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Enerige & Management > Windkraft Onshore - Zwei NRW-Stadtwerke an 60 neuen Turbinen beteiligt
Der Windpark "Letter Bruch" in Coesfeld (NRW). Quelle: SL Naturenergie
WINDKRAFT ONSHORE:
Zwei NRW-Stadtwerke an 60 neuen Turbinen beteiligt
Das gibt es aktuell wohl nur im Westmünsterland: Eine Stadtwerke-Tochter ist mit dem lokalen Ausbau von mehr als 60 Windkraftanlagen befasst – und das in nur zwei Kommunen.
 
Die Gunst der Stunde nutzen wollen die Städte Coesfeld und Borken mit ihren Stadtwerken: Vom kommenden Jahr an entstehen auf den Flächen der beiden westmünsterländischen Kommunen mehr als 60 Windenergieanlagen.

Einfluss auf die unterschiedlichen Projekte nehmen die Stadtwerke Borken und Coesfeld (NRW) über ihre gemeinsame Tochter Emergy eine 2018 zur Bündelung auch der Erneuerbaren-Projekte gegründeten „Führungs- und Servicegesellschaft“. Sie werde sich am Windkraft-Ausbau mit rund 25 Millionen Euro beteiligen, so Thomas Abels, Emergy-Bereichsleiter für Unternehmenssteuerung und -entwicklung, gegenüber unserer Redaktion.

Bei dieser Summe handelt es sich ebenso um eine Schätzung wie bei der Anzahl der Turbinen. Denn während auf Borkener Gebiet die Genehmigungsverfahren für 33 Anlagen bereits auf einem guten Weg sind, befinden die Planungen für Coesfeld sich noch in einer Frühphase. Im kaum bevölkerten Süden der Kommune, wo der Zubau einfacher erfolgen kann, geht Thomas Abels aktuell von 28 möglichen Anlagen aus. Eine Schwankung in beide Richtungen will er nicht ausschließen. Das hänge auch vom Verlauf der erforderlichen Gespräche mit Flächeneigentümern ab, sagt er.
 
Erhalten bald neue Nachbarn, die in den Coesfelder Himmel wachsen: die Geschäftsführer des Bäuerlichen Bürgerwindparks Letter Görd: (v. l.) Hans-Dieter Logemann, Bodo Wissing, Christoph Rawert
Quelle: E&M / Volker Stephan

Die Emergy sitzt bei allen infrage kommenden Standorten mit im Boot. Das liegt am wohl einzigartigen Beteiligungsmodell, das die Lokalpolitik zunächst in Coesfeld und später auch in Borken für den Windkraft-Ausbau festgeschrieben hat. Wer in den beiden Kommunen ein Projekt umsetzen will, muss die Emergy obligatorisch als geduldeten Anteilseigner mit 20 Prozent beteiligen.

Emergy sammelt bis zu 25 Millionen Euro in der Bevölkerung ein

Dies geht weit über die gesetzlich verankerte Empfehlung hinaus, nach der 0,2 Ct/kWh ins Netz eingespeisten Ökostroms später an die Kommune wandern müssen. Auch die Beteiligung der Flächeneigentümer an den Projektgesellschaften ist ein Merkmal des Konzepts.

Die Beteiligung der Emergy läuft nach Thomas Abels’ grober Rechnung auf einen Umfang von etwa 10,5 Millionen Euro für die Coesfelder und rund 14 Millionen Euro für die Borkener Projekte hinaus. Dies ist Geld, zu dem die Emergy sehr wahrscheinlich keinen einzigen Cent selbst beitragen wird. Vielmehr gründen sich aktuell Konsortien von interessierten Bürgerinnen und Bürgern, die vorhandene Mittel in die lokale Energiewende stecken möchten. Bei einzelnen Projekten, sagt Thomas Abels, könne die Beteiligung lokaler Investoren sogar bis zu 50 Prozent betragen.

Das Modell ist erprobt. In den Jahren 2020 und 2021 hatte Coesfeld Schlagzeilen damit gemacht, gegen den Trend in Nordrhein-Westfalen, das damals noch von der Windkraft-kritischen CDU-FDP-Koalition regiert war, die Windkraft massiv auszubauen.

Milan Nitzschke war mit seinem Unternehmen SL Naturenergie seinerzeit bereits ein Partner für einen Park mit 13 Anlagen im Naturschutzgebiet Letter Bruch. Sein Unternehmen sei auch jetzt wieder interessiert an einer Kooperation. „Die Stadt hat schon viel getan. Es ist großartig, dass sie noch mehr Windenergie ermöglichen will“, so Nitzschke im Gespräch.

Kommunen denken über den Eigenbedarf hinaus

Er ist auch stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbands Windenergie (BWE) und lobt in dieser Funktion das Ansinnen der Kommunen, über die neuen Projekte weiter Verantwortung für das Klima zu übernehmen und zugleich der Bevölkerung dauerhaft bezahlbaren Strom zu liefern.

Thomas Abels ergänzt, dass etwa Coesfeld bereits jetzt weit mehr als den in der Stadt verbrauchten Strom produziere. Nicht überall in der Republik, sagt er, könnten oder wollten Gemeinden Windkraft zubauen. Daher benötige es Städte wie Coesfeld und Borken, die mehr als für den örtlichen Bedarf erforderlich tun.

Weil Coesfeld Anfang der 2020er-Jahre die Bremse löste und nach mageren 30 MW an Windkraft-Kapazität schnell in den dreistelligen Leistungsbereich schoss, sind die neuen Planungen hier noch in den Startlöchern. Thomas Abels rechnet mit einer Realisierung der gut zwei Dutzend Anlagen (etwa 164 MW neuer Kapazität) gegen Ende des Jahrzehnts.

Borken dagegen, das im Vergleich Nachholbedarf im Bereich Windstrom hat, reitet seine erste große Ausbauwelle nun eben mit etwas Verzögerung. Hier sollen die ersten der 33 geplanten Anlagen (annähernd 200 MW) in den Jahren 2025 bis 2027 entstehen.
 

Volker Stephan
© 2024 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 11.07.2024, 16:58 Uhr

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