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Enerige & Management > Gas - Österreichs Gasbranche: Vertrauen auf US-LNG ist riskant
Quelle: Shutterstock / Wojciech Wrzesien
GAS:
Österreichs Gasbranche: Vertrauen auf US-LNG ist riskant
Gewünscht werden politische Schritte zur Wiederaufnahme der Importe über Baumgarten und damit aus Russland sowie verstärkte Eigenförderung. Das Vertrauen auf US-LNG gilt als riskant.
 
Mehrere Forderungen zur Sicherung der Gasversorgung in Österreich richtete der Fachverband Gas Wärme (FGW), die gesetzliche Vertretung der Gasbranche, am 21. März an die Politik. Laut Geschäftsführer Michael Mock geht es darum, das „Erneuerbares-Gas-Gesetz“ (EGG) rasch zu beschließen, sich zur Förderung von Erdgas „auch über die aktuelle Legislaturperiode hinaus“ zu bekennen, auf EU-Ebene „für eine bessere Regelung der Speichervorgaben“ einzutreten sowie „positive Anreize zur Einspeicherung und zur Buchung von Transportkapazitäten“ zu schaffen.

Nicht ohne Brisanz ist die Forderung des FGW nach „Initiativen zur raschen Wiederaufnahme der Gasimporte über Baumgarten“. Baumgarten ist bekanntlich jener Netzknoten etwa 40 Kilometer nordöstlich von Wien, über den seit 1968 bis 1. Januar des heurigen Jahres die Gasimporte aus Russland erfolgten. Zeitweilig deckte Österreich damit rund 90 Prozent seines Bedarfs. Mit dem Auslaufen des russisch-ukrainischen Gastransitvertrags kamen die Einfuhren über Baumgarten faktisch zum Erliegen.

Laut dem üblicherweise täglich aktualisierten Lagebericht der für die übergeordnete Steuerung des österreichischen Gasnetzes zuständigen Austrian Gas Grid Management AG (AGGM) erfolgen Importe zurzeit fast ausschließlich über Deutschland und Italien. Einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung der Endkunden leisten der AGGM zufolge Entnahmen eingespeicherten Erdgases sowie in deutlich geringerem Maße in Österreich selbst geförderte Gasmengen.

Den Füllstand der Gasspeicher bezifferte die AGGM am 21. März mit 44,2 Prozent, die eingespeicherten Mengen beliefen sich auf 44,9 Milliarden kWh. Davon entfielen 20 Milliarden kWh auf die staatliche „strategische Gasreserve“, die die Bundesregierung nur in Krisenfällen freigeben darf.

Starre Vorgaben

Mock betonte in der Aussendung, es müsse nun darum gehen, die Gasspeicher „rasch wieder zu befüllen, und das zu möglichst günstigen Preisen“. Er kritisierte in diesem Zusammenhang „die sehr starren Speicherfüllzielvorgaben der EU“. Festgelegt sind diese in der Durchführungsverordnung 2024/2995 der EU-Kommission vom 29. November vergangenen Jahres.

Österreich muss laut der Durchführungsverordnung am 1. Mai einen Füllstand von mindestens 52 Prozent erreichen, am 1. Juli sind es 66 Prozent, am 1. September 77 Prozent. Und die Wirtschaftskammer (WKÖ), der der FGW angehört, warnte schon im Dezember vergangenen Jahres, es werde „herausfordernd“, diese Ziele „beim Ausfall der Versorgung über die Ukraine“ zu erreichen.

Diversifizierung ernst nehmen

In Übereinstimmung damit hieß es in der Aussendung des FGW vom 21. März, die EU dürfe sich „nicht in neue Abhängigkeiten begeben“. Das Vertrauen auf LNG-Lieferungen aus den USA sei möglicherweise keine allzu tragfähige Option: „Mit einem beginnenden Handelskrieg mit Europa zeigt Amerika, dass es gewillt ist, seine Marktmacht politisch durchzusetzen.“

Die EU sei daher gut beraten, die Diversifizierung ihrer Gasversorgung ernst zu nehmen, ihre eigenen Gasvorkommen auszubeuten, Beziehungen mit einer „größeren Anzahl von Lieferanten“ einzugehen und die bestehenden Infrastrukturen zu nutzen, „anstatt Transportwege Richtung Osten zu kappen“.

Von der Hand zu Weisen sind diese Argumente nicht. In einer aktuellen Studie der deutschen „Stiftung Wissenschaft und Politik“ heißt es: „Mit der Entkopplung von Russland wurden Versorgungsrisiken nicht beseitigt, sondern verlagert. Die stärkere Abhängigkeit von den USA birgt Risiken für die EU und Deutschland: Größere Schwankungen bei Preis und Angebot drohen ebenso wie eine politische Instrumentalisierung der Abhängigkeit durch die Trump-Administration.“

Attraktiver Markt

Seitens der österreichischen Reguliergungsbehörde E-Control verlautete gegenüber der Redaktion, eine Wiederaufnahme der Gasimporte durch die Ukraine sei auch im Falle eines Waffenstillstands oder Friedensschlusses mit Russland höchst unwahrscheinlich. Für realistischer hält die E-Control dagegen, die LNG-Terminals an der Ostsee und die von dort nach Österreich führenden Pipelinesysteme verstärkt zu nutzen.

Und abgesehen von politischen Unwägbarkeiten sei Europa für US-amerikanische LNG-Lieferanten ein attraktiver Markt. Zwar lägen die dort gebotenen Preise nicht zwangsläufig über jenen, die sich auf den asiatischen Märkten lukrieren ließen. Aber die Transportwege zwischen den USA und Europa seien erheblich kürzer als jene zwischen den USA und Ostasien. Dies ermögliche höhere Umschlagraten und damit potenziell höhere Gewinne.
 

Klaus Fischer
© 2025 Energie & Management GmbH
Freitag, 21.03.2025, 14:33 Uhr

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