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Enerige & Management > Politik - Unabhängig von der Laune der Wettergötter
Quelle: Europäische Union / Mario Salerno
POLITIK:
Unabhängig von der Laune der Wettergötter
In ihrer ersten Grundsatzdebatte sind sich die Energieminister der EU einig: Energie in der EU muss billiger und sicherer werden. Unklar bleibt, wie man das bewerkstelligen könnte.
 
Einigkeit habe im Rat der Energieminister darüber bestanden, dass es keinen Widerspruch gebe zwischen einer billigeren und einer sichereren Energieversorgung, sagte Energiekommissar Dan Jörgensen nach der fast zweistündigen Grundsatzdebatte der Energieminister der Europäischen Union am 16. Dezember. Es sei klar, dass die europäischen Firmen nicht dauerhaft zwei bis drei Mal mehr für ihre Energie bezahlen könnten als ihre Wettbewerber in China oder den USA.

Ein Weg zu niedrigeren Energiepreisen sei der Ausstieg aus den fossilen Energien. Damit mache die EU ihre Energieversorgung aber auch sicherer. Die Kommission werde deswegen bereits in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit einen Zeitplan für die vollständige Loslösung der EU von russischen Öl-, Gas- und Kohlelieferungen vorlegen.

Eine weitere Ursache für die hohen Energiepreise liegt nach Ansicht des neuen Energiekommissars in einem unzureichenden Angebot erneuerbarer Energien. Der beschleunigte Ausbau der Wind- und Solarenergie bleibe deswegen ein wichtiges Element der europäischen Energiepolitik. Damit von den günstigen Kosten der Erneuerbaren auch die Endverbraucher profitieren, setzt Jörgensen darauf, sie verstärkt über sogenannte PPA zu vermarkten.

Ein steuerbares Energiesystem ohne Emissionen

Die Klimaziele der EU ließen sich allerdings nicht alleine mit erneuerbaren Energien erreichen. Notwendig sei der Einsatz aller emissionsfreien Technologien einschließlich der Atomkraft. Das betonten auch die meisten Energieminister, die in der Debatte das Wort ergriffen. Frankreichs Vertreterin, Agnes Pannier-Runacher, verlangte eine vollständige Gleichberechtigung der Atomkraft und der erneuerbaren Energien in einer europäischen Dekarbonisierungsstrategie und bei der öffentlichen Förderung. Die einschlägige EU-Verordnung müsse in diesem Sinne geändert werden. 
Es gehe darum, ein steuerbares Elektrizitätssystem ohne Emissionen aufzubauen. In diesem System spiele die Atomkraft als steuerbare Quelle eine zentrale Rolle aber auch steuerbare erneuerbare Energien wie die Biomasse oder die Wasserkraft: „Wir brauchen mehr Flexibilität!“ Mehr Interkonnektoren seien nötig, allerdings müsse der Ausbau nach einer Kosten-Nutzen-Analyse durch die beteiligten Länder erfolgen.

Die schwedische Energieministerin, Edda Busch, betonte, die Energieversorgung der Industrie dürfe nicht „von der Laune der Wettergötter“ abhängig sein. Vorrang habe die Implementierung des bereits verabschiedeten Elektrizitätsmarktdesigns. Darüber hinaus müssten die Kapazitätsmärkte in der EU harmonisiert werden. Eine Energieunion könne es nur geben, wenn jede Regierung „ihre Hausaufgaben“ mache, sagte sie ohne Deutschland namentlich zu nennen: „Eine unzureichende Grundlast-Kapazität in Verbindung mit ineffizienten Preiszonen wirkt sich auch negativ auf die Preise in den Nachbarländern aus.“ Das habe man in den letzten Wochen in Schweden und Norwegen erfahren müssen. Dieses Verhalten setze langfristig die Akzeptanz von Interkonnektoren aufs Spiel.

Sie mahnte außerdem, wie andere Minister, eine nachhaltige Entbürokratisierung an. Bislang habe jede Gesetzgebung im Hinblick auf die erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz zu einer detaillierteren Regulierung und zusätzlichen Unterzielen geführt: „Das trägt weder zu mehr Wettbewerbsfähigkeit noch zur Akzeptanz der Energiewende bei. Hier brauchen wir eine Trendwende!“

Verbindliche Ziele müssten mit mehr Flexibilität bei der Zielerreichung verbunden werden. Jede neue Gesetzgebung müsse sich auf die Dekarbonisierung und die Elektrifizierung konzentrieren und strikt technologieneutral sein. Es würden alle Technologien einschließlich der Atom- und Wasserkraft gebraucht.

Drei Elemente der Energiepolitik

Deutschland erwarte, dass sich die Energiepolitik der EU auf drei Elemente stütze, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Philipp Nimmermann:
  • den zügigen Ausbau kostengünstiger, erneuerbarer Energien einschließlich der Wasserstoffproduktion,
  • den Ausbau der Netze und der Infrastruktur sowie
  • mehr Nachfrage-Flexibilität, um Strom zu nutzen, „wenn er billig ist“.
In diesen Handlungsfeldern müssten folgende Maßnahmen ergriffen werden:
  • eine weitere Beschleunigung der Genehmigungsverfahren,
  • die Schaffung eines verlässlichen Investitionsrahmen für erneuerbare Energien und Energieeffizienz, einschließlich eines Erneuerbaren-Zieles für 2040
  • es würden bessere rechtliche Voraussetzungen für Offshore-Projekte benötigt,
  • ehrgeizigere Projekte der grenzüberschreitenden Infrastruktur einschließlich einer besseren EU-Förderung,
  • ein Fahrplan für die Integration von Stromspeichern in den Elektrizitätsbinnenmarkt,
  • mehr Flexibilität bei den Netzentgelten und schließlich
  • bessere Rahmenbedingungen für Investitionen in die Wasserstoffwirtschaft.
Unterstützt wurde Deutschland unter anderen von Österreich. Auch Energieministerin Leonore Gewessler betonte die zentrale Rolle der erneuerbaren Energien, deren „niedrige Gestehungskosten“ es zu nutzen gelte. Niedrige Energiepreise, Versorgungssicherheit und Dekarbonisierung seien dann keine Gegensätze mehr. Dafür müsse mehr in Flexibilität und in Interkonnektoren investiert werden, sagte Gewessler, die ebenfalls nur noch geschäftsführend im Amt ist.
 

Tom Weingärtner
© 2025 Energie & Management GmbH
Dienstag, 17.12.2024, 12:14 Uhr

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