• Gas schwimmt gegen den Strom
  • Energie senkt überraschend Herstellerpreise
  • Tschechien feiert zweite Unabhängigkeit vom Kreml
  • Klimabewegung verliert Wolf von Fabeck
  • Vattenfall verteuert Berliner Strom-Grundversorgung
  • Messstellenbetreiber darf seinen Zählerschrank verwenden
  • Erkrath verlässt Gründertrio der Neander Energie
  • Pannen-Park geht unter neuer Regie probeweise wieder ans Netz
  • Verspätete Abrechnung verstößt gegen Wettbewerbsrecht
  • Leine-Energie sichert Belieferung von Liegenschaften in Niedersachsen
Enerige & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - RechtEck: Neue Entwicklungen im THG-Quotenhandel
Quelle: E&M
AUS DER AKTUELLEN ZEITUNG:
RechtEck: Neue Entwicklungen im THG-Quotenhandel
Erik Ahnis* zeigt, was Preisstürze und Betrugsvorwürfe für den Markt bedeuten und warum die THG-Quote für Stadtwerke trotzdem auch weiterhin relevant bleibt. 
 
Durch eine Gesetzesnovelle im Jahr 2021 erreichten die Quotenpreise für eine reduzierte Tonne CO2 im Jahr 2022 Spitzenwerte von teilweise über 450 Euro. Das lag unter anderem darin begründet, dass die betroffenen Unternehmen wie Mineralölunternehmen etwa fortschrittliche Biokraftstoffe oder Ladestrom nicht nur einfach, sondern mehrfach auf die Minderungspflicht anrechnen konnten.

2023 hat sich die Preisentwicklung jedoch umgekehrt. Das wiederum lag an einem Überangebot an (teilweise fragwürdigen) Erfüllungsoptionen für die Quotenverpflichteten. Die Preise sanken seitdem kontinuierlich auf unter 100 Euro. 
Das Überangebot hat verschiedene Ursachen: So macht die Branche die Anerkennung von günstig angebotenem, aber mutmaßlich falsch deklariertem fortschrittlichem Biodiesel aus Asien dafür verantwortlich. Dazu kommen Upstream-Emissionsminderungen (UER-Zertifikate) aus Projekten, die sich im Nachhinein als Betrug herausstellten oder als solcher in Verdacht stehen.

Die rechtliche Möglichkeit für Quotenverpflichtete, sich Erfüllungsoptionen, die sie im Vorjahr eingekauft, aber nicht benötigt haben, im Folgejahr auf die Minderungspflicht anrechnen zu lassen, haben die Nachfrage zudem weiter sinken lassen. 
Diese Dynamik, verbunden mit garantierten Festpreisen für vermarktete Ladestrommengen, hat viele Marktteilnehmer in Schwierigkeiten gebracht und einige Insolvenzverfahren ausgelöst.

Maßnahmen der Bundesregierung

Mit der Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) werden Mineralölunternehmen dazu verpflichtet, die CO2-Emissionen der von ihnen vertriebenen Kraftstoffe kontinuierlich zu senken, beispielsweise durch den Vertrieb von Biokraftstoffen oder Ladestrom. Da sie die THG-Minderungsverpflichtung meist nicht allein erfüllen können, steht ihnen offen, diese (teilweise) durch Dritte erfüllen zu lassen. Dafür vergütet das Mineralölunternehmen den Dritten pro eingesparter Tonne CO2 den sogenannten Quotenpreis.

Dieser Marktmechanismus soll dazu dienen, die CO2-Emissionen im Verkehrssektor zu reduzieren und den Ausbau der dafür notwendigen Infrastruktur finanziell zu fördern. Damit war die Treibhausgasminderungsquote auch für Stadtwerke ein lukratives Geschäft. Mit öffentlichen Ladepunkten und Biomethantankstellen konnten sie eigene THG-Quoten generieren oder THG-Quoten bei Endkunden, die ein E-Fahrzeug besitzen, einwerben und vermarkten. Der Preisverfall auf dem THG-Quotenmarkt in den vergangenen zwei Jahren hat das Geschäftsmodell jedoch geschädigt. 

Die Bundesregierung hat nun Maßnahmen ergriffen, um den Quotenmarkt zu stabilisieren. So hat das Bundeskabinett am 13.11.2024 die 38. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV) geändert, die die Modalitäten zur Erfüllung der THG-Minderungsverpflichtungen nach Paragraf 37a Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) regelt. Diese Verordnungsänderung ist am 28.11.2024 in Kraft getreten.

Für die Jahre 2025 und 2026 können sich Quotenverpflichtete eine Übererfüllung der THG-Minderungspflicht aus den Vorjahren nun nicht mehr anrechnen lassen. Vielmehr darf der Quotenverpflichtete seiner Minderungspflicht in diesen Jahren nur mit Erfüllungsoptionen nachgehen, die auch tatsächlich in diesen Jahren in Verkehr gebracht wurden. Damit will die Bundesregierung die Nachfrage im Quotenmarkt wieder erhöhen.

Neben diesen Sofortmaßnahmen verfolgt die Bundesregierung das Ziel, die Betrugsprävention bei der noch ausstehenden Umsetzung der überarbeiteten Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III), die neue Maßgaben zur Treibhausgasminderungsquote enthält, bis Mai dieses Jahres zu verschärfen. 

Der THG-Quotenmarkt im Bereich Ladestrom bleibt − nicht zuletzt dank der neuesten Gesetzesänderungen − für Stadtwerke auch weiterhin eine interessante Einnahmequelle. Mit der steigenden Zahl von Elektrofahrzeugen in Deutschland kann die THG-Quote, die durch die Bereitstellung von Ladestrom entsteht, sicherstellen, dass öffentliche Ladepunkte wirtschaftlich betrieben werden können. 

Zusätzlich dient das Angebot zur THG-Quotenvermarktung bei E-Fahrzeugbesitzern als effektives Mittel zur Kundenbindung. Viele Drittanbieter von THG-Quotenvermarktung bieten oft auch Strom- oder Gastarife an, sodass Stadtwerke mit eigenen Angeboten diese Kunden binden sollten. Da der Anteil an E-Fahrzeugen voraussichtlich weiter steigen wird, wird auch das Potenzial für THG-Quotenvermarktung im Endkundenbereich wachsen. 

Preisstabilisierung durch mehr „sauberen“ Strom?

Bei den Ladestromquoten verbessert sich der THG-Quotenpreis pro kWh Ladestrom zukünftig auch durch den Ausbau der erneuerbaren Energien. Das Umweltbundesamt hat kürzlich die durchschnittlichen Treibhausgasemissionen pro Energieeinheit des deutschen Strommixes für das Verpflichtungsjahr 2025 veröffentlicht: Mit 124 Kilogramm CO2-Äquivalent pro Gigajoule liegt der Strommix etwa 10 Prozent unter dem Wert des Vorjahres.Es ist daher zu erwarten, dass die THG-Quotenpreise je kWh Ladestrom wieder ansteigen werden.

Insgesamt dürften die politischen Maßnahmen, die schärferen Anforderungen an die Minderungspflicht und der sauberere Strommix in Deutschland den THG-Quotenmarkt stabilisieren und das Preisniveau langfristig heben.

* Erik Ahnis, Partner, Rechtsanwalt, Becker Büttner Held (BBH), Berlin
 

Redaktion
© 2025 Energie & Management GmbH
Mittwoch, 12.02.2025, 08:26 Uhr

Mehr zum Thema