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Enerige & Management > Inside EU Energie - Ökostrom und Industriestrom: Brüssel lässt Fünfe gerade sein
Quelle: Pixabay / NakNakNak / E&M
INSIDE EU ENERGIE:
Ökostrom und Industriestrom: Brüssel lässt Fünfe gerade sein
Unser Brüsseler Korrespondent Tom Weingärtner kommentiert in seiner E&M-Kolumne „Inside EU Energie“ energiepolitische Themen aus dem EU-Parlament, der EU-Kommission und den Verbänden.
 
Die EU-Kommission will den grünen Aufschwung mit Steuergeld in Gang setzen. Der Wettbewerb bleibt dabei voraussichtlich auf der Strecke. Im März hatte die Kommission den Clean Industrial Deal (CID) auf den Weg gebracht. Mit dem Strategiewechsel sollen die Unternehmen entlastet werden, die durch den klimapolitischen „Green Deal“ der EU ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren drohen.

Der CID ruht auf drei Säulen: der Schaffung grüner Märkte, einer regulatorischen Entbürokratisierung und der Beschaffung von Geld für Investitionen und den laufenden Betrieb der grünen Wirtschaft. Die dritte Säule wird von der Vizepräsidentin der EU-Kommission, Teresa Ribera, als unwahr bezeichnet. Das ist nur die halbe Wahrheit.

Im Mittelpunkt des neuen „Beihilferahmens für eine saubere Industrie“ (Clean Industrial Deal State Aid Framework: CISAF) stehen die Regeln, nach denen die Mitgliedsstaaten grüne Investitionen subventionieren dürfen: in die Nutzung erneuerbarer Energien, in die Erzeugung emissionsarmer Kraftstoffe, in die Dekarbonisierung bestehender Anlagen oder in den Aufbau von Fabriken zur Herstellung grüner Technologien in der EU.

Bei der Genehmigung der Beihilfen für grüne Investitionen war die Kommission auch in der Vergangenheit großzügig. Wenn's der guten Sache dient, lässt man in Brüssel beim Wettbewerb schon mal Fünfe gerade sein. Bis 2030 will man nun noch großzügiger sein.

Nicht alle sind darüber so entzückt wie Ingbert Liebing vom Verband kommunaler Unternehmen: „Mit CISAF schafft die EU endlich einen klaren und verlässlichen Rahmen für Förderungen, die auch Stadtwerken zugutekommen. Das ist ein wichtiger Schritt für die Energiewende vor Ort.“

Mitgliedsstaaten dürfen in den nächsten fünf Jahren aber nicht nur grüne Investitionen bezuschussen, sondern auch die laufenden Kosten energieintensiver Unternehmen. Das war bislang nur in Krisenzeiten erlaubt. Jetzt wird die Ausnahmeregelung bis 2030 verlängert, um den Mitgliedsstaaten die Einführung eines subventionierten Industriestrompreises für jene Branchen zu ermöglichen, die besonders viel Strom verbrauchen und im internationalen Wettbewerb stehen. Hier zahlt sich aus, dass Teresa Ribera, die Sozialistin aus Spanien, nicht nur für die grüne Transformation, sondern auch für die Auslegung der Wettbewerbsregeln zuständig ist.
  „Energieintensiv“ sind nach CISAF alle Unternehmen, deren Energiekosten 5 Prozent der Gesamtkosten überschreiten und die mehr als 5 Prozent ihrer Umsätze im Export erzielen. Die Stromrechnung ihrer energieintensiven Unternehmen dürfen die Mitgliedsstaaten nach folgender Formel reduzieren: von 50 Prozent der jährlichen Stromrechnung dürfen sie 50 Prozent auf der Grundlage des durchschnittlichen Börsen-Strompreises (in der einschlägigen Gebotszone) übernehmen. Der Nettopreis (einschließlich Beihilfe) darf aber 50 Euro/MWh nicht unterschreiten. Das Unternehmen, das von so einer Beihilfe profitiert, muss mindestens die Hälfte davon in die grüne Transformation investieren.

Grundsätzlich dürfen die Mitgliedsstaaten die Stromkosten-Subvention nicht auszahlen, wenn der Betrieb bereits andere Beihilfen erhält. Das soll wiederum nicht für die Entlastung vom Emissionshandel gelten, die energieintensive Unternehmen in Deutschland ebenfalls erhalten. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche hat bereits angekündigt, dass sie die neue Möglichkeit nutzen und das Konzept für einen deutschen Industriestrom vorlegen will.

Grünes Licht aus Brüssel soll es auch für Beihilfen geben, um die Energieeffizienz zu verbessern. Um den Kohleausstieg zu beschleunigen, dürfen auch Investitionen in Erdgas gefördert werden, wenn die spezifischen Treibhausgase dadurch um mindestens 40 Prozent sinken.
 
Tom Weingärtner
Quelle: E&M

Der CISAF erlaubt auch nationale Beihilfen für Kapazitätsmechanismen (CM). Die Kommission unterbreitet dafür ein eigenes „Target Model“. CM der Mitgliedsstaaten, die sich an diesem Zielmodell orientieren, werden von Brüssel schneller geprüft und genehmigt, wenn sie auf höchstens zehn Jahre befristet sind.

Für den Energiebinnenmarkt ist der CISAF indes kein Förderprogramm. Eine „grüne und wettbewerbsfähige Wirtschaft“ lasse sich „nicht herbeisubventionieren“, sagt der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU): „Die Rahmenbedingungen in Europa müssen so sein, dass Unternehmen auch ohne Beihilfen wettbewerbsfähig sind.“

Der deutsche Energieverband BDEW befürchtet auch Schäden für den deutschen Strommarkt. Unternehmen, die verbilligten Industriestrom beziehen, hätten kein Interesse mehr an PPA oder am Terminhandel, sagt BDEW-Chefin Kerstin Andreae. Damit sinke die Liquidität und die Attraktivität des Großhandels für die übrigen Marktteilnehmer.
 

Tom Weingärtner
© 2025 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 26.06.2025, 12:06 Uhr

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