
Quelle: Pixabay / NakNakNak / E&M
INSIDE EU ENERGIE:
Zoff ums Klimaziel
Unser Brüsseler Korrespondent Tom Weingärtner kommentiert in seiner E&M-Kolumne „Inside EU Energie“ energiepolitische Themen aus dem EU-Parlament, der EU-Kommission und den Verbänden.
Eine Wahl hatte die Kommission nicht wirklich. Im geltenden Klimaschutzgesetz der EU ist vorgesehen, dass sie auf dem Weg
zur Klimaneutralität, die 2050 erreicht werden soll, ein Zwischenziel für 2040 vorschlagen muss. Und bereits im Februar 2024
hatte sie empfohlen, die Treibhausgase der EU bis 2040 um 90 Prozent (gegenüber 1990) zu reduzieren. Damals hielt man es in
Brüssel für möglich, dieses Ziel alleine innerhalb der EU zu erreichen.
Seitdem ist ein neues Parlament gewählt worden, eine neue Kommission (unter der alten Präsidentin) ist ins Amt gekommen und die Stimmung ist umgeschlagen. Im Klimaschutz sieht man in Brüssel immer noch eine Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie soll dadurch aber nicht gefährdet werden.
Von diesem Wunsch haben sich die Kommissarinnen und Kommissare jetzt leiten lassen. Bis 2040 soll die EU zwar 90 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen, aber auf dieses Ziel dürfen nun auch CO2-Reduktionen in anderen Ländern angerechnet werden.
Um das Klimaziel zu erfüllen, dürfen bis zu drei Prozent der erforderlichen Reduktionen durch Zertifikate aus dem internationalen Emissionshandel erbracht werden. Weil die drei Prozent auf der Basis von 1990 kalkuliert werden, sind das in absoluten Zahlen rund 150 Mio. Tonnen, etwa zehn Prozent der dann noch im ETS verfügbaren Zertifikate. Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ein ähnliches Klimaziel formuliert wird.
Die Klimalobby sieht darin einen gefährlichen Sündenfall. Der Rückgriff auf die Zertifikate nach Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens verleihe dem Klimaziel „einen bitteren Beigeschmack“, sagt der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss. Die EU dürfe ihrer Verpflichtung zum Klimaschutz nicht durch „fragwürdige, internationale Emissionszertifikate“ nachkommen, heißt es beim Umweltverband WWF.
Klimakommissar Hoekstra weist Vorwürfe zurück
Klimakommissar Wopke Hoekstra weist die Vorwürfe zurück: Es würden – erst ab 2036 – nur hochwertige und geprüfte Zertifikate akzeptiert. Bis dahin werde die Kommission im Rahmen des Pariser Abkommens sicherstellen, dass nur seriöse Emissionsgutschriften nach Europa gelangen. Die könnten auch nicht im Rahmen des ETS gehandelt werden.
Hoekstra bestreitet, dass die Kommission damit vor den Mitgliedsstaaten eingeknickt sei, die ein Zwischenziel für 2040 für entbehrlich halten. Nicht zuletzt die Entwicklungsländer erwarteten, dass sich die Industriestaaten am internationalen Emissionshandel beteiligten, sagt Hoekstra.
Die EU werde sich daran nur beteiligen, wenn folgende Bedingungen erfüllt seien: Die globalen Nettoemissionen müssten sinken, es dürfe keine Doppelzählungen geben und die Vorteile müssten „fair“ zwischen den beteiligten Industrie- und Entwicklungsländern aufgeteilt werden.
Die internationalen Zertifikate könnten dann dazu beitragen, dass die EU ihr Klimaziel zu geringeren Kosten erreiche und ein wettbewerbsfähiger Standort für grüne Technologie bleibe. Der Energieverband BDEW schätzt am Vorschlag der Kommission vor allem die Planungssicherheit: „Allerdings darf am Ende nicht wieder ein höherer Beitrag Deutschlands stehen.“
Es gibt aber auch große Zweifel. Was die Kommission vorschlage, sei „völlig unrealistisch“, sagt VKU-Chef Ingbert Liebing. Der Rückgriff auf internationale Gutschriften und Zertifikate für „Negativemissionen“ sei allenfalls „ein Tropfen auf dem heißen Stein“.
Im Europäischen Parlament ist jedenfalls derzeit keine Mehrheit für das Klimaziel 2040 in Sicht. Auf erkennbaren Widerstand stößt die Kommission bei den Mitgliedsstaaten. Er sei nicht grundsätzlich gegen ein Klimaziel für 2040, sagt der französische Staatspräsident Macron. Allerdings nur unter der Bedingung, dass die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen nicht in Mitleidenschaft gezogen werde.
Macron verweist darauf, dass alleine die EU eine verbindliche Reduzierung ihrer Emissionen beschlossen hat: „Wir verlangen von unserer Industrie, dass sie sauber produziert und importieren Stahl aus Ländern, die massiv Treibhausgase ausstoßen – das ist Irrsinn.“ Ein Klimaziel für 2040 könne er nur akzeptieren, wenn die europäische Industrie geschützt werde und eine breite, demokratische Debatte darüber stattgefunden habe.
Macron macht sich damit zum Wortführer auch der Polen, Italiener oder Niederländer. Diese Länder lehnen den Vorschlag der Kommission ebenfalls ab, und sie haben genug Stimmen, um eine Mehrheit im Ministerrat zu verhindern.
Seitdem ist ein neues Parlament gewählt worden, eine neue Kommission (unter der alten Präsidentin) ist ins Amt gekommen und die Stimmung ist umgeschlagen. Im Klimaschutz sieht man in Brüssel immer noch eine Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie soll dadurch aber nicht gefährdet werden.
Von diesem Wunsch haben sich die Kommissarinnen und Kommissare jetzt leiten lassen. Bis 2040 soll die EU zwar 90 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen, aber auf dieses Ziel dürfen nun auch CO2-Reduktionen in anderen Ländern angerechnet werden.
Um das Klimaziel zu erfüllen, dürfen bis zu drei Prozent der erforderlichen Reduktionen durch Zertifikate aus dem internationalen Emissionshandel erbracht werden. Weil die drei Prozent auf der Basis von 1990 kalkuliert werden, sind das in absoluten Zahlen rund 150 Mio. Tonnen, etwa zehn Prozent der dann noch im ETS verfügbaren Zertifikate. Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ein ähnliches Klimaziel formuliert wird.
Die Klimalobby sieht darin einen gefährlichen Sündenfall. Der Rückgriff auf die Zertifikate nach Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens verleihe dem Klimaziel „einen bitteren Beigeschmack“, sagt der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss. Die EU dürfe ihrer Verpflichtung zum Klimaschutz nicht durch „fragwürdige, internationale Emissionszertifikate“ nachkommen, heißt es beim Umweltverband WWF.
Klimakommissar Hoekstra weist Vorwürfe zurück
Klimakommissar Wopke Hoekstra weist die Vorwürfe zurück: Es würden – erst ab 2036 – nur hochwertige und geprüfte Zertifikate akzeptiert. Bis dahin werde die Kommission im Rahmen des Pariser Abkommens sicherstellen, dass nur seriöse Emissionsgutschriften nach Europa gelangen. Die könnten auch nicht im Rahmen des ETS gehandelt werden.
Hoekstra bestreitet, dass die Kommission damit vor den Mitgliedsstaaten eingeknickt sei, die ein Zwischenziel für 2040 für entbehrlich halten. Nicht zuletzt die Entwicklungsländer erwarteten, dass sich die Industriestaaten am internationalen Emissionshandel beteiligten, sagt Hoekstra.
Die EU werde sich daran nur beteiligen, wenn folgende Bedingungen erfüllt seien: Die globalen Nettoemissionen müssten sinken, es dürfe keine Doppelzählungen geben und die Vorteile müssten „fair“ zwischen den beteiligten Industrie- und Entwicklungsländern aufgeteilt werden.
Die internationalen Zertifikate könnten dann dazu beitragen, dass die EU ihr Klimaziel zu geringeren Kosten erreiche und ein wettbewerbsfähiger Standort für grüne Technologie bleibe. Der Energieverband BDEW schätzt am Vorschlag der Kommission vor allem die Planungssicherheit: „Allerdings darf am Ende nicht wieder ein höherer Beitrag Deutschlands stehen.“
Es gibt aber auch große Zweifel. Was die Kommission vorschlage, sei „völlig unrealistisch“, sagt VKU-Chef Ingbert Liebing. Der Rückgriff auf internationale Gutschriften und Zertifikate für „Negativemissionen“ sei allenfalls „ein Tropfen auf dem heißen Stein“.
Im Europäischen Parlament ist jedenfalls derzeit keine Mehrheit für das Klimaziel 2040 in Sicht. Auf erkennbaren Widerstand stößt die Kommission bei den Mitgliedsstaaten. Er sei nicht grundsätzlich gegen ein Klimaziel für 2040, sagt der französische Staatspräsident Macron. Allerdings nur unter der Bedingung, dass die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen nicht in Mitleidenschaft gezogen werde.
Macron verweist darauf, dass alleine die EU eine verbindliche Reduzierung ihrer Emissionen beschlossen hat: „Wir verlangen von unserer Industrie, dass sie sauber produziert und importieren Stahl aus Ländern, die massiv Treibhausgase ausstoßen – das ist Irrsinn.“ Ein Klimaziel für 2040 könne er nur akzeptieren, wenn die europäische Industrie geschützt werde und eine breite, demokratische Debatte darüber stattgefunden habe.
Macron macht sich damit zum Wortführer auch der Polen, Italiener oder Niederländer. Diese Länder lehnen den Vorschlag der Kommission ebenfalls ab, und sie haben genug Stimmen, um eine Mehrheit im Ministerrat zu verhindern.

Tom Weingärtner Quelle: E&M
Tom Weingärtner
© 2025 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 03.07.2025, 11:04 Uhr
Donnerstag, 03.07.2025, 11:04 Uhr
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