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Enerige & Management > Wärmenetz - Bundesregierung will Fernwärme stärker regulieren
Quelle: Shutterstock / guentermanaus
WÄRMENETZ:
Bundesregierung will Fernwärme stärker regulieren
Die Bundesregierung reagiert auf das Gutachten der Monopolkommission und kündigt eine Reform der Fernwärme-Regulierung an – mit Fokus auf mehr Transparenz und Verbraucherschutz.
 
Die Bundesregierung will den Regulierungsrahmen für die leitungsgebundene Wärmeversorgung überarbeiten. Das geht aus ihrer Stellungnahme zum 25. Hauptgutachten der Monopolkommission hervor. Die Monopolkommission hatte in ihrem Bericht „Wettbewerb 2024“ umfassende strukturelle und wettbewerbliche Defizite im Fernwärmemarkt identifiziert. Die Bundesregierung teilt wesentliche Einschätzungen der Kommission und kündigt an, die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) zu novellieren.

Laut Monopolkommission ist die Fernwärmeversorgung ein natürliches Monopol. Nach ihrer Einschätzung verfügen Fernwärmeanbieter in vielen Regionen über erhebliche Marktmacht. Diese entstehe durch die technische und wirtschaftliche Alternativlosigkeit eines Netzanschlusses und werde durch sogenannte Lock-in-Effekte nach Vertragsabschluss verstärkt. 

In ihrer Stellungnahme verweist die Bundesregierung darauf, dass bestehende Instrumente wie Preisänderungsklauseln zwar einen gewissen Schutz der Kundinnen und Kunden bieten, aber unzureichend seien. Zwar binde eine solche Klausel die Preisentwicklung an öffentliche Indizes und sei rechtlich reguliert, doch fehlten Anreize für eine kosteneffiziente und faire Preisgestaltung. Die Regierung sieht Handlungsbedarf und will den Rechtsrahmen anpassen, um sowohl Investitionssicherheit für Versorger als auch bezahlbare Preise für Endkunden zu gewährleisten.

Neue Transparenzpflichten

Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hatte die Bundesregierung die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht auf die Fernwärme ausgedehnt. Seitdem liegt die Beweislast für angemessene Preise beim Versorger. Dennoch bestehe laut der Monopolkommission weiterhin eine erhebliche Informationsasymmetrie zwischen Anbietern und Kunden. Die von der Arbeitsgemeinschaft Fernwärme (AGFW) im Mai 2024 gestartete Transparenzplattform waermepreise.info sei ein guter Anfang, reiche aber nicht aus.

Die Kommission fordert, eine gesetzliche Meldepflicht wesentlicher Preiskennzahlen an eine zentrale Transparenzstelle in der AVBFernwärmeV zu verankern. Auch die Bundesregierung sieht darin Potenzial und will prüfen, inwiefern entsprechende Vorgaben aus der EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) umgesetzt werden können.

Besonderes Augenmerk legt die Monopolkommission auf die Preisänderungsklauseln in Fernwärmeverträgen. Diese setzen sich derzeit aus einem Kosten- und einem Marktelement zusammen. Die Kommission empfiehlt, das Marktelement stärker zu gewichten, da es weniger manipulationsanfällig sei und die Wettbewerbssituation besser widerspiegele.

Die Bundesregierung zeigt sich zurückhaltend: Eine pauschale Regelung könne der Heterogenität der Fernwärmeerzeugung nicht gerecht werden und zu Verzerrungen führen – etwa, wenn fossil dominierte Preisindizes in klimafreundliche Netze eingepreist würden. Auch der Vorschlag, einen bundesweit einheitlichen Index als Grundlage für Preisänderungen einzuführen, findet keine Zustimmung. Aus Sicht der Bundesregierung würde ein solcher Index regionale Unterschiede nicht ausreichend berücksichtigen und die Transparenz eher verschlechtern.

Die Einführung einer sogenannten Price-Cap-Regulierung, wie sie von der Monopolkommission angeregt wird, lehnt die Bundesregierung ab. Zwar sei eine Preisobergrenze theoretisch geeignet, überhöhte Preise zu verhindern, in der Praxis aber kaum umsetzbar. Zudem bestehe die Gefahr, dass eine Obergrenze als Zielgröße für Preiserhöhungen interpretiert werde. Auch ein effektives behördliches Durchsetzungssystem existiere derzeit nicht.

Als Alternative bringt die Bundesregierung das Konzept eines „Price Benchmark“ ins Spiel – also eines Referenzpreises, der als Anhaltspunkt für kartellrechtliche Prüfungen dienen könnte.

Strukturelle Marktöffnung nur langfristig denkbar

In der Fernwärmeerzeugung und -verteilung sieht die Monopolkommission langfristig Potenzial für ein wettbewerbliches Marktdesign. Der Netzbetrieb sei zwar ein natürliches Monopol, Erzeugung und Vertrieb könnten jedoch für den Wettbewerb geöffnet werden. Dafür wäre ein gesetzlich geregelter Netzzugang für Dritte erforderlich.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) verweist allerdings auf technische und wirtschaftliche Hürden. Ein regulierter Drittzugang sei rechtlich wie organisatorisch sehr aufwendig und könne sogar zu höheren Preisen führen. Zudem seien die Ziele Dekarbonisierung und Preisstabilität nicht zwangsläufig mit einem höheren Wettbewerbsniveau vereinbar.

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Bericht der Monopolkommission 2024  steht als PDF zum Download bereit.
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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Mittwoch, 30.07.2025, 11:33 Uhr

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