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Enerige & Management > Inside EU Energie - Klimaziel zwischen den Fronten
Quelle: Pixabay / NakNakNak / E&M
INSIDE EU ENERGIE:
Klimaziel zwischen den Fronten
Unser Brüsseler Korrespondent Tom Weingärtner kommentiert in seiner E&M-Kolumne „Inside EU Energie“ energiepolitische Themen aus dem EU-Parlament, der EU-Kommission und den Verbänden.
 
Wasserstoff gilt als wichtiger Energieträger einer klimafreundlichen Industrie. Wie der Hochlauf einer grünen Wasserstoffwirtschaft organisiert werden soll, bleibt umstritten. Die EU-Kommission hat in dieser Woche präzisiert, was sie in Zukunft als „CO2-armen Wasserstoff“ oder als grüne Kraftstoffe durchgehen lassen will.

Um als CO2-arm zu gelten, müssen bei der Herstellung des „Wasserstoffs und der daraus hergestellten Kraftstoffe“ mindestens 70 Prozent weniger CO2 entstehen als bei einer Produktion auf der Grundlage fossiler Brennstoffe. Die Kommission hat jetzt noch einmal deutlich gemacht, dass dabei unterschiedliche Technologien zum Einsatz kommen können. Der notwendige Strom kann aus erneuerbaren Energiequellen stammen, aber auch aus Atomkraftwerken oder fossilen Kraftwerken, wenn das dabei entstehende Kohlendioxid abgeschieden und entsorgt wird.

Die von der Kommission vorgeschlagene Methode berücksichtigt allerdings nicht den tatsächlichen Anteil des verwendeten Grünstroms. Zugrunde gelegt wird vielmehr der Anteil der emissionsarmen Energie im Jahresdurchschnitt in einem Mitgliedsstaat.
  Für die Industrie ist das ein Problem, denn einzelne Projekte, die ausschließlich mit Grünstrom betrieben werden, können damit nicht als CO2-arm anerkannt werden. Die pauschale Festlegung von Emissionswerten erschwere den Wasserstoffhochlauf erheblich, klagt BDEW-Chefin Kerstin Andreae: „Die Regelungen konterkarieren zudem die Bestrebungen, einen globalen Markt für kohlenstoffarmen Wasserstoff aufzubauen.“
 
Tom Weingärtner
Quelle: E&M

Wie der BDEW sieht auch die Gas- und Wasserstoffwirtschaft in der Vorlage der Kommission einen Schritt in die richtige Richtung. In Brüssel sei man zwar von „prohibitiv hohen Werten“ abgerückt, sagt ihr Sprecher, Timm Kehler. Ob damit ein Wasserstoff-Kernnetz gefüllt werden könne, sei aber fraglich. Auch für die chemische Industrie sind die Vorschläge aus Brüssel „wieder zu streng und schlicht nicht praxistauglich“. Die dringend benötigten Investitionen in die Erzeugung von Wasserstoff würden auf diese Weise „im schlimmsten Fall ganz ausbleiben“. Der VCI appelliert deswegen an die Bundesregierung, sich in Brüssel für Nachbesserungen einzusetzen.

Das wird nicht so einfach, weil es sich um einen sogenannten „delegierten Rechtsakt“ handelt. Der Ministerrat oder das Parlament können dagegen Einspruch einlegen, aber keine Änderungen vornehmen. Die Kommission hat allerdings Gesprächsbereitschaft signalisiert. Lösungen für die Probleme der Industrie wird es allerdings erst geben, wenn die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) novelliert wird – und das wird noch eine Weile dauern.

Gleichzeitig hat die Kommission den Unternehmen eine „pragmatische Umsetzung der Methanverordnung“ in Aussicht gestellt. Davon betroffen ist vor allem Flüssiggas, das auch für die Herstellung von Wasserstoff verwendet werden kann. Man werde sich bemühen, heißt es in einer Mitteilung der Kommission, einfache und praktische Lösungen zu finden, um die Methanemissionen zu bekämpfen.

Während dessen ist der Vorschlag der Kommission für ein Klimaziel für 2040 zwischen die politischen Fronten geraten. Der Antrag der Grünen, Liberalen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, das Klimaziel in einem vereinfachten und beschleunigten Verfahren zu verabschieden, wurde mit einer komfortablen Mehrheit abgelehnt. Damit wollten diese Fraktionen sicherstellen, dass sich die EU noch vor der nächsten Klimakonferenz COP30 verpflichtet, ihre Treibhausgase um 90 Prozent (gegenüber 1990) zu reduzieren.

Der grüne Abgeordnete Michael Bloss sieht darin einen „Dammbruch“, in der Klimapolitik, zumal die konservative Europäische Volkspartei(EVP) erneut mit der neuen Rechten gestimmt habe. Sie wird auch den Berichterstatter des Parlamentes stellen. Damit bestehe die akute Gefahr, dass „das Klimaziel der Europäischen Union beerdigt wird oder zumindest durch Tricks auf der sehr langen Bank verstaubt“, sagt Bloss. Die EU riskiere so, ohne verbindliches Klimaziel zur COP30 zu fahren.

Die EVP weist den Vorwurf zurück und besteht auf einer ordentlichen Beratung: „Die Fachausschüsse müssen angemessen eingebunden werden, allen voran der Industrieausschuss“, sagt der Abgeordnete Peter Liese (CDU). „Insbesondere sind wir der Meinung, dass das Plenum erst abstimmen sollte, nachdem der Rat seine Position festgelegt hat.“

Dort ist eine Mehrheit für ein neues Klimaziel gegenwärtig nicht erkennbar. „Ich denke, ‚grüne Entscheidungen‘ werden im nächsten halben Jahr − leider − sehr schwierig“, sagt die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. Sie führt bis Ende des Jahres die Geschäfte im Ministerrat der EU. Ihr Land habe gezeigt, dass es möglich sei, eine anspruchsvolle Klimapolitik zu machen, ohne das soziale Gleichgewicht zu beschädigen. Aber: „Es liegen so viele Dinge auf dem Tisch, wir haben so viele Herausforderungen. Darüber vergessen manche Kollegen, dass der Kampf gegen den Klimawandel eine unserer obersten Prioritäten sein sollte.“
 

Tom Weingärtner
© 2025 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 10.07.2025, 15:41 Uhr

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