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Enerige & Management > Regenerative - Wachsende Elektrifizierung senkt Energieimporte
Quelle: Fotolia / Jürgen Fälchle
REGENERATIVE:
Wachsende Elektrifizierung senkt Energieimporte
DNV sieht in einer aktuellen Prognose den Primärenergieverbrauch bis zum Jahr 2050 um fast ein Drittel zurückgehen. Klimaneutral wird Deutschland bis 2045 dennoch nicht.
 
Im Unterschied zu den meisten Energie-­Analysen zeigt der norwegische Beratungs- und Zertifizierungskonzern DNV nicht mehrere Szenarien zur künftigen Entwicklung von Energieangebot und -nachfrage auf. Vielmehr präsentiert DNV eine Best-Estimate-Prognose: die aus Sicht von DNV wahrscheinlichste Entwicklung der Energieversorgung in Deutschland auf Basis erwartbarer politischer Weichenstellungen, technologischer Fortschritte und damit verbundener Kosten. Dabei wird das durchschnittliche Wirtschaftswachstum auf 1,0 Prozent geschätzt.

Der Primärenergieverbrauch in Deutschland sinkt bis 2050 nach Einschätzung von DNV um fast ein Drittel gegenüber 2024 auf gut 250 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten. Während gegenwärtig knapp 70 Prozent durch Importe gedeckt werden, verringert sich der Einfuhranteil bis 2050 auf 27 Prozent. Fast drei Viertel des Bedarfs steuern 2050 Erneuerbare zum Primärenergieverbrauch bei – gegenüber 20 Prozent im Jahr 2024. Der verbleibende Teil entfällt 2050 auf Importe von Öl und Erdgas, die sich drastisch vermindern, im Falle von Öl um 79 Prozent.

Elektrifizierung ja, aber im Verkehr unter den nationalen Zielen

Die künftige Entwicklung ist geprägt durch Elektrifizierung. So wird Deutschland 2050 etwa 46 Prozent des Endenergieverbrauchs durch Strom decken – gegenüber 19 Prozent heute. Der Jahresbedarf an Strom nimmt bis 2050 voraussichtlich auf 896 Milliarden kWh zu – im Vergleich zu 490 Milliarden kWh im Jahr 2024. Der Anstieg des Stromverbrauchs wird vor allem von drei Schlüsselbereichen getragen: Die verarbeitende Industrie wird voraussichtlich 30 Prozent mehr Strom benötigen als heute. Auch im Gebäudesektor ist ein stetiges Wachstum zu erwarten. Ein dramatischer Wandel steht im Verkehrssektor bevor. Die Nachfrage dieses Sektors dürfte sich von 19 auf 186 Milliarden kWh fast verzehnfachen. Das von der Ampel gesetzte Ziel, bis 2030 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen zu haben, wird allerdings verfehlt. DNV rechnet für 2030 mit 10,4 Millionen reinen E-Fahrzeugen und weiteren 2 Millionen Plug-in-Hybriden, für 2036 aber bereits mit mehr E-Fahrzeugen als Verbrennern.Dominanz von Wind und Solar und Stillstand bei Biomasse

DNV erwartet, dass Strom aus Solar- und Windkraft in Kombination mit Batteriespeichern den Erzeugungsmix dominieren wird, während Wasserstoff- und Gaskraftwerke die Residual- und Spitzenlast abdecken. Die Kapazität verdreifacht sich von 258.000 auf 769.000 MW. 
  • Die größten Zuwächse werden für PV prognostiziert, und zwar von knapp 100.000 auf 453.000 MW. 2050 werden 22 Prozent der Solarkapazität mit Speichern kombiniert sein. 
  • Für Onshorewind wird mit einer Erhöhung um knapp 100.000 auf 160.000 MW gerechnet. 
  • Für Offshore Wind lauten die Zahlen 77.000 MW gegenüber gut 9.000 MW.
  • Bioenergie und Wasserkraft bleiben im Prognosezeitraum mit zusammen 20.000 MW in etwa unverändert. 
Billionen für neue Energieinfrastruktur
In den kommenden 25 Jahren müssen 3,3 Billionen Euro in die Energieinfrastruktur investiert werden. Das entspricht zwischen 2 und 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In den Jahren 2000 bis 2024 waren es 1,7 bis 2,0 Prozent des BIP.

Darunter werden sich die Investitionen in Wasserstoff und CCS auf fast 900 Milliarden Euro belaufen. Für den Hochlauf wird staatliche Förderung als essenziell angesehen. Der Bedarf wird nach Einschätzung von DNV von 1,1 auf 7,1 Millionen Tonnen im Jahr 2050 ansteigen. Damit werden Wasserstoff und Wasserstoffderivate bis voraussichtlich 13 Prozent des deutschen Endenergiebedarfs ausmachen. 58 Prozent des Bedarfs werden dann durch Importe gedeckt.
  DNV prognostiziert, dass durch den Einsatz von CCS in Deutschland bis Mitte des Jahrhunderts jährlich 36 Millionen Tonnen CO2, mit Schwerpunkt in der Zementproduktion, vermieden werden. Zusätzlich werden dann 4 Millionen Tonnen durch Direct Air Capture (DAC) aufgefangen.

Klimaneutralität wird knapp verfehlt

Die energie- und prozessbedingten CO2-­Emissionen in Deutschland sinken laut DNV bis 2045 auf 89 Millionen Tonnen und bis 2050 auf 44 Millionen Tonnen. Damit wird das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 knapp verfehlt. Bei dieser Prognose wird von einem Anstieg der CO2-Preise im EU ETS-1 auf 230 Euro/Tonne und im EU ETS-2 auf 200 Euro/Tonne bis 2050 ausgegangen. Es wird unterstellt, dass das nationale Emissionshandelssystem (NEHS) für den Gebäude- und Verkehrssektor bis Ende der 2020er-Jahre vom EU ETS-2 abgelöst wird.

Die Energiepreise in einem zunehmend durch erneuerbare Energien bestimmten System sind kein Standortnachteil – so DNV. Nach DNV-Analyse werden die Industriestrompreise in den kommenden Jahren inflationsbereinigt leicht unter das Niveau von 2017 fallen und sich dann stabilisieren.
 

Hans-Wilhelm Schiffer
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Freitag, 28.02.2025, 11:02 Uhr

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