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Enerige & Management > Klimaschutz - Zwei Szenarien für die Energiewende
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KLIMASCHUTZ:
Zwei Szenarien für die Energiewende
Die globale Energiewende hat sich in den letzten Jahren beschleunigt und auch eine ökonomische Eigendynamik entwickelt.
 
Zu diesem Ergebnis kommt der jüngste Ausblick des Medienkonzerns Bloomberg auf die globalen Energiemärkte. Die Autoren untersuchen zwei Szenarien einer möglichen, weiteren Entwicklung bis 2050. Beide Szenarien gehen von einem weiter wachsenden Energiebedarf und Wohlstand aus.

Im Szenario des wirtschaftlichen Übergangs (Economic Transition Szenario: TS) werden die historischen Trends fortgeschrieben: Die Energieeffizienz würde weiter steigen und klimafreundliche Technologien würden fossile Energieträger nach den Regeln des technischen Fortschritts und der Wettbewerbsfähigkeit verdrängen. Die globalen Emissionen würden im TS bis 2050 um 27 Prozent zurückgehen. Der Temperaturanstieg würde Ende des Jahrhunderts 2,6 Grad Celsius erreichen.

Das TS erfordere keine weiteren politischen Eingriffe oder Fördermaßnahmen, setze aber voraus, dass saubere Technologien Zugang zu den Märkten erhalten und sich im Wettbewerb behaupten könnten. Die Kapazität zur Nutzung erneuerbarer Energien würde sich dann bis 2030 verdoppeln und bis 2050 vervierfachen. Bis Ende des Jahrzehntes würde dann global mehr als die Hälfte des Stroms aus Erneuerbaren gewonnen. Der Energiebedarf würde bis 2050 um rund ein Drittel steigen, könnte aber wegen der höheren Energieeffizienz mit der gleichen Primärenergie gedeckt werden.

Fossile Brennstoffe verschwinden nicht vollständig

Zwei Drittel der CO2-Reduktion bis 2050 gehe auf die Transformation des Energiesektors zurück, dessen Dekarbonisierung durch Sonnen-, Wind- und Atomenergie weiter fortschreite. Zweite Säule der Dekarbonisierung wären die Elektrifizierung des Verkehrs durch Elektroautos (EV), des Gebäudesektors und der Industrie, die 15 Prozent zur Reduktion der Treibhausgase beitragen würden, 12 Prozent würden durch Effizienzgewinne verursacht. Die globale Stromnachfrage würde im TS bis 2050 um 70 Prozent steigen. Trotzdem würde die Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen ohne CCS bis 2030 um 22 und bis 2050 um 39 Prozent zurückgehen. Die nuklearen Kapazitäten würden bis zur Mitte des Jahrhunderts um etwa ein Drittel wachsen.

Fossile Brennstoffe würden im TS nicht vollständig verschwinden. Die Erdgasnachfrage gehe in den nächsten Jahren leicht zurück, steige aber ab Mitte der 2030er Jahre wieder an. Der Bedarf nach mehr Flexibilität werde im TS zu etwas mehr als der Hälfte durch Batterie-, Pumpspeicher und Spitzenlastkraftwerke gedeckt, etwas weniger als die Hälfte könne die Steuerung der Nachfrage beitragen.

Erneuerbare, Elektrifizierung, CCS

Dem stellt Bloomberg das Netto-Null-Szenario (Net Zero Szenario: ZS) gegenüber, in dem die Emissionen nicht mehr weiter steigen dürften. Die Energiewirtschaft müsste ihre Emissionen bis 2035 um 93 Prozent senken, die Kapazitäten zur Nutzung erneuerbarer Energien müssten bis bis 2030 verdreifacht und bis 2040 noch einmal verdoppelt werden. Ab 2034 dürften keine Autos mit Verbrenner mehr zugelassen werden und 2046 müsse die gesamte Fahrzeugflotte elektrifiziert sein.

Ab 2030 müssten 3,9 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr eingelagert werden, bis 2050 würde der CCS-Bedarf auf jährlich 8,1 Milliarden Tonnen steigen. Für die Industrie und den Verkehr müsste die Produktion von grünem Wasserstoff bis zur Mitte des Jahrhunderts auf jährlich 390 Millionen Tonnen hochgefahren werden. Die Treibhausgase könnten dann bis 2050 auf Null reduziert und der Temperaturanstieg auf 1,75 Grad begrenzt werden.

Die größte Aufgabe im ZS sieht Bloomberg in der Elektrizitätswirtschaft, die etwa die Hälfte der Emissionssenkung erbringen müsse, gefolgt von der Elektrifizierung der Industrie, des Verkehrs- und Gebäudesektors, was etwa ein Viertel ausmachen würde. Das restliche Viertel der Emissionen müsse durch den Einsatz von Wasserstoff, Biokraftstoffen, CCS und anderen Technologien beseitigt werden.

Emissionsreduzierung von entscheidender Bedeutung

Entscheidend sei, dass in den nächsten zehn Jahren durchgreifende Erfolge bei der Senkung der Treibhausgase erzielt würden. In der Elektrizitätswirtschaft dominierten dabei die Erneuerbaren, die in Australien und Lateinamerika bis zu 95 Prozent der Stromerzeugung erreichen könnten. In Ländern mit viel Atomkraft wie Frankreich oder Korea rechnet Bloomberg mit einem deutlich geringeren Anteil von etwa zwei Dritteln. Fossile Brennstoffe mit CCS spielten weiter eine signifikante Rolle. In Asien setze man dabei weiter auf Kohle, in den USA eher auf Erdgas.

Das ZS-Szenario lasse sich mit neun Schlüsseltechnologien verwirklichen, von denen allerdings nur neun ausgereift seien: erneuerbare Energien, Elektroautos, Energiespeicher und Energienetze. CCS, Atomkraft, Wasserstoff, Wärmepumpen und nachhaltige Kraftstoffe könnten sich dagegen noch nicht am Markt behaupten.

Insgesamt müssten für den beschleunigten Umbau der globalen Wirtschaft (ZS) bis 2050 rund 215 Billionen Dollar investiert werden, „nur 19 Prozent“ mehr als für das Szenario TS mit 181 Billionen. Gemessen an 1,8 Billionen Dollar, die im letzten Jahr für saubere Energie investiert wurden, müssten die Investitionen dafür in den nächsten Jahren verdreifacht werden. Im Gegenzug könnten die Investitionen für die fossile Energieerzeugung schneller zurückgeführt werden.
 
 

Tom Weingärtner
© 2024 Energie & Management GmbH
Dienstag, 28.05.2024, 16:48 Uhr

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