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Enerige & Management > Stromnetz - Energiebranche pocht auf fairere Netzentgelte
Quelle: Katia Meyer-Tien
STROMNETZ:
Energiebranche pocht auf fairere Netzentgelte
Verbände und Unternehmen der Energiewirtschaft fordern bei der Reform der Stromnetzentgelte durch die Bundesnetzagentur ein System, das fair, rechtssicher und netzdienlich wirkt.
 
Die Bundesnetzagentur hat im Mai Reformpläne für die allgemeine Netzentgeltsystematik Strom (AgNeS) zur Konsultation bis 30. Juni gestellt (wir berichteten). Die Energiewirtschaft reagiert mit Vorschlägen für Verbesserungen. So begrüßt der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) die Reformpläne, mahnt jedoch eine stärkere Berücksichtigung von Umsetzbarkeit, Systemeffizienz und regionalen Unterschieden an. VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing betont: „Die Energiewende darf nicht zur sozialen Spaltung beitragen.“

Laut VKU müssen die Kosten für Ausbau, Erhalt und Nutzung der Stromnetze fairer verteilt werden. Da der Netzbetrieb hohe Fixkosten verursache, sollte ein gestärkter Grundpreis sicherstellen, dass auch Haushalte mit Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen), sogenannte Prosumer, angemessen an den Netzkosten beteiligt werden. Für größere Verbraucher mit Leistungsmessung spricht sich der VKU zudem für die Einführung von Kapazitätspreisen aus. Diese würden die Netznutzung verursachungsgerechter gestalten. 

Kritisch beurteilt der Verband dagegen eine zu starke Dynamisierung der Netzentgelte. Dynamische Modelle seien technisch aufwendig, teuer und schwer verständlich. Stattdessen sollten Flexibilitätsanreize gezielt und zunächst bei großen steuerbaren Anlagen eingeführt werden. Auch bundeseinheitliche Verteilnetz-Entgelte lehnt der VKU ab. Sie würden laut Verband den Wettbewerb um Konzessionen verzerren, ohne einen erkennbaren Vorteil für Verbraucher oder Energievertriebe zu bringen. Liebing fordert eine differenzierte Entgeltstruktur, die netzdienliches Verhalten belohnt.

Erneuerbare Energien berücksichtigen

Die Instrumente eines Arbeits-, Leistungs- oder Grundpreises seien nach Einschätzung des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) nicht ausreichend, um die gewünschten Lenkungswirkungen zu erzielen. Stattdessen könnte ein modifizierter Kapazitätspreis die richtigen Anreize setzen. „Ein Kapazitätspreis bepreist die richtigen Parameter, nämlich die Anschluss- und Übertragungskapazität im Netz“, sagt BEE-Präsidentin Simone Peter. Dies würde auch Netzbetreibern helfen, da eine bessere Planbarkeit entstehe. 

„Erneuerbare Energien liefern mittlerweile den weitaus größten Anteil am deutschen Strommix und sind systemsetzend“, so Peter. Das bestehende System sei nicht mehr geeignet, die Integration der erneuerbaren Energien zu steuern. Für die Erneuerbaren-Branche sei es daher entscheidend, lokale Signale sowie Netzzustandssignale in die Netzentgeltgestaltung einzubeziehen, statt ausschließlich eine breite Finanzierungsbeteiligung anzustreben. 

Peter fordert außerdem, bei der Ermittlung eines Einspeisenetzentgeltes (ENE) nicht nur die geografische Lage, sondern auch die Fahrweise der Anlagen zu berücksichtigen. Anlagen, die nachweislich netzdienlich betrieben werden, sollten von reduzierten ENE profitieren oder gänzlich davon befreit werden.
  Wirtschaft nennt Pläne unkonkret

Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht in einer Reform der Netzentgelte grundsätzlich eine notwendige Maßnahme. Sebastian Bolay, Bereichsleiter für Energie, Umwelt und Industrie, kritisiert jedoch, dass die bislang vorliegenden Vorschläge der Bundesnetzagentur zu unkonkret seien. „Zuerst braucht es Planungssicherheit über die Netzentgeltsystematik insgesamt“, erklärt Bolay. Änderungen an der Systematik müssten laut DIHK die Wirtschaft insgesamt entlasten und die Kosteneffizienz erhöhen. Überflüssiger Netzausbau solle durch eine bessere Nutzung bestehender Leitungen vermieden werden.

Green Planet Energy schlägt alternatives Modell vor 

Green Planet Energy, ein Ökoenergieversorger mit Sitz in Hamburg, hat im Rahmen der „AgNeS“-Konsultation ein eigenes Modell vorgeschlagen. Carolin Dähling, Leiterin Politik und Kommunikation bei Green Planet Energy, fordert ein modernes Netzentgeltsystem, das die Transformation von zentraler, fossiler Energieversorgung hin zu einer dezentralen erneuerbaren Stromerzeugung widerspiegelt. Pauschale Netzentgelte seien dafür nicht geeignet. Ihr Vorschlag vereine Finanzierungssicherheit, Flexibilitätsanreize und eine netzdienliche Nutzung und könne so ein zentraler Baustein für das Gelingen der Energiewende sein.

Green Planet Energy schlägt ein dreistufiges Modell vor: einen Kapazitätspreis mit Bonus- und Malus-System, der je nach Auslastung des Netzes finanzielle Anreize setzt, dynamische Netzentgelte, die sich flexibel an den tatsächlichen Netzzustand anpassen, sowie gezielte Baukostenzuschüsse für eine bessere regionale Steuerung des Erneuerbaren-Ausbaus. „Nur wenn Netzentgelte flexibel auf Netzengpässe reagieren, können wir die bestehende Infrastruktur effizienter nutzen und das Gesamtsystem wirtschaftlicher und stabiler machen“, so Dähling.
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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