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Enerige & Management > Strom - Reform der Netzentgelte für Industrie wird konsultiert
Quelle: E&M / Katia Meyer-Tien
STROM:
Reform der Netzentgelte für Industrie wird konsultiert
Die Bundesnetzagentur hat in einem Eckpunktepapier veränderte Regeln zu den Netzentgelten für Industriekunden veröffentlicht. Sie sollen zum flexiblen Stromverbrauch anregen.
 
Das Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur zur Reform der Netzentgelte für die Industrie ist Teil eines Festlegungsverfahrens, das am 24. Juli eingeleitet wird. „Die alten Netzentgeltrabatte entsprechen nicht mehr den Anforderungen eines Stromsystems, das von hohen Anteilen erneuerbarer Stromerzeugung geprägt ist“, erläuterte der Präsident der Behörde, Klaus Müller. Zukünftig wolle die Agentur daher systemdienliches Verbrauchsverhalten der Industrie besonders anreizen.

„Industrie und Gewerbe sollen reduzierte Netzentgelte zahlen, wenn sie in Situationen mit hohem Stromangebot mehr Strom verbrauchen“, umriss Müller. Andersherum erhielten sie eine Reduktion der Netzentgelte, wenn sie in Zeiten eines knappen Stromangebots weniger Strom verbrauchen. „Wir schlagen einen Übergang von einem starren in ein flexibles System vor“, erläuterte der Präsident. Das zukünftige System werde nun ausführlich bis zum 18. September 2024 mit allen Akteuren erörtert, kündigte er an. Es soll zum 1. Januar 2026 in Kraft treten.

Anpassung der Stromabnahme an aktuelle Preisentwicklung

Die Bundesnetzagentur schlägt eine Regelung vor, die für stromintensive Betriebe einen Anreiz schafft, dynamisch auf die aktuelle Erzeugungssituation zu reagieren. Diese spiegelt sich in erster Linie in den Strombörsenpreisen wider. Im Grundsatz ist vorgesehen, eine Stärkung des Marktsignals anhand der Netzentgelte vorzunehmen. Dabei soll keine Überforderung der Letztverbraucher erfolgen, sondern das tatsächlich vorhandene und künftig erreichbare Flexibilitätspotential realisiert werden.

Eine Netzentgeltprivilegierung soll grundsätzlich erhalten, wer in Zeiträumen besonders niedriger Preise seine Abnahme im Vergleich zu seinem individuellen Jahresdurchschnitt erheblich erhöht und in Zeiten besonders hoher Preise seine Abnahme im Vergleich zu seinem individuellen Jahresdurchschnitt erheblich senkt. Die genaue Austarierung des Anreizmechanismus hängt von den technischen Möglichkeiten der Industrie ab, Mengen- und Preisentwicklungen zu prognostizieren und flexibel darauf zu reagieren.

Regionale Ausnahmen und Übergangsregelungen

In Regionen mit einer geringen dezentralen Einspeisung aus erneuerbaren Anlagen entstehen Engpässe eher lastbedingt. Hier könnten Reaktionen auf das Marktsignal mitunter auch engpassverschärfend wirken. Insofern möchte die Bundesnetzagentur diskutieren, ob und wie regionale Ausnahmen geschaffen werden können, bis der Netzausbau einen Stand erreicht, der eine Stärkung des Marktsignals bundesweit ermöglicht.

Bestehende Vereinbarungen über individuelle Netzentgelte sollen nicht unmittelbar ihre Wirkung verlieren. Es ist vorgesehen, den Unternehmen Übergangsfristen zu gewähren, die eine Umstellung der Produktion und die Realisierung von Flexibilitätspotentialen ermöglichen. Die Bundesnetzagentur sucht den intensiven Austausch mit der Branche, um die genannten Ziele zu erreichen.

Hintergrund der bisherigen Industrienetzentgelte

Die Stromnetzentgelte beinhalten verschiedene Privilegierungstatbestände für Industrie und Gewerbe, die ein bestimmtes Verhalten anreizen. Bei der sogenannten atypischen Netznutzung zahlen industrielle und gewerbliche Letztverbraucher ein reduziertes Entgelt, wenn ihre Jahreshöchstlast von der Jahreshöchstlast aller Entnahmen aus dem Netz abweicht. Hierdurch sollte die erforderliche Netzdimensionierung begrenzt werden. Dagegen hat die Bandlast den Zweck, eine konstant gleichbleibende Grundlast stromintensiver Letztverbraucher anzureizen.

Durch die Sondernetzentgelte nach § 19 Abs. 2 StromNEV (Stromnetzentgeltverordnung) erzielen im Jahr 2024 rund 400 Bandlastkunden und rund 4200 atypische Netznutzer in Zuständigkeit der Bundesnetzagentur insgesamt Netzentgeltreduzierungen von über 1 Milliarde Euro. Die den Netzbetreibern in der Folge entgehenden Erlöse werden durch eine Umlage an alle Netznutzer gewälzt. Diese beträgt im laufenden Jahr 0,643 Cent/kWh.

Energiewende schafft veränderte Netzbelastungen

Die Bandlastprivilegierung hat in den geänderten energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen ihre Berechtigung in der derzeit bestehenden Form größtenteils eingebüßt und setzen Fehlanreize. Unflexibles Abnahmeverhalten ist gesamt ökonomisch zunehmend nachteilig und kann die Integration erneuerbarer Energien in den Strommarkt hemmen. Auch kann unflexibles Lastverhalten Situationen kritischer Netzzustände verschärfen. Gleichzeitig können dynamische Reaktionen auf die Einspeisesituation – insbesondere durch stromintensive Industriebetriebe – einen erheblichen systemdienlichen Beitrag leisten.

Das Eckpunktepapier zu den neuen Industrienetzentgelten  steht auf den Seiten der Bundesnetzagentur im Internet bereit.
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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