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Quelle: E&M / Katia Meyer-Tien
GAS:
Österreichs Energieministerium will Gasnetz-Teile stilllegen
Wegen des sinkenden Bedarfs sind entsprechende Maßnahmen vor allem auf der Netzebene der Haushaltskunden geplant. Die Arbeiten sollen bis etwa 2040 abgeschlossen werden.
Österreichs Energieministerium (BMK) plant die teilweise Stilllegung der sogenannten „Netzebene 3“ der Gasnetze, an die nicht
zuletzt die Anlagen von Haushaltskunden angeschlossen sind. Das berichtete die Leiterin der Strategieabteilung des BMK, Judith
Neyer, bei den „Energietagen 2024“ des Konferenzveranstalters IMH am 19. November. Sie verwies auf den in Österreich tendenziell
sinkenden Erdgasbedarf. Im Jahr 2022 hatte dieser rund 91 Milliarden kWh betragen. Im vergangenen Jahr waren es nur mehr 75 Milliarden kWh, für heuer rechnet das BKM mit etwa 71 Milliarden kWh. Wie Neyer erläuterte, verpflichtet das heuer verabschiedete Gasmarktpaket der EU für den Fall derartiger Entwicklungen
die Verteilnetzbetreiber zur Erstellung entsprechender Stilllegungspläne, die von der jeweiligen nationalen Regulierungsbehörde
zu genehmigen sind. Die Pläne sollen den geordneten Rückbau der Gasnetze sicherstellen. Umzusetzen ist das Gasmarktpaket bis
5. August 2026.
Im Gespräch mit der Redaktion betonte Neyer, es gehe keineswegs darum, die Netzebene 3 vollständig zu „kassieren“. Vielmehr würden nicht mehr benötigte Infrastrukturen außer Betrieb genommen. Dies diene dazu, unnötige Kosten zu vermeiden, die letztlich von den Gaskunden getragen werden müssten. Der vorgesehene Rückbau sollte nach den Vorstellungen des BMK bis etwa 2040 abgeschlossen werden, ergänzte Neyer. Hinsichtlich der Rahmenbedingungen ließ das Ministerium seitens des Beratungsunternehmens Frontier Economics eine Studie erstellen. Dieser zufolge ist mit Stilllegungskosten von etwa 80 Millionen Euro zu rechnen. Zum Vergleich: Die derzeitigen Betriebskosten aller österreichischen Gasnetze beziffert Frontier mit rund 200 Millionen Euro pro Jahr, den Gesamtwert der Pipelinesysteme mit etwa 2,3 Milliarden Euro.
Alfons Haber, der Vorstand der österreichischen Regulierungsbehörde E-Control, versicherte der Redaktion am Rande der „Energietage“, es gehe keineswegs darum, nicht mehr notwendige Gasleitungen „herauszureißen“. Neben der Versiegelung von Leitungen denke die E-Control an Möglichkeiten zu deren Nachnutzung, sei es für den Transport von – vorzugsweise „grünem“ – Wasserstoff, sei es für das Einbringen von Glasfaserkabeln für Telekommunikationsdienste.
Aus für die Anschlusspflicht
Die Stilllegungspläne sind auch die Voraussetzung für die Aufweichung der laut dem derzeitigen Gasrecht bestehenden Anschlusspflicht für Kundenanlagen sowie für das Verbot, bestehende Netzanschlüsse gegen den Willen des betroffenen Kunden stillzulegen. Als Paradebeispiel dafür gelten Gasanschlüsse, die ausschließlich zum Kochen verwendet werden. Über sie beziehen die betreffenden Kunden minimale Gasmengen, deren Bereitstellung für die Netzbetreiber jenseits jeglicher Rentabilität ist. Neyer beschrieb diesen Sachverhalt gegenüber der Redaktion so: „Es kann nicht sein, dass ein Verteilnetzunternehmen eine Leitung betreiben muss, nur weil jemand in einem Penthouse das blaue Flämmchen in seiner Küche haben möchte.“
Freilich: Gerade in Ballungsgebieten wie Wien geht es oft genug nicht um Penthouses, sondern um Altbauten, deren Bewohner nicht immer den begütertsten Bevölkerungsschichten angehören und die Umstellung auf andere Koch- sowie meist auch Heizanlagen nicht aus eigener Kraft finanzieren können. Immerhin verweist die Frontier-Studie auf die Möglichkeit des Abgeltens der Stilllegung von Kundenanlagen, sei es durch die Netzbetreiber, sei es durch die öffentliche Hand.
Stichwort Abgeltung: Wie Frontier Economics festhält, können den Netzgesellschaften aus den Stilllegungsplänen „stranded costs“ erwachsen. Seien diese „durch ineffizientes Handeln bzw. ineffiziente Entscheidungen des Gasverteilernetzbetreibers bedingt“, müsse sie der jeweilige Verteilernetzbetreiber selbst tragen. Konnte er dagegen „im Zeitpunkt der Investition nicht damit rechnen konnte, dass die Gasleitung nicht über die gesamte regulatorische Lebensdauer in Verwendung sein wird“, sollten laut Frontier die Gaskunden oder die öffentliche Hand zur Kasse gebeten werden.
Gesetz in Arbeit
Laut Neyer arbeitet das BMK bereits am „Gas- und Wasserstoff-Gesetz“, der gesetzlichen Grundlage für die Stilllegungspläne und die nachfolgenden Maßnahmen. Das Gesetz soll auch die Basis für die Errichtung des „Startnetzes“ für Wasserstoff bilden. Wie berichtet, wird dieses nach den derzeitigen Planungen im Jahr 2040 etwa 2.150 Kilometer Länge aufweisen und rund 4 Milliarden Euro kosten.
Wann das „Gas- und Wasserstoff-Gesetz“ beschlossen werden könnte, ist derzeit nicht absehbar. Am 29. September wurde Österreichischs Bundesparlament neu gewählt. Seit 18. November verhandeln die Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP), die Sozialdemokraten und die liberalen Neos über die Bildung einer neuen Bundesregierung.
Im Gespräch mit der Redaktion betonte Neyer, es gehe keineswegs darum, die Netzebene 3 vollständig zu „kassieren“. Vielmehr würden nicht mehr benötigte Infrastrukturen außer Betrieb genommen. Dies diene dazu, unnötige Kosten zu vermeiden, die letztlich von den Gaskunden getragen werden müssten. Der vorgesehene Rückbau sollte nach den Vorstellungen des BMK bis etwa 2040 abgeschlossen werden, ergänzte Neyer. Hinsichtlich der Rahmenbedingungen ließ das Ministerium seitens des Beratungsunternehmens Frontier Economics eine Studie erstellen. Dieser zufolge ist mit Stilllegungskosten von etwa 80 Millionen Euro zu rechnen. Zum Vergleich: Die derzeitigen Betriebskosten aller österreichischen Gasnetze beziffert Frontier mit rund 200 Millionen Euro pro Jahr, den Gesamtwert der Pipelinesysteme mit etwa 2,3 Milliarden Euro.
Alfons Haber, der Vorstand der österreichischen Regulierungsbehörde E-Control, versicherte der Redaktion am Rande der „Energietage“, es gehe keineswegs darum, nicht mehr notwendige Gasleitungen „herauszureißen“. Neben der Versiegelung von Leitungen denke die E-Control an Möglichkeiten zu deren Nachnutzung, sei es für den Transport von – vorzugsweise „grünem“ – Wasserstoff, sei es für das Einbringen von Glasfaserkabeln für Telekommunikationsdienste.
Aus für die Anschlusspflicht
Die Stilllegungspläne sind auch die Voraussetzung für die Aufweichung der laut dem derzeitigen Gasrecht bestehenden Anschlusspflicht für Kundenanlagen sowie für das Verbot, bestehende Netzanschlüsse gegen den Willen des betroffenen Kunden stillzulegen. Als Paradebeispiel dafür gelten Gasanschlüsse, die ausschließlich zum Kochen verwendet werden. Über sie beziehen die betreffenden Kunden minimale Gasmengen, deren Bereitstellung für die Netzbetreiber jenseits jeglicher Rentabilität ist. Neyer beschrieb diesen Sachverhalt gegenüber der Redaktion so: „Es kann nicht sein, dass ein Verteilnetzunternehmen eine Leitung betreiben muss, nur weil jemand in einem Penthouse das blaue Flämmchen in seiner Küche haben möchte.“
Freilich: Gerade in Ballungsgebieten wie Wien geht es oft genug nicht um Penthouses, sondern um Altbauten, deren Bewohner nicht immer den begütertsten Bevölkerungsschichten angehören und die Umstellung auf andere Koch- sowie meist auch Heizanlagen nicht aus eigener Kraft finanzieren können. Immerhin verweist die Frontier-Studie auf die Möglichkeit des Abgeltens der Stilllegung von Kundenanlagen, sei es durch die Netzbetreiber, sei es durch die öffentliche Hand.
Stichwort Abgeltung: Wie Frontier Economics festhält, können den Netzgesellschaften aus den Stilllegungsplänen „stranded costs“ erwachsen. Seien diese „durch ineffizientes Handeln bzw. ineffiziente Entscheidungen des Gasverteilernetzbetreibers bedingt“, müsse sie der jeweilige Verteilernetzbetreiber selbst tragen. Konnte er dagegen „im Zeitpunkt der Investition nicht damit rechnen konnte, dass die Gasleitung nicht über die gesamte regulatorische Lebensdauer in Verwendung sein wird“, sollten laut Frontier die Gaskunden oder die öffentliche Hand zur Kasse gebeten werden.
Gesetz in Arbeit
Laut Neyer arbeitet das BMK bereits am „Gas- und Wasserstoff-Gesetz“, der gesetzlichen Grundlage für die Stilllegungspläne und die nachfolgenden Maßnahmen. Das Gesetz soll auch die Basis für die Errichtung des „Startnetzes“ für Wasserstoff bilden. Wie berichtet, wird dieses nach den derzeitigen Planungen im Jahr 2040 etwa 2.150 Kilometer Länge aufweisen und rund 4 Milliarden Euro kosten.
Wann das „Gas- und Wasserstoff-Gesetz“ beschlossen werden könnte, ist derzeit nicht absehbar. Am 29. September wurde Österreichischs Bundesparlament neu gewählt. Seit 18. November verhandeln die Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP), die Sozialdemokraten und die liberalen Neos über die Bildung einer neuen Bundesregierung.
Klaus Fischer
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Dienstag, 19.11.2024, 15:47 Uhr
Dienstag, 19.11.2024, 15:47 Uhr
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