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Quelle: Shutterstock
WÄRME:
Politischer Rückhalt und Finanzierung gesucht
Auf dem BDEW-Kongress in Berlin war die Wärmewende ein zentrales Thema. Die Unternehmen wünschen sich mehr politischen Rückhalt dafür und brauchen bessere Finanzierungsbedingungen.
 
Die Kommunen und Energieunternehmen stecken bereits tief in den Planungen für die Wärmewende vor Ort. Wie groß der Handlungsdruck dabei ist, wurde beim Kongress des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in Berlin deutlich. In einer Diskussionsrunde zur Finanzierung und Planung der Wärmewende nannten Vertreter von Stadtwerken, Beratungshäusern und Finanzinstituten fehlende Planungssicherheit, schwierige Förderbedingungen und unsichere gesetzliche Rahmen als zentrale Herausforderungen.

Andreas Reinhardt, Geschäftsführer der Stadtwerke Lutherstadt Wittenberg (Sachsen-Anhalt), kritisierte, dass die Förderbedingungen für den Ausbau der Fernwärme nicht auf die Realität vor Ort abgestimmt seien. „Wir müssen die Förderung mit der kommunalen Wärmeplanung und dem Gebäudeenergiegesetz abgleichen“, forderte Reinhardt. In seiner Stadt habe man gute Erfahrungen mit Bürgerbeteiligungsmodellen bei Photovoltaik gemacht, derzeit fehle aber das Kapital, da sich der Kapitalmarkt verändert habe. „Wir bekommen am Markt derzeit nur Kredite mit sieben Prozent Zinsen – staatliche oder kommunale Bürgschaften würden helfen“, sagte Reinhardt.

Kritik an unklarer Ausstiegspolitik für Erdgas

Für die Akzeptanz der Wärmewende dürften kommunale Liegenschaften beim Fernwärmeanschluss nicht mit Ausnahmen ausgeschlossen werden. Zudem sollten in Fernwärmeanschlussgebieten keine Einzelvorhaben beispielsweise mit Wärmepumpen staatlich gefördert werden, appellierte Reinhardt. Zugleich warnte er vor den Folgen einer drohenden Deindustrialisierung: „Wenn die Industrie abwandert, verlieren wir nicht nur Abnehmer, sondern auch Produzenten von Energie.“ Die Bundesregierung müsse deshalb zügig für niedrigere Energiekosten sorgen und der Bundesnetzagentur klare Vorgaben machen, damit Energieversorger wirtschaftlich planen könnten.
  Auch Georg Pins, Leiter des Fachbereichs Klimaschutz der Stadt Mannheim, plädierte für mehr Klarheit – insbesondere mit Blick auf das Auslaufen der Erdgasversorgung. „Wir müssen den Menschen sagen, wann es endet. Bleiben nur noch wenige Kunden übrig, wird es für sie unbezahlbar.“ Seine Stadt habe deshalb einen klaren Zeitplan veröffentlicht.

Die politische Gemengelage sorge jedoch für wachsende Spannungen vor Ort. „Wir müssen die Folgen der Politik in den Kommunen aushalten. Bürgerversammlungen machen wir nur noch mit Security“, berichtete Pins. Andreas Langer, Partner im Bereich Energy, Ressources and Industrials beim Beratungsunternehmen Deloitte, forderte den Gesetzgeber auf, den Gasnetzausstieg konkret zu regeln. Bisher gelte nur das Kriterium der Unwirtschaftlichkeit, das schwer nachzuweisen sei.

Er empfiehlt Kommunen, zunächst sogenannte No-Regret-Maßnahmen umzusetzen – also Investitionen, die sich unabhängig von künftigen Entwicklungen lohnen. Um die Finanzierung zu erleichtern, rät Langer zur Gründung eigenständiger Projektgesellschaften: „Das schafft klare Strukturen und begrenzte Risiken – beides ist wichtig für Kapitalgeber.“
 
Das Panel auf dem BDEW-Kongress (von links): Andreas Langer (Deloitte), Niklas Wiegand (Engie), Ingrid Spletter-Weiß (Nord/LB), Georg Pins (SW Mannheim), Andreas Reinhardt (SW Wittenberg) und Moderator Lars Grothe (BDEW)
Quelle: E&M / Susanne Harmsen

Niklas Wiegand, Geschäftsführer der Engie Deutschland, warnte davor, bei der Planung an Stadtgrenzen stehenzubleiben. „Wir müssen regionale Potenziale nutzen – aus Industrie, Landwirtschaft, Gewerbe.“ Engie errichte derzeit in Tettnang im Bodenseekreis ein Nahwärmenetz mit Biomasse gemeinsam mit einem kommunalen Projektpartner (dem Regionalwerk Bodensee GmbH & Co. KG, die Redaktion).

Kooperationen mit spezialisierten Ingenieurbüros und externen Experten seien ebenfalls sinnvoll, weil nicht jedes Unternehmen alle Kompetenzen selbst vorhalten könne. Wiegand wies zudem auf die steigenden Kosten fossiler Energieträger hin: „Klimaschutz ist kein Gutmenschentum, sondern notwendig, damit die Menschen auch morgen noch ihre Wohnung beheizen können.“ Das solle auch die Politik öfter betonen, riet er.

Ingrid Spletter-Weiß, Vorständin der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB in Hannover), mahnte, dass die Finanzierung der Wärmewende einen langen Atem erfordere. „Der Return on Invest kommt erst nach vielen Jahren.“ Investitionen seien zuletzt ins Stocken geraten, weil in der Schlussphase der Ampelkoalition niemand wusste, wie es weitergeht.

Die Finanzierungsmöglichkeiten kommunaler Unternehmen hingen stark vom Eigenkapital und der Verschuldung ihrer Kommune ab. Sie empfahl, gezielt nach Investoren zu suchen, die diese Bedingungen verstehen. Damit Stadtwerke ihre Projekte stemmen könnten, brauche es laut Spletter-Weiß spezifische Ratingmodelle und angepasste Finanzvorgaben für die Wärmewende. Einig waren sich die Teilnehmenden darin, dass ohne klare gesetzliche Vorgaben und eine verlässliche Förderung die Wärmewende in den Kommunen ins Stocken geraten wird. 
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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