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Enerige & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Drei, zwei, eins, Ertragsprognose
Quelle: E&M
AUS DER AKTUELLEN ZEITUNG:
Drei, zwei, eins, Ertragsprognose
KI unterstützt zunehmend die Vorhersage von Wind- und PV-Stromerträgen. Antworten dazu gibt der Chef des Potsdamer Dienstleisters 4 Cast, Sascha Bauer.
 
E&M: Herr Bauer, Wind- und Sonnenertragsprognosen, die einen Nettoenergieertrag pro Jahr vorhersagen, sind schon lange etabliert. Damit soll Finanzierern die Eignung von Standorten nachgewiesen werden. Was machen Sie als Gutachter anders?

Bauer: Wir denken den Prozess radikal neu und richten ihn konsequent an den Anforderungen unserer Kunden aus. Wir bieten eine schnelle und automatisierte Ertragsprognose, die in nur drei Werktagen entscheidungsreife Ergebnisse liefert. Das ist perfekt für die ersten Schritte in der Projektentwicklung, wenn es darum geht, Standorte und Planungen zügig zu bewerten.
Unsere DAkkS-akkreditierten (DAkkS: Deutsche Akkreditierungsstelle; d. Red.) Windgutachten heben die Präzision auf ein neues Level und sind unverzichtbar für die Finanzierung. Aber hier hören wir nicht auf: Mit hochpräzisen Intraday- und Day-Ahead-Prognosen helfen wir unseren Kunden, Energiehandelsvolumina sicher zu planen und die Netzstabilität zu gewährleisten. 
Besonders stolz bin ich auf unseren Ansatz für Repowering-Projekte. Hier greifen wir historische und aktuelle Daten auf, um bestehende Standorte weiterzuentwickeln.
E&M: Inwiefern sind Ihre Prognosen besser als von anderen?

Bauer: Unsere Prognosemodelle, die auf modernsten Machine-Learning-Algorithmen basieren, ermöglichen eine präzise Vorhersage von Wetterereignissen und deren Auswirkungen auf die Energieerzeugung. Durch die Integration von Live-Produktionsdaten und einer umfassenden Event-Datenbank gewährleisten wir eine beispiellose Genauigkeit.

E&M: KI ist in aller Munde. Sie haben sich laut Selbstdarstellung auf Maschinelles Lernen spezialisiert. Wie stark präzisiert ML Ihre Prognosen?

Bauer: Bei 4 Cast setzen wir Maschinelles Lernen und Deep Learning gezielt ein, um Mehrwerte zu schaffen − und nicht, um einfach nur einem Trend zu folgen. ML hilft uns, aus riesigen Datenmengen versteckte Muster zu erkennen, die mit klassischen Methoden unsichtbar bleiben. Besonders bei Intraday- und Day-Ahead-Prognosen macht das den entscheidenden Unterschied, weil wir hier auf hochfrequente Wetterschwankungen reagieren können. Unsere Stärke liegt darin, dass wir ML nicht als statische Lösung betrachten. Wir entwickeln unsere Modelle kontinuierlich weiter, führen Retrainings durch und vergleichen sie.

E&M: Der Wind- und Solarstromertrag ist stark wetterabhängig. Es braucht also Wettermodelle, um ihn vorherzusagen. Wie valide sind diese für die technische Lebensdauer einer Erneuerbaren-Anlage?

Bauer: Eine absolut valide Wetterprognose für die nächsten 20 Jahre gibt es nicht − und es wäre auch unseriös, das zu behaupten. Stattdessen setzen wir auf Reanalyse-Daten, die mehrere Jahrzehnte zurückreichen, und analysieren historische Wettertrends, um verlässliche Szenarien zu entwickeln. Darin integrieren wir Erkenntnisse über erkennbare Muster und Projektionen. Natürlich bleibt eine gewisse Unsicherheit wie bei jeder Prognose, aber diese weisen wir transparent aus.

E&M: Sie erstellen Kurz- und Langfristprognosen für verschiedene Zielgruppen. Was ist der Unterschied im technischen Ansatz?

Bauer: Der Unterschied liegt in der Zielsetzung und der Methodik. Intraday- und Day-Ahead-Prognosen sind darauf ausgelegt, flexibel auf aktuelle Wetterveränderungen zu reagieren. Dafür kombinieren wir Echtzeitdaten mit historischen Produktions- und Wetterdaten. Mit Machine Learning und Deep Learning können wir hier Präzision erreichen. Das ist entscheidend für Direktvermarkter und Netzbetreiber, die schnelle und verlässliche Entscheidungen treffen müssen. Langfristprognosen hingegen basieren auf historischen Wetterdaten, Windatlanten und physikalischen Modellen. Sie sind die Basis für Projektentwickler, die die Planung und Rentabilität ihrer Projekte im Blick haben.

E&M: 4 Cast berücksichtigt auch behördliche Abschaltauflagen für Windparks, wurde mir im Vorgespräch gesagt. Die fallen ja pro Windpark sehr individuell aus. Pauschalisieren Sie die Ertragsverluste oder durchforsten Sie etwa bundesweit immissionsrechtliche Genehmigungen?

Bauer: Informationen zu Abschaltauflagen und Vorbelastungen wie zum Beispiel durch Fledermaus- oder Vogelschutz fließen direkt in unsere Berechnungen ein. Für unser Schnellabschätzungsprodukt setzen wir zudem auf bewährte Standards wie die TR6 (Technische Richtlinie 6; d. Red.), um eine konsistente Basis zu schaffen.
Bei Intraday- und Day-Ahead-Prognosen müssen wir besonders flexibel sein. Hier greifen wir auf kurzfristige Abschaltungen zurück, die uns über unsere API (Application Programming Interface, Schnittstelle zwischen Anwendungen; d. Red.) direkt von unseren Kunden mitgeteilt werden.
 
Sascha Bauer
Quelle: 4 Cast


Zur Person

Sascha Bauer (50) ist CEO der „4cast GmbH & Co. KG“ mit Sitz in Potsdam, einem spezialisierten Dienstleister für Prognosen im Bereich erneuerbarer Energien. Zielgruppen des Unternehmens sind Direktvermarkter, Projektentwickler von Wind- und Solarparks sowie die Industrie. Der Firmenname „4cast“ ist ein Wortspiel aus „forecast“ (Vorhersage) und der Zahl „four“ (vier). Das Unternehmen wurde 2016 gegründet und agiert eigenständig innerhalb der Notus-Energy-Gruppe. Auf der Leitmesse E-world in Essen vom 11. bis 13. Februar ist es mit einem Stand in der Galeria direkt vor Halle 4 vertreten.
 

Georg Eble
Redakteur
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