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Enerige & Management > Wärmenetz - Bundeskartellamt geht weiter gegen überhöhte Fernwärmepreise vor
Quelle: Bundeskartellamt
WÄRMENETZ:
Bundeskartellamt geht weiter gegen überhöhte Fernwärmepreise vor
Das Bundeskartellamt sieht den Anfangsverdacht auf missbräuchliche Preisanpassungen bei mehreren Fernwärmeversorgern erhärtet. Das Verfahren zeigt, dass es dringend Reformen braucht. 
 
Das Bundeskartellamt hat seit Längerem ein Auge auf die Preisgestaltung bestimmer Fernwärmeversorger geworfen. Das Kartellamt vermutet, dass es die Anbieter bei der Gestaltung ihrer Tarife mit der geltenden Rechtslage nicht immer so genau nehmen. Sie sehe in bestimmten Fällen den Verdacht auf „missbräuchlich überhöhte Preissteigerungen“ nun erhärtet, teilte die Behörde mit. Daher werde sie das Verfahren weiter fortsetzen. Bundeskartellamts-Präsident Andreas Mundt nahm dies außerdem zum Anlass, zu betonen, dass er hier dringenden Handlungsbedarf sieht − vor allem seitens des Gesetzgebers.

Seit Ende des Jahres 2023 prüft das Bundeskartellamt bei insgesamt sieben Stadtwerken und Fernwärmeversorgern, ob sie „überhöhte Preissteigerungen im Zeitraum von 2021 bis 2023“ an ihre Kundschaft weitergegeben haben. Die Behörde prüft dabei insbesondere die konkrete Anwendung von „Preisanpassungsklauseln bei insgesamt neun unterschiedlichen Fernwärmenetzen“ (wir berichteten). Der Anfangsverdacht der Behörde: Anbieter hätten ihre Preise nach der Pandemie und während der Energiekrise missbräuchlich erhöht − also ihre Marktmacht ausgenutzt. 

Bei den laufenden Prüfungen geht es um neun Fernwärmenetze, wie das Kartellamt weiter mitteilte. Bei bislang vier dieser Netze ist das Bundeskartellamt „nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen der Auffassung, dass sich der Anfangsverdacht erhärtet hat und zu Ungunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher rechtswidrige Preisanpassungsklauseln verwendet wurden“. Hinsichtlich dieser – aber auch der übrigen fünf Netze – wird das Verfahren fortgeführt.

Die Behörde wirft den Anbietern vor, dass sie „teilweise kostendämpfende Komponenten nicht berücksichtigt“ hätten bei der Preisgestaltung. Bis zum endgültigen Abschluss der Verfahren will das Bundeskartellamt „aus verfahrensrechtlichen Gründen“ jedoch nicht über die beteiligten Unternehmen oder weitere Details informieren.

Aber: Kartellamt gegen Regulierung bei Fernwärme 
Bereits im Juni vergangenen Jahres hatte Mundt bei der Vorstellung des Jahresberichts betont, dass er für das Kartellamt in punkto Fernwärme ein neues Betätigungsfeld sieht. Hier gehe es nicht nur um ein „natürliches Monopol“ sondern auch um einen Sektor, dem im Rahmen der Energiewende eine besondere Bedeutung zukomme, sagte er damals.

Eine eigene Regulierung der Branche − wie sie in den vergangenen Wochen öffentlich debattiert wurde − sieht Mundt aber als schwierig an: „Angesichts der Vielzahl und Unterschiedlichkeit der Netze wäre eine echte Regulierung de facto unmöglich“. Insgesamt gebe es in Deutschland 4.000 Fernwärmenetze von unterschiedlicher Größe und Konzeption. Die Zahl der Nutzer reiche von einem bis 16.000. Einheitliche Regeln seien da nicht zielführend.

Zum Hintergrund: Die Branche fordert seit Jahren eine Reform der „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme“ (AVBFernwärmeV). Denn sie ist die Grundlage für die Ausgestaltung von Preisanpassungsklauseln in Fernwärmelieferungsverträgen mit privaten Endkundinnen und Endkunden. Eine solche Reform lässt aber nach wie vor aus sich warten. 

Vor der Bundestagswahl hatte dann der Bundesverband Verbraucherzentrale das Schlagwort Regulierung wieder auf die Tagesordnung gebracht. Der Verband hat ein Gutachten erstellen lassen und veröffentlicht, das unter anderem vorschlägt, eine Preisaufsichtsbehörde im Fernwärmesektor einzurichten. Diese hätte die Aufgabe, eine Obergrenze für Wärmepreise festzulegen und deren Einhaltung zu kontrollieren. 

Für Bundeskartellamtspräsident Mundt ist dies der falsche Weg, er schlägt stattdessen vor: „Wir brauchen Transparenz nicht nur über die Preise, sondern vor allem über die Kosten der Unternehmen, klare Vorgaben zur Preisgestaltung und eine Stärkung der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht in diesem Bereich.“ 

Der Fernwärme-Spitzenverband AGFW stellt sich in einer Mitteilung auf die Seite des Bundeskartellamts. Eine Regulierung wegen der Komplexität und der Besonderheiten des Marktes sei nicht sinnvoll. Stattdessen sei eine Änderung der AVBFernwärme-Verordnung geboten, erklärt AGFW-Geschäftsführer Werner Lutsch: „Wichtig ist aus unserer Sicht dabei ein Gleichgewicht zwischen der Stärkung der Verbraucherrechte und dem Setzen von Investitionsanreizen für die Unternehmen.“

Dazu zählt für den AGFW unter anderem ein gesetzlich verankertes Preisanpassungsrecht für die Versorger, die Milliarden in die Umstellung ihrer Erzeugung auf klimaneutrale Technologien investieren müssten. „Wir hoffen daher, dass sich die neue Bundesregierung sehr zeitnah der Novelle der AVBFernwärmeV annimmt“.
 

Heidi Roider
Redakteurin und Chefin vom Dienst
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