitung einzusparen.
 
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) besuchte am 15. Juli in Berlin-Reinickendorf ein Pilotprojekt von Vonovia, 50 Hertz, Stromnetz Berlin und dem Start-up „Decarbon1ze“. In dem Mehrfamilienkarree aus den 1920er Jahren besitzt die Warmwasserbereitung Pufferspeicher. Bisher heizt eine Erdgastherme das Wasser für die Bewohner. Nunmehr wurden Heizstäbe in die Pufferspeicher eingebracht, die nach dem Tauchsiederprinzip das Wasser mit Strom erhitzen.

Dank der Informationen der beteiligten Netzbetreiber wird dafür nur Strom aus erneuerbaren Anlagen wie Windturbinen oder Photovoltaik verwendet, der aktuell nicht genutzt werden könnte. Anstatt die Anlagen abzuregeln, heizt der Strom Wasser auf. Das Berliner Start-up Decarbonize sorgt dabei für die intelligente Steuerung der Anlagen. Zudem erledigt es die individuelle Bilanz und Abrechnung. Gas kommt nur noch zum Einsatz, wenn nicht ausreichend Grünstrom vorhanden ist.
 Viele potenzielle Anlagen im Bestand

Vonovia sieht Potenzial für 300 Gebäude in seinem Bestand vor allem in Hamburg. Diese Region fällt nämlich unter den neuen § 13k des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Es gestattet in Regionen mit Netzengpässen und Überschüssen erneuerbaren Stroms das „Nutzen statt Abregeln“. Der Strom kann so zur Wasserstoffherstellung, Wärmegewinnung oder Speicherung beispielsweise in Batterien genutzt werden. Die Regelung gilt ab 1. Oktober 2024 und soll 2028 evaluiert werden. Habeck sagte, er sei froh, dass es gelungen sei, per Gesetz den Weg freizumachen, mehr erneuerbaren Strom zu nutzen.
„Wir haben einen verbindlichen Klimapfad − bis 2045 soll unser Gebäudebestand nahezu klimaneutral sein“, erläuterte Sebastian Jung, Geschäftsführer der Vonovia. Um dieses Ziel auch in Bestandsgebäuden zu erreichen, setze das Unternehmen auf praxisnahe und innovative Methoden. Die Kooperation mit Decarbonize und 50 Hertz sei eine vielversprechende Möglichkeit, weniger Erdgas einzusetzen. Die Mieter hätten über die Betriebskosten gleiche oder geringere Preise zu zahlen, da der Überschussstrom billiger als Erdgas ist und Wartungskosten für die Gasthermen sinken. 
Warmwasserspeicher mit eingebautem Heizstabelement und Steuerung von Decarbonize (unten) im Hintergrund die Gastherme in einem Vonovia-Mietshaus in Berlin-Reinickendorf
Quelle: E&M / Susanne Harmsen

Stromnutzung stabilisiert das Netz

Knut Hechtfischer, CEO von Decarbonize, erläuterte: „Mit unserer Technik ermöglichen wir die individuelle Adressierung, Steuerung und Bilanzierung der elektrischen Zusatzheizung anlagennah hinter dem Allgemeinstromzähler.“ Das biete neue Möglichkeiten für den besonders schwer umzustellenden Gebäudebestand der Mehrfamilienhäuser und lasse schneller mehr Menschen an der Energiewende teilhaben. Die Zusatzheizungen bei Vonovia werden im energiewirtschaftlichen Standardprozess bilanziert und als flexibel zuschaltbare Last bewirtschaftet und abgerechnet.

Das Potenzial im Gebäudebestand sei dabei groß. Etwa 8,1 Milliarden kWh Windenergie seien 2022 im Norden Deutschlands abgeregelt worden, weil die Stromnetze sie nicht abtransportieren konnten. Laut Decarbonize könnten 9,7 Milliarden kWh flexibler Verbrauch in der gleichen Region in etwa 1,7 Millionen Gebäuden durch Stromzusatzheizungen entstehen. Dirk Biermann, Geschäftsführer Märkte und Systembetrieb beim Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz, begrüßte die Erschließung zusätzlicher dezentraler Stromverbraucher als Beitrag zur Netzstabilität.
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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Montag, 15.07.2024, 13:42 Uhr

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