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Enerige & Management > Inside EU Energie - Brüssel plant Totalverbot für russisches Gas
Quelle: Pixabay / NakNakNak / E&M
INSIDE EU ENERGIE:
Brüssel plant Totalverbot für russisches Gas
Unser Brüsseler Korrespondent Tom Weingärtner kommentiert in seiner E&M-Kolumne „Inside EU Energie“ energiepolitische Themen aus dem EU-Parlament, der EU-Kommission und den Verbänden.
 
In Brüssel rätselt man weiter über die Ursachen des Blackouts Ende April auf der iberischen Halbinsel. Eine Arbeitsgruppe des Verbandes der Übertragungsnetzbetreiber, Entsoe, werde den Vorfall genau untersuchen, versicherte Energiekommissar Dan Jörgensen in dieser Woche. Und er fügte hinzu: Es gebe keinen Grund zu der Vermutung, dass die stark ausgebauten erneuerbaren Energien in Spanien dabei eine Rolle gespielt hätten.

Dass es auch zehn Tage nach dem Blackout noch keinen Hinweis auf die Ursachen gibt, machte es den Konservativen indes leicht, den Verdacht genau in diese Richtung zu lenken: Der Blackout sei die Folge einer ideologiegetriebenen Energiepolitik der sozialistischen Regierung in Madrid, die Kohle- und Atomkraftwerke heruntergefahren habe, um Windräder und Solaranlagen ans Netz zu bringen und ihre grünen Träume zu verwirklichen. Verantwortlich dafür sei nicht zuletzt die ehemalige spanische Umwelt- und Energieministerin, Teresa Ribera, heute Vizepräsidentin der EU-Kommission.

Erste Konsequenzen aus dem iberischen Blackout hat der Energiekommissar am Mittwoch vor dem Europäischen Parlament angekündigt. Die Mitgliedsstaaten müssten sich besser auf solche Krisen vorbereiten und mehr in den Ausbau der erneuerbaren Energien und in die Netze, insbesondere in die grenzüberschreitenden Interkonnektoren investieren. Ein stärker integrierter Elektrizitätsmarkt sei die beste Rückversicherung gegen regionale Systemausfälle. Anfang nächsten Jahres werde die Kommission außerdem Vorschläge vorlegen, mit denen sich die Mitgliedsstaaten wirksamer gegen physische Angriffe und Cyberattacken auf ihre Stromnetze zur Wehr setzen könnten.

Problem der Einstimmigkeit will die EU umgehen

Um die Versorgungssicherheit geht es auch bei den Plänen, sich endgültig vom russischen Erdgas zu lösen, die die Kommission am Dienstag vorgelegt hat. Darüber denkt man in Brüssel schon seit 2022 nach, aber im letzten Jahr deckte die EU immer noch 19 Prozent ihrer Importe durch Lieferungen aus Russland: 32 BCM über Pipelines und 20 BCM über LNG. Ende 2027 soll damit endgültig Schluss sein, aus Gründen der Versorgungssicherheit und weil man nicht mehr in Putins Kriegskasse einzahlen wolle, sagte Jörgensen.

Politisch ist die Operation nicht trivial, denn noch immer spielt russisches Erdgas für einige Länder im Südosten der Union eine wichtige Rolle, allen voran Ungarn und die Slowakei. Damit sie kein Veto einlegen können, will die Kommission den Gasimport nicht durch Sanktionen beschränken, sondern durch europäische Verordnungen. Sie können mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden, greifen aber möglicherweise in das Recht der Mitgliedsstaaten ein, über ihren Energiemix selber zu entscheiden. Eine juristische Lösung für dieses Problem hat die Kommission am Dienstag nicht vorgelegt.

Jörgensen versicherte, man werde die Importe von russischem Gas schrittweise zurückfahren und für Alternativen sorgen. Auf das Preisniveau werde der Ausstieg deswegen nur begrenzte Auswirkungen haben. Das internationale Umfeld für einen Lieferantenwechsel ist günstig. Auf dem Weltmarkt steigt das Flüssigerdgas-Angebot und China, der größte Kunde für LNG, benötigt in Zukunft voraussichtlich weniger Flüssigerdgas.

Schwieriger ist die Operation für die Unternehmen in der EU, die lange Lieferverträge mit Gazprom haben. Nicht selten sind darin Mindestmengen vereinbart, die sie auch dann bezahlen müssen, wenn sie das Gas nicht abnehmen. Ihre Verträge sollen spätestens Ende 2027 auslaufen. Die EU-Verordnung soll sie gegen Regressforderungen der Russen schützen.

Um den Ausstieg aus den russischen Gasimporten zu planen und zu managen will man die Unternehmen in Brüssel verpflichten, ihre Lieferverträge offenzulegen. Alle Lieferungen müssten transparent und nachverfolgbar sein, heißt es im Ausstiegsplan der Kommission. Auf dieser Grundlage sollen die Mitgliedsstaaten nationale Ausstiegspläne vorlegen. Darin müssen quantifizierte Ziele und Optionen zum Ersatz des russischen Gases enthalten sein.

In Brüssel geht man davon aus, dass die EU das russische Gas ohne größere Probleme ersetzen kann. Ihren Gasverbrauch werde die Union bis 2027 um 40 bis 50 BCM reduzieren. Gleichzeitig steige das Angebot auf dem Weltmarkt bis Ende 2026 um 85 bis 90 BCM und in den nächsten Jahren gingen neue LNG-Terminals mit einer Kapazität von 70 BCM in der EU ans Netz.

Beenden will die Kommission auch die Importe von angereichertem Uran und anderen nuklearen Produkten und Dienstleistungen aus Russland. Der Ersatz für jene Mitgliedsstaaten, die russische Atomtechnik nutzen, ist jedoch wesentlich schwieriger als beim Gas. Ein Datum für das Ende der nuklearen Zusammenarbeit dieser Länder mit Russland wollte Jörgensen deswegen nicht nennen.

 
Tom Weingärtner
Quelle: E&M

 
 

Tom Weingärtner
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Donnerstag, 08.05.2025, 13:03 Uhr

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