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Quelle: Shutterstock / sdf_qwe
GAS:
Energietanker Russland hat Schlagseite
Drohnenangriff auf Turkish Stream, Personalabbau bei Gazprom und jüngste US-Sanktionen bringen den Energietanker Russland ins Schlingern.
Erschließung, Produktion und Absatz von russischem Erdgas stehen durch jüngste Ereignisse zur Disposition: Anfang 2025 kam
der Transit über die Ukraine für russisches Gas von den nordwestsibirischen Vorkommen zum Stillstand. Am 11. Januar informierte das russische Verteidigungsministerium Medien zufolge zudem über einen angeblich erfolglosen Angriff von
neun ukrainischen Drohnen auf die Kompressorstation Anapa in der russischen Region Krasnodar am Schwarzen Meer.
Von Anapa aus leitet der russische Gaskonzern Gazprom Gas über zwei Stränge der Turkish Stream an den türkischen Bosporus durch. Ein Strang versorgt den türkischen Markt. Der andere Strang liefert Gas in den südosteuropäischen Raum. Insgesamt kann Turkish Stream 31,5 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr durchleiten, sprich, gut doppelt so viel von dem, was die Gasleitung „Bruderschaft“ in der Ukraine nach Uschhorod an die Westgrenze durchleitete.
Fällt der Transport über Turkish Stream auch weg, ist die einstige Umgehungsstrategie in der Ostsee im Norden und im Schwarzen Meer im Süden von Präsident Wladimir Putin gescheitert: Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee ist seit September bis auf einen der vier Stränge durch einen Sabotageanschlag zerstört, der letzte Strang war kurz nach seiner Fertigstellung sanktioniert. „Geglückt“ ist Putin indes, das sowjetische Jahrhundertprojekt der Gasleitung Urengoj-Uschhorod faktisch zu eliminieren, die vor gut 50 Jahren in Betrieb ging.
Gazprom muss trotz Rekord kürzen
Verluste aus dem Wegbrechen des europäischen Marktes summieren sich derart, dass der russische Gaskonzern Gazprom in einem internen Papier laut Medien ankündigte, die Belegschaft in der St. Petersburger Zentrale von 4.100 auf 2.500 nahezu zu halbieren (wir berichteten).
Der Triumph, 2024 nach China erstmals über 30 Milliarden Kubikmeter Gas über die Gasleitung Kraft Sibiriens exportiert zu haben, kann offenbar nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Gaskonzern drastische Kürzungen vornehmen muss. Gazprom-Chef Alexej Miller selbst ließ dies in seiner Jahresansprache zusammen mit Worten zu neuen Rekorden im letzten Jahr vage durchblicken: „Das Jahr 2025 wird nicht weniger wichtig sein und noch mehr Konzentration, Aufmerksamkeit und Kraft von uns verlangen.“ In Parteitags-Manier ist er zuversichtlich, „dass Gazprom alle für 2025 gesetzten Ziele und Aufgaben mit Sicherheit erreicht“.
USA ziehen Sanktionsschlinge fest
Am 10. Januar informierten US-Behörden obendrein über neue Sanktionen gegen Russland, um Haupteinnahmequellen zur Finanzierung des Angriffskrieges in der Ukraine einzudämmen. Die Sanktionen, die Großbritannien ähnlich anordnete, richten sich gegen mehr als 180 Öl- und LNG-Tanker der sogenannten Schattenflotte und umfassen eine Reihe russischer Öl- und Gasprojekte in der Arktis.
Ebenso stehen auf der Sanktionsliste Lieferanten aus Drittstaaten wie der chinesische Technologielieferant Zhoushan Wison Offshore and Marine, der vorigen Herbst in einer geheimen Operation Kraftwerksmodule zur nordsibirischen Halbinsel Gydan verschiffte. Dort, gegenüber der Halbinsel Jamal, entsteht die zweite große Produktionsstätte Arctic LNG 2 vom größten russischen LNG Produzenten Novatek. Gegen Arctic LNG 2 und sämtliche Unternehmen, die dem Projekt zuarbeiteten, hatten die USA bereits Sanktionen verhängt. Weil sich dadurch keine Abnehmer fanden und der Abtransport mangels LNG-Spezialeistanker des Typs Arc 7 klemmt, kam die Gasverflüssigung der ersten Linie zum Stillstand.
Auch im LNG-Bauzentrum Belokamenka bei Murmansk ruhen die Montagearbeiten. Die Mitarbeiterzahl schrumpfte Medienberichten im letzten Dezember zufolge von 15.000 auf 500 Personen, da viele Hauptauftragnehmer und Subunternehmer die Region verlassen haben. Viele der verbliebenen Personen versehen im Werksgelände bei gedimmtem Licht Wachdienste.
„Rettender“ Hafen China weist Untiefen auf
Neu auf der Sanktionsliste sind zwei LNG-Anlagen an der Ostsee. Damit verlor Gazprom seine nahe gelegene Transportoption per Schiff nach Westeuropa und muss das Feld hier Novatek jetzt komplett überlassen. Von der LNG-Anlage Portowja, dem Startort der kaputten Ostseegasleitung Nord Stream 1, hatte erst kürzlich Italien seine erste LNG-Fracht erhalten.
Sprengen ukrainische Drohnen die Kompressorstation Anapa am Schwarzen Meer tatsächlich, fällt die letzte Röhrenverbindung zu Europa, und Gazprom ist mehr denn je vom Wohl und Wehe Chinas abhängig.
Die Schlagseite des Energietankers Russland nimmt nochmal zu, wenn China aufgrund von Sanktionen weniger Schiffe der Schattenflotte in heimische Häfen einlaufen lässt und die technische Unterstützung fehlt.
Von Anapa aus leitet der russische Gaskonzern Gazprom Gas über zwei Stränge der Turkish Stream an den türkischen Bosporus durch. Ein Strang versorgt den türkischen Markt. Der andere Strang liefert Gas in den südosteuropäischen Raum. Insgesamt kann Turkish Stream 31,5 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr durchleiten, sprich, gut doppelt so viel von dem, was die Gasleitung „Bruderschaft“ in der Ukraine nach Uschhorod an die Westgrenze durchleitete.
Fällt der Transport über Turkish Stream auch weg, ist die einstige Umgehungsstrategie in der Ostsee im Norden und im Schwarzen Meer im Süden von Präsident Wladimir Putin gescheitert: Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee ist seit September bis auf einen der vier Stränge durch einen Sabotageanschlag zerstört, der letzte Strang war kurz nach seiner Fertigstellung sanktioniert. „Geglückt“ ist Putin indes, das sowjetische Jahrhundertprojekt der Gasleitung Urengoj-Uschhorod faktisch zu eliminieren, die vor gut 50 Jahren in Betrieb ging.
Gazprom muss trotz Rekord kürzen
Verluste aus dem Wegbrechen des europäischen Marktes summieren sich derart, dass der russische Gaskonzern Gazprom in einem internen Papier laut Medien ankündigte, die Belegschaft in der St. Petersburger Zentrale von 4.100 auf 2.500 nahezu zu halbieren (wir berichteten).
Der Triumph, 2024 nach China erstmals über 30 Milliarden Kubikmeter Gas über die Gasleitung Kraft Sibiriens exportiert zu haben, kann offenbar nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Gaskonzern drastische Kürzungen vornehmen muss. Gazprom-Chef Alexej Miller selbst ließ dies in seiner Jahresansprache zusammen mit Worten zu neuen Rekorden im letzten Jahr vage durchblicken: „Das Jahr 2025 wird nicht weniger wichtig sein und noch mehr Konzentration, Aufmerksamkeit und Kraft von uns verlangen.“ In Parteitags-Manier ist er zuversichtlich, „dass Gazprom alle für 2025 gesetzten Ziele und Aufgaben mit Sicherheit erreicht“.
USA ziehen Sanktionsschlinge fest
Am 10. Januar informierten US-Behörden obendrein über neue Sanktionen gegen Russland, um Haupteinnahmequellen zur Finanzierung des Angriffskrieges in der Ukraine einzudämmen. Die Sanktionen, die Großbritannien ähnlich anordnete, richten sich gegen mehr als 180 Öl- und LNG-Tanker der sogenannten Schattenflotte und umfassen eine Reihe russischer Öl- und Gasprojekte in der Arktis.
Ebenso stehen auf der Sanktionsliste Lieferanten aus Drittstaaten wie der chinesische Technologielieferant Zhoushan Wison Offshore and Marine, der vorigen Herbst in einer geheimen Operation Kraftwerksmodule zur nordsibirischen Halbinsel Gydan verschiffte. Dort, gegenüber der Halbinsel Jamal, entsteht die zweite große Produktionsstätte Arctic LNG 2 vom größten russischen LNG Produzenten Novatek. Gegen Arctic LNG 2 und sämtliche Unternehmen, die dem Projekt zuarbeiteten, hatten die USA bereits Sanktionen verhängt. Weil sich dadurch keine Abnehmer fanden und der Abtransport mangels LNG-Spezialeistanker des Typs Arc 7 klemmt, kam die Gasverflüssigung der ersten Linie zum Stillstand.
Auch im LNG-Bauzentrum Belokamenka bei Murmansk ruhen die Montagearbeiten. Die Mitarbeiterzahl schrumpfte Medienberichten im letzten Dezember zufolge von 15.000 auf 500 Personen, da viele Hauptauftragnehmer und Subunternehmer die Region verlassen haben. Viele der verbliebenen Personen versehen im Werksgelände bei gedimmtem Licht Wachdienste.
„Rettender“ Hafen China weist Untiefen auf
Neu auf der Sanktionsliste sind zwei LNG-Anlagen an der Ostsee. Damit verlor Gazprom seine nahe gelegene Transportoption per Schiff nach Westeuropa und muss das Feld hier Novatek jetzt komplett überlassen. Von der LNG-Anlage Portowja, dem Startort der kaputten Ostseegasleitung Nord Stream 1, hatte erst kürzlich Italien seine erste LNG-Fracht erhalten.
Sprengen ukrainische Drohnen die Kompressorstation Anapa am Schwarzen Meer tatsächlich, fällt die letzte Röhrenverbindung zu Europa, und Gazprom ist mehr denn je vom Wohl und Wehe Chinas abhängig.
Die Schlagseite des Energietankers Russland nimmt nochmal zu, wenn China aufgrund von Sanktionen weniger Schiffe der Schattenflotte in heimische Häfen einlaufen lässt und die technische Unterstützung fehlt.
Josephine Bollinger-Kanne
© 2025 Energie & Management GmbH
Montag, 20.01.2025, 17:42 Uhr
Montag, 20.01.2025, 17:42 Uhr
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