
Quelle: E&M
AUS DER AKTUELLEN AUSGABE:
Reiche gibt Gas
Die CDU‑Politikerin Katherina Reiche ist seit dem 6. Mai Bundeswirtschaftsministerin. Eine Bilanz ihrer ersten hundert Tage.
In ihrer Antrittsrede im Bundestag nannte die neue Ministerin „mehr Wirtschaftswachstum“ als Rezept, um die „längste Krise
in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ zu bekämpfen. Deutschland stecke in einer strukturellen Krise, die an die
Substanz gehe. „Ohne Wachstum verlieren wir die Mitte der Gesellschaft und überlassen sie den Populisten von rechts und links,
die mit vermeintlich einfachen Lösungen Stimmenfang machen“, warnte sie am 16. Mai.
Was hat sie als Teil der Unions- und SPD-Regierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) seitdem fürs Wachstum unternommen? Mit den im Bundestag verabschiedeten 500 Milliarden Infrastrukturkrediten für die nächsten zwölf Jahre könnte Reiche Spielraum für das Ankurbeln der Wirtschaft haben. Allerdings ist laut dem Haushaltsentwurf von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) der größte Teil des Klima- und Transformationsfonds (KTF) schon verplant.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) erhält für 2026 insgesamt rund 65 Milliarden Euro. Davon entfallen etwa 8 Milliarden Euro auf den Kernhaushalt des Ministeriums, 29 Milliarden Euro auf den Klima- und Transformationsfonds (KTF), 7 Milliarden Euro auf das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität sowie 20,5 Milliarden Euro auf den Einzelplan 60, unter anderem zur Finanzierung der EEG-Förderung.
Als einzulösendes Wahlkampfversprechen will die Bundesregierung Energiekosten senken. Reiche bilanzierte: „Die Entlastungen bei der Stromsteuer, die Abschaffung der Gasspeicherumlage, die teilweise Übernahme der Netzkosten und die Übernahme der schon länger in den Haushalt verlagerten EEG-Kosten machen zusammen rund 30 Milliarden Euro aus.“
Der CEO des Düsseldorfer Ökoenergieunternehmens Naturstrom nannte es ein „absolutes Unding“, die Gasspeicherumlage aus dem KTF zu bezahlen. Oliver Hummel sagte: „Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, dass man 4 Milliarden Euro für Gas ausgeben will statt für Klimaschutzmaßnahmen.“
Auch Energieverbände forderten, das Geld aus dem KTF nur „adäquat“ zu nutzen, sprich für die Energiewende und nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern, so der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU).
Die Hauptgeschäftsführer Kerstin Andreae und Ingbert Liebing forderten übereinstimmend: „Wenn eine Bündelung von Transformationsmaßnahmen im KTF erfolgen soll, muss alternativ ein Zuschuss mindestens in der Höhe der verschobenen Maßnahmen aus dem Bundeshaushalt für den KTF erfolgen.“
Auch das Sondervermögen Infrastruktur müsse komplett in die Infrastruktur fließen, mahnten BDEW und VKU. Die Bundesregierung plant dagegen, daraus die Stromsteuersenkung für die Industrie zu finanzieren. Das aber widerspreche dem eigentlichen Zweck der Investitionsoffensive. Die Klimajuristin Roda Verheyen kam sogar in einem Gutachten für den WWF zu dem Ergebnis, dass die Strompreissenkung aus dem Sondervermögen nicht verfassungskonform sei.
Energie im Fokus
Reiche hatte ankündigt, die Energiepolitik ins Zentrum ihrer Arbeit zu stellen. Allerdings vertraut sie nicht komplett auf erneuerbare Erzeuger. Stattdessen hält sie den Bau von rund 40 neuen Gaskraftwerken mit einer Gesamtleistung von etwa 20.000 MW für erforderlich, um die Stromversorgung auch in Zeiten mit wenig Wind und Sonne zu sichern. Bis Ende des Jahres sollen erste Ausschreibungen dafür kommen, man sei auch bei der EU-Kommission in Brüssel weit gekommen, sagte Reiche.
Diese muss eine beihilferechtliche Genehmigung erteilen, was unter der Ampelkoalition daran geknüpft war, dass das Erdgas sobald wie möglich durch klimafreundliche Gase wie Wasserstoff ersetzt wird. Allerdings fehlte Reiches Vorgänger Robert Habeck (Grüne) am Ende Geld im KTF für die Kraftwerksausschreibungen, weil die Union per Klage die Umwidmung von ungenutzten Corona-Hilfskrediten verhindert hatte.

Nun will Reiche zunächst 5.000 und 10.000 MW Leistung mit „einer möglichst schlanken und vor allem kosteneffizienten Ausschreibung“ in Bewegung bringen. Dabei fürchten ostdeutsche Kohleregionen abgehängt zu werden, weil die Bundesregierung mit einem Südbonus die neuen Kraftwerke vor allem im Südwesten ansiedeln will. Reiche versicherte bei einem Besuch im brandenburgischen Spremberg, dass auch an Ersatz für die heutigen Kohlekraftwerke im Osten gedacht sei. Sie habe damals als Mitglied der Kohleausstiegskommission dafür Mittel vorgesehen.
Von einer absehbaren Umstellung der neuen Gaskraftwerke auf Wasserstoff ist bei ihr nicht die Rede. Dabei war sie ab 2020 als Vorstandsvorsitzende der Westenergie Leiterin des Nationalen Wasserstoffrats. „Wir werden bei einer realistischen Betrachtung bis 2030 noch nicht die notwendigen Mengen an Wasserstoff für die avisierten Kraftwerke zur Verfügung haben“, sagte Reiche. Die Erdgaskraftwerke seien unabdingbar, „sonst müssten die Kohlekraftwerke länger laufen“, argumentiert sie.
Noch bekennt sich die Bundesregierung zu den gesetzlich verankerten Klimaschutzzielen. Doch seien sie sehr ambitioniert, betonte die Ministerin. Daher sollen Technologien zur CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS, CCU) eine größere Rolle spielen, um die Treibhausgasemissionen einzudämmen. Ob sie schneller umzusetzen sind als eine Wasserstoffversorgung, bleibt offen.
Realitätscheck der Energiewende
Gleich nach Amtsantritt hat Reiche einen „Realitätscheck“ des Energiesystems in Auftrag gegeben. Er soll ermitteln, ob der Strombedarf so schnell steigt wie bisher prognostiziert, von heute rund 500 Milliarden kWh auf bis zu 750 Milliarden kWh bis 2030. Schließlich liefen die Elektrifizierung in der Industrie und der Hochlauf von Elektromobilität und Wärmepumpen nur sehr zäh an. Sollte das beauftrage Energiewirtschaftliche Institut Köln (EWI) weniger Bedarf sehen, könnte die Ministerin das als Sparargument nutzen.
„Die Energiewende wird nur erfolgreich sein, wenn wir den Ausbau der Erneuerbaren und die Kosteneffizienz konsequent zusammenzubringen“, hatte Reiche auf dem BDEW-Kongress Anfang Juni angekündigt. Daher müssten sich Betreiber von Ökostromanlagen künftig an der Finanzierung des Stromnetzausbaus beteiligen. Außerdem sollen mehr Anlagen steuerbar werden, um die Volatilität der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien ausgleichen zu können. Dafür spielen auch Speicher eine Rolle. „Sie sind Teil der Lösung, aber reichen allein nicht aus“, sagte Reiche. Wenn die Erneuerbaren Systemverantwortung übernehmen, könne man ihren Ausbaupfad beibehalten.
Erste Bremsklötze gelegt
Diese Haltung spiegelt sich bereits in Gesetzesnovellen. So verliert die Windkraft an Land das „überragende öffentliche Interesse“, sobald die jeweilige Planungsregion ihre Ausweisungsquote erreicht hat. Diese liegt im Bundesdurchschnitt bis 2032 bei etwa 2,1 Prozent der Landesfläche. „Das ist ein Angriff auf Paragraf 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes“, kommentierte Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie (BWE). Das überragende öffentliche Interesse ist ein neuer Abwägungsgrundsatz aus Habecks Zeiten, der maßgeblich die Genehmigungen beschleunigt hat. Axthelm nennt die Politik seit dem Koalitions- und Regierungswechsel für die Erneuerbaren-Branche „ein bisschen holpriger“.
Immerhin sollen Geothermie und Großwärmepumpen das Prädikat „überragendes öffentliches Interesse“ neu erhalten. Das wäre ein Beitrag zur Wärmewende. Diesbezüglich fehlt laut VKU weiterhin genügend Geld für die energetische Sanierung in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) sowie zur Unterstützung der Kommunen bei der Umsetzung ihrer Wärmeplanung. VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing erklärte, für den klimaneutralen Umbau der Fernwärme seien jährlich mindestens 3,5 Milliarden Euro notwendig. Der Bund plant für die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) im Jahr 2026 jedoch nur rund 1,4 Milliarden Euro ein. Wenn das Geld für die Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung fehle, drohe diese ihre Akzeptanz zu verlieren, warnte Liebing.
In einem ersten Entwurf zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) vermissen aufmerksame Leser die Vorgabe, dass die Heizung in Neubauten zu 65 Prozent erneuerbar gespeist sein muss. Fallen solche Vorgaben weg, wird die Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 wohl nicht mehr zu erreichen sein. Denn heute eingebaute Anlagen laufen sicher länger als 20 Jahre, wie der Verband der Heizungsindustrie (BDH) betont. Die Verbraucher schieben aktuell Investitionen in moderne Heiztechnik und energetische Sanierung auf. Hauptursache sei ihre Verunsicherung wegen der geplanten Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes und unklare Aussagen zu künftigen Förderkonditionen, so der BDH.
Vier Maßnahmen wären zentral für eine sozial verträgliche Wärmewende, stellte die Denkfabrik Agora Energiewende fest: der beschleunigte Ausbau von Strom- und Wärmenetzen bei gleichzeitiger Stilllegung von Gasverteilnetzen, einkommensabhängige Förderung für Sanierung und Heizungstausch, klare gesetzliche Vorgaben für neue Heizsysteme sowie ein günstigeres Preisverhältnis zwischen Strom und Gas. Besonders effektiv sei eine Umschichtung der Mittel zugunsten von Haushalten mit geringerem Einkommen und sehr ineffizienten Gebäuden.
Die Bundesregierung kündigte immerhin ein neues Klimaschutzprogramm an, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderung in den Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Klimaschutz aber gehört nicht mehr ins Ressort von Frau Reiche.
Was hat sie als Teil der Unions- und SPD-Regierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) seitdem fürs Wachstum unternommen? Mit den im Bundestag verabschiedeten 500 Milliarden Infrastrukturkrediten für die nächsten zwölf Jahre könnte Reiche Spielraum für das Ankurbeln der Wirtschaft haben. Allerdings ist laut dem Haushaltsentwurf von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) der größte Teil des Klima- und Transformationsfonds (KTF) schon verplant.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) erhält für 2026 insgesamt rund 65 Milliarden Euro. Davon entfallen etwa 8 Milliarden Euro auf den Kernhaushalt des Ministeriums, 29 Milliarden Euro auf den Klima- und Transformationsfonds (KTF), 7 Milliarden Euro auf das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität sowie 20,5 Milliarden Euro auf den Einzelplan 60, unter anderem zur Finanzierung der EEG-Förderung.
Als einzulösendes Wahlkampfversprechen will die Bundesregierung Energiekosten senken. Reiche bilanzierte: „Die Entlastungen bei der Stromsteuer, die Abschaffung der Gasspeicherumlage, die teilweise Übernahme der Netzkosten und die Übernahme der schon länger in den Haushalt verlagerten EEG-Kosten machen zusammen rund 30 Milliarden Euro aus.“
Der CEO des Düsseldorfer Ökoenergieunternehmens Naturstrom nannte es ein „absolutes Unding“, die Gasspeicherumlage aus dem KTF zu bezahlen. Oliver Hummel sagte: „Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, dass man 4 Milliarden Euro für Gas ausgeben will statt für Klimaschutzmaßnahmen.“
Auch Energieverbände forderten, das Geld aus dem KTF nur „adäquat“ zu nutzen, sprich für die Energiewende und nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern, so der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU).
Die Hauptgeschäftsführer Kerstin Andreae und Ingbert Liebing forderten übereinstimmend: „Wenn eine Bündelung von Transformationsmaßnahmen im KTF erfolgen soll, muss alternativ ein Zuschuss mindestens in der Höhe der verschobenen Maßnahmen aus dem Bundeshaushalt für den KTF erfolgen.“
Auch das Sondervermögen Infrastruktur müsse komplett in die Infrastruktur fließen, mahnten BDEW und VKU. Die Bundesregierung plant dagegen, daraus die Stromsteuersenkung für die Industrie zu finanzieren. Das aber widerspreche dem eigentlichen Zweck der Investitionsoffensive. Die Klimajuristin Roda Verheyen kam sogar in einem Gutachten für den WWF zu dem Ergebnis, dass die Strompreissenkung aus dem Sondervermögen nicht verfassungskonform sei.
Energie im Fokus
Reiche hatte ankündigt, die Energiepolitik ins Zentrum ihrer Arbeit zu stellen. Allerdings vertraut sie nicht komplett auf erneuerbare Erzeuger. Stattdessen hält sie den Bau von rund 40 neuen Gaskraftwerken mit einer Gesamtleistung von etwa 20.000 MW für erforderlich, um die Stromversorgung auch in Zeiten mit wenig Wind und Sonne zu sichern. Bis Ende des Jahres sollen erste Ausschreibungen dafür kommen, man sei auch bei der EU-Kommission in Brüssel weit gekommen, sagte Reiche.
Diese muss eine beihilferechtliche Genehmigung erteilen, was unter der Ampelkoalition daran geknüpft war, dass das Erdgas sobald wie möglich durch klimafreundliche Gase wie Wasserstoff ersetzt wird. Allerdings fehlte Reiches Vorgänger Robert Habeck (Grüne) am Ende Geld im KTF für die Kraftwerksausschreibungen, weil die Union per Klage die Umwidmung von ungenutzten Corona-Hilfskrediten verhindert hatte.

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche
Quelle: Susanne Harmsen
Quelle: Susanne Harmsen
Nun will Reiche zunächst 5.000 und 10.000 MW Leistung mit „einer möglichst schlanken und vor allem kosteneffizienten Ausschreibung“ in Bewegung bringen. Dabei fürchten ostdeutsche Kohleregionen abgehängt zu werden, weil die Bundesregierung mit einem Südbonus die neuen Kraftwerke vor allem im Südwesten ansiedeln will. Reiche versicherte bei einem Besuch im brandenburgischen Spremberg, dass auch an Ersatz für die heutigen Kohlekraftwerke im Osten gedacht sei. Sie habe damals als Mitglied der Kohleausstiegskommission dafür Mittel vorgesehen.
Von einer absehbaren Umstellung der neuen Gaskraftwerke auf Wasserstoff ist bei ihr nicht die Rede. Dabei war sie ab 2020 als Vorstandsvorsitzende der Westenergie Leiterin des Nationalen Wasserstoffrats. „Wir werden bei einer realistischen Betrachtung bis 2030 noch nicht die notwendigen Mengen an Wasserstoff für die avisierten Kraftwerke zur Verfügung haben“, sagte Reiche. Die Erdgaskraftwerke seien unabdingbar, „sonst müssten die Kohlekraftwerke länger laufen“, argumentiert sie.
Noch bekennt sich die Bundesregierung zu den gesetzlich verankerten Klimaschutzzielen. Doch seien sie sehr ambitioniert, betonte die Ministerin. Daher sollen Technologien zur CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS, CCU) eine größere Rolle spielen, um die Treibhausgasemissionen einzudämmen. Ob sie schneller umzusetzen sind als eine Wasserstoffversorgung, bleibt offen.
Realitätscheck der Energiewende
Gleich nach Amtsantritt hat Reiche einen „Realitätscheck“ des Energiesystems in Auftrag gegeben. Er soll ermitteln, ob der Strombedarf so schnell steigt wie bisher prognostiziert, von heute rund 500 Milliarden kWh auf bis zu 750 Milliarden kWh bis 2030. Schließlich liefen die Elektrifizierung in der Industrie und der Hochlauf von Elektromobilität und Wärmepumpen nur sehr zäh an. Sollte das beauftrage Energiewirtschaftliche Institut Köln (EWI) weniger Bedarf sehen, könnte die Ministerin das als Sparargument nutzen.
„Die Energiewende wird nur erfolgreich sein, wenn wir den Ausbau der Erneuerbaren und die Kosteneffizienz konsequent zusammenzubringen“, hatte Reiche auf dem BDEW-Kongress Anfang Juni angekündigt. Daher müssten sich Betreiber von Ökostromanlagen künftig an der Finanzierung des Stromnetzausbaus beteiligen. Außerdem sollen mehr Anlagen steuerbar werden, um die Volatilität der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien ausgleichen zu können. Dafür spielen auch Speicher eine Rolle. „Sie sind Teil der Lösung, aber reichen allein nicht aus“, sagte Reiche. Wenn die Erneuerbaren Systemverantwortung übernehmen, könne man ihren Ausbaupfad beibehalten.
Erste Bremsklötze gelegt
Diese Haltung spiegelt sich bereits in Gesetzesnovellen. So verliert die Windkraft an Land das „überragende öffentliche Interesse“, sobald die jeweilige Planungsregion ihre Ausweisungsquote erreicht hat. Diese liegt im Bundesdurchschnitt bis 2032 bei etwa 2,1 Prozent der Landesfläche. „Das ist ein Angriff auf Paragraf 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes“, kommentierte Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie (BWE). Das überragende öffentliche Interesse ist ein neuer Abwägungsgrundsatz aus Habecks Zeiten, der maßgeblich die Genehmigungen beschleunigt hat. Axthelm nennt die Politik seit dem Koalitions- und Regierungswechsel für die Erneuerbaren-Branche „ein bisschen holpriger“.
Immerhin sollen Geothermie und Großwärmepumpen das Prädikat „überragendes öffentliches Interesse“ neu erhalten. Das wäre ein Beitrag zur Wärmewende. Diesbezüglich fehlt laut VKU weiterhin genügend Geld für die energetische Sanierung in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) sowie zur Unterstützung der Kommunen bei der Umsetzung ihrer Wärmeplanung. VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing erklärte, für den klimaneutralen Umbau der Fernwärme seien jährlich mindestens 3,5 Milliarden Euro notwendig. Der Bund plant für die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) im Jahr 2026 jedoch nur rund 1,4 Milliarden Euro ein. Wenn das Geld für die Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung fehle, drohe diese ihre Akzeptanz zu verlieren, warnte Liebing.
In einem ersten Entwurf zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) vermissen aufmerksame Leser die Vorgabe, dass die Heizung in Neubauten zu 65 Prozent erneuerbar gespeist sein muss. Fallen solche Vorgaben weg, wird die Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 wohl nicht mehr zu erreichen sein. Denn heute eingebaute Anlagen laufen sicher länger als 20 Jahre, wie der Verband der Heizungsindustrie (BDH) betont. Die Verbraucher schieben aktuell Investitionen in moderne Heiztechnik und energetische Sanierung auf. Hauptursache sei ihre Verunsicherung wegen der geplanten Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes und unklare Aussagen zu künftigen Förderkonditionen, so der BDH.
Vier Maßnahmen wären zentral für eine sozial verträgliche Wärmewende, stellte die Denkfabrik Agora Energiewende fest: der beschleunigte Ausbau von Strom- und Wärmenetzen bei gleichzeitiger Stilllegung von Gasverteilnetzen, einkommensabhängige Förderung für Sanierung und Heizungstausch, klare gesetzliche Vorgaben für neue Heizsysteme sowie ein günstigeres Preisverhältnis zwischen Strom und Gas. Besonders effektiv sei eine Umschichtung der Mittel zugunsten von Haushalten mit geringerem Einkommen und sehr ineffizienten Gebäuden.
Die Bundesregierung kündigte immerhin ein neues Klimaschutzprogramm an, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderung in den Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Klimaschutz aber gehört nicht mehr ins Ressort von Frau Reiche.
Gesetzesvorhaben seit Mai 2025
Umsetzung EU-Red-III‑Richtlinie zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren,
für Onshore-Wind am 11. Juli in Bundestag und Bundesrat beschlossen.
Beschlüsse im Bundeskabinett vom 6. August, im Herbst im Bundestag:
für Onshore-Wind am 11. Juli in Bundestag und Bundesrat beschlossen.
Beschlüsse im Bundeskabinett vom 6. August, im Herbst im Bundestag:
- Abschaffung der Gasspeicherumlage
- Weitere Umsetzung RED III (Wind auf See und Stromnetze)
- Beschleunigungsgesetz für Geothermie, Wärmepumpen und Wärmespeicher (GeoBG)
- EnWG‑Novelle 2025 (Verbraucherschutz, Digitalisierung, Energy Sharing)
- CO2‑Speichergesetz (KspTG) für den Transport von CO2 sowie seine Nutzung und Einlagerung (CCS/CCU)
- Umsetzungsgesetz zur NIS-2-Richtlinie (Cybersicherheit in kritischer Infrastruktur)

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Dienstag, 02.09.2025, 09:26 Uhr
Dienstag, 02.09.2025, 09:26 Uhr
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