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Enerige & Management > Klimaschutz - DIHK warnt vor Kosten der Energiewende
Quelle: Pixabay / Gerd Altmann
KLIMASCHUTZ:
DIHK warnt vor Kosten der Energiewende
Eine Studie im Auftrag der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) warnt vor Energiewendekosten von 5,4 Billionen Euro. Die Wirtschaft verlangt Reformen der Politik als Plan „B“.
 
Die Energiewende wird nach Einschätzung der Deutschen Industrie- und Handelskammer in ihrer aktuellen Form zu teuer für Unternehmen und Haushalte. Grundlage ist eine Studie der Beratungsfirma Frontier Economics im Auftrag des Verbandes. Demnach könnten sich die Gesamtkosten für Investitionen, Netze und Energieimporte zwischen 2025 und 2049 auf 4,8 bis 5,5 Billionen Euro summieren. DIHK-Präsident Peter Adrian erklärte, die Wirtschaft könne diese Last nicht tragen: „Mit der aktuellen Politik ist die Energiewende nicht zu stemmen.“

Die Studie weist aus, dass die privaten Investitionen in den Bereichen Energie, Industrie, Gebäude und Verkehr stark ansteigen müssten. Während sie in den Jahren 2020 bis 2024 im Mittel bei rund 82 Milliarden Euro pro Jahr lagen, würden sie bis 2035 auf mindestens 113 bis 316 Milliarden Euro pro Jahr klettern. Das entspräche einem Anstieg von 15 bis 41 Prozent im Vergleich zu den gesamten privaten Investitionen in Deutschland im Jahr 2024, die bei 770 Milliarden Euro lagen.

Langsamerer Umbau als Lösung

Als wesentliche Kostentreiber nennt die Analyse den Ausbau der Stromnetze, die Umstellung industrieller Prozesse, den Bau neuer Kraftwerke sowie Ausgaben für Energieimporte. Allein die Netzkosten aus Investitionen und Betrieb werden mit 1,2 Billionen Euro veranschlagt, hinzu kommen bis zu 2,3 Billionen Euro für Energieimporte. Adrian warnte, die Belastung gefährde die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland. Energieintensive Unternehmen verlagerten bereits heute verstärkt ihre Produktion ins Ausland.

Auch die Politik reagiert auf die wachsenden Kosten. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hatte zuletzt einen Neustart in der Energiepolitik angekündigt. Die Ministerin betont, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eine zentrale Grundlage für die Energiewende sei. Zu ihren umstrittenen Vorschlägen gehört, die Förderung kleiner Solaranlagen zu beenden. Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des DIHK, begrüßte Reiches Kurs: Sie setze das richtige Signal, indem sie Kostenfragen stärker in den Mittelpunkt rücke.
  Zu kleinteilige Regulierung der Politik

Kritik übt der Verband an kleinteiligen Vorgaben und einem technologischen Mikromanagement. Statt detaillierter Regulierung fordert der DIHK mehr Technologieoffenheit, Innovationsspielräume und den CO2-Preis als zentrales Steuerungsinstrument. Auch andere Wirtschaftsverbände hatten zuletzt eine Entschlackung von Vorschriften wie beim Gebäudeenergiegesetz gefordert.

Die Studie schlägt vor, die Ziele für Klimaneutralität flexibler zu gestalten und den Netzausbau zu verlangsamen. Ein späteres Erreichen der Klimaneutralität – etwa nach 2045 – könnte Kosten reduzieren. Zusätzlich sollten bestehende Gasnetze weiter genutzt werden, die sich auch für Wasserstoff oder mit CO2-Abscheidung dekarbonisiertes Erdgas eignen. Internationale Kooperationen und die Anrechnung von Investitionen in Klimaschutzprojekte im Ausland könnten weitere Entlastungen bringen. „Der Klimawandel ist letztlich ein globales Problem“, unterstrich Adrian. Die DIHK spricht sich daher für die Schaffung von Klimaclubs aus, etwa auf Basis der G20. 

Insgesamt sieht Frontier Economics durch die vorgeschlagenen Maßnahmen („Plan B“) Einsparpotenziale von mehr als einer Billion Euro bis 2050. Allein die Kombination aus effizienteren Technologien, internationaler Abstimmung beim Emissionshandel und geringeren Ausbauvorgaben könnte bis zu 910 Milliarden Euro sparen.
 
Reduzierbare Kosten beim klimafreundlichen Umbau der Industrie
(Für Vollbild bitte auf die Grafik klicken)
Quelle: Frontier economics

Umfrage sieht Zustimmung zur klimaneutralen Industrie

Trotz der Kritik an den Kosten bleibt die grundsätzliche Richtung unstrittig. Laut einer parallel veröffentlichten Untersuchung des Wittenberg Zentrums für Globale Ethik (WZGE), gefördert von der Eon-Stiftung, unterstützen die meisten Beschäftigten in Deutschland, Frankreich und Polen den klimaneutralen Umbau der Industrie. 80 Prozent der Befragten in Deutschland lehnen eine Verlangsamung des Prozesses ab. Zustimmung ist jedoch dort am stärksten, wo Beschäftigte ihre Arbeitsplatzsicherheit als hoch einschätzen.

Die Autoren der Studie warnen vor einer sozialen Spaltung: Menschen mit niedrigem sozialen Status seien deutlich skeptischer gegenüber der Energiewende. Sie fordern von der Politik eine verlässliche, sozial gerechte Umsetzung. Stephan Muschick, Geschäftsführer der Eon-Stiftung, betonte, die Transformation könne nur gelingen, wenn die Bevölkerung eingebunden werde. Martin von Broock, Vorstandsvorsitzender des WZGE, erklärte, Klimaziele und Wettbewerbsfähigkeit müssten zusammen gedacht werden, anstatt sie gegeneinander auszuspielen.

Die vollständige Studie von Frontier economics  steht als PDF zum Download bereit.
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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