
Mögliche neue Adresse von Friedrich Merz: das Kanzleramt. Quelle: E&M / Georg Eble
POLITIK:
Windkraft als Testballon für Schwarz-Grün im Bund
Im Kampf um einen Platz am nächsten Kabinettstisch dienen Grüne und SPD sich offenbar schon jetzt dem designierten Kanzler von der CDU an. Abzulesen ist dies an neuen Windkraftplänen.
Der Aufschrei im Oktober war groß, als Nordrhein-Westfalens Landesregierung eine eigene Gesetzespanne rund um den Windkraftausbau
vom Bund über eine Bundesratsinitiative heilen wollte (wir berichteten). Im Kern sollten alle Bundesländer das Recht haben,
die Genehmigungsverfahren für konkrete Windkraft-Anträge zeitweise aussetzen zu können. Das Oberverwaltungsgericht NRW kassierte
diese Möglichkeit auf Landesebene, weil es gegen Bundesrecht verstoße.
In NRW prallten zwei Entwicklungen aufeinander. Einmal die 2025 abzuschließenden Regionalplanungen, die den Windkraft-Flächenvorgaben des Bundes (NRW muss 2 Prozent der Landesfläche zur Verfügung stellen) nachkommen wollen. Zum anderen von Projektierern einlaufende Anträge für Turbinen, die auch Flächen betreffen, die von der Regionalplanung voraussichtlich nicht vorgesehen sind. Das spielt aktuell keine Rolle, weil die Anträge in der Regel rechtens sind und häufig zu einer Genehmigung führen. Noch.
Denn Friedrich Merz, der CDU-Kanzlerkandidat, hat seine eigene Meinung von der Windkraft. Er findet sie nach eigenen Worten „hässlich“ und hält sie für eine „Übergangstechnologie“, die aus dem Landschaftsbild auch wieder verschwinden soll (wir berichteten). Dazu muss man wissen: Der Mann stammt aus dem pittoresken Sauerland, das sich als Mittelgebirge und wichtige NRW-Tourismusregion grundsätzlich schwer mit Windkraftanlagen tut. Und er hat dort, im Hochsauerland, seinen Wahlkreis. Ebenso wie übrigens der SPD-Fraktionsvize im Bundestag, Dirk Wiese, dem er 2021 das Direktmandat wegschnappte.
Sauerland redet vom Wildwuchs, Friedrich Merz mit Robert Habeck
Nun gibt es seit Monaten auch in der CDU des Sauerlandes alarmistische Rufe, dass es zu einem Wildwuchs an Windkraft komme. Weil eben die Regionalpläne noch nicht in Kraft seien und in der Übergangszeit genehmigungsreife Anträge für Anlagen ein Recht auf einen Bescheid haben. Das Aussetzen ist Schwarz-Grün in Düsseldorf ja höchstrichterlicherseits um die Ohren geflogen.
Entsprechend gibt es viele Befürworter bei den Konservativen, die schleunigst der schwarz-grünen Bundesratsinitiative eine Mehrheit verschaffen wollen. Allen voran ist Friedrich Merz Fürsprecher für einen Kabinettsentwurf, den das Wirtschafts- und Energieministerium von Robert Habeck (Grüne) noch vor Weihnachten durch den Bundestag bringen wollte. Der Entwurf liegt unserer Redaktion vor, Merz hatte im Sauerland bereits von einer Einigung mit Habeck gesprochen.
Der Entwurf würde zum Beispiel dem Sauerland, aber auch allen anderen Windkraft-Planungsregionen in Deutschland, wieder die vehement geforderte Schonzeit zurückbringen. Denn Robert Habecks Ministerium folgt der Forderung von Schwarz-Grün aus NRW und von Friedrich Merz, den angeblichen Wildwuchs einzudämmen.
Konkret sollen Behörden bis längstens 2027 Vorhaben ausbremsen können, die ab Februar 2024 eingegangen sind und nicht innerhalb der Flächen nach Wind-an-Land-Gesetz liegen. Sind die Regionalpläne erst einmal in Kraft, gibt es für außerhalb beantragte Turbinen keine „Privilegierung im Außenbereich“ mehr, also kein Vorrecht. Dann muss eine Kommune ausdrücklich ihre Zustimmung erteilen.
Windkraftbranche zornig: Entwurf mit „heißer Nadel gestrickt“
Die Branche schäumt. Die Präsidentin des Bundesverbands Windenergie (BWE), Bärbel Heidebroek, hält den Wurf für „mit der heißen Nadel gestrickt“. Eine nicht mehr ausreichend legitimierte Regierung solle so umfassende Eingriffe vermeiden. Sie pocht auf mehr Transparenz und das Einbeziehen der Verbände.
Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) kritisiert laufend Pläne aus den sechs Regionen des Landes. Den aus Münster etwa hält er für „unzureichend und untauglich“, weil er selbst Flächen einrechne, auf denen Gebäude stehen. Im Regierungsbezirk Arnsberg, zu dem auch das Hochsauerland und der Raum Soest in einem gemeinsamen Teilplan gehören, soll weiter der landesweit abgeschaffte 1.000-Meter-Abstand von Turbinen zu Wohnhäusern gelten.
Der Vorsitzende des LEE NRW, Hans-Josef Vogel, hatte mit Blick auf das Wahlrevier seines Parteikollegen Merz bereits öffentlich ausgerichtet, „das Narrativ einer Regelungslücke, das derzeit insbesondere in einigen Kommunen im Sauerland die Runde macht, ist falsch“. Auch herrscht Entrüstung über die Unterstellung aus dem Habeck-Ministerium, dass die OVG-Entscheidungen den gesteuerten Zubau der Windkraft außerhalb der Regionalplanungen geradezu „befeuert“. Das Ministerium will erkannt haben, dass verstärkt Anträge für Standorte außerhalb der vorgesehenen Gebiete gestellt würden, sobald die Planentwürfe in die öffentliche Auslegung gehen. Hier verkenne die Politik, dass die Anträge nach Jahren der Vorbereitung eingereicht würden und rechtmäßig seien.
Bleibt die SPD, die im Bund dem Habeck-Merz-Gesetz einen Strich durch die Rechnung und die für eine Mehrheit erforderliche Zustimmung verweigern könnte. Das Dilemma der Sozialdemokraten: In NRW sind sie in der Opposition und wettern gegen die Aussetzungspläne der Düsseldorfer Regierung, im Bund gibt es für sie in einer neuen Regierung wohl nur den Platz als Juniorpartner der CDU. Ihre Haltung in der Windkraft-Frage wird so oder so ein Signal an Friedrich Merz. Robert Habeck hat es längst gesendet.
Die Zeit wird allerdings knapp. Denn der Bundestag wird vor der voraussichtlichen Neuwahl im Februar 2025 womöglich nur noch in der Vorweihnachtswoche für Abstimmungen zusammenkommen. Da Habeck den Entwurf offenbar dem Kabinett nicht mehr vorgelegt hat, könnte eine Gesetzesinitiative ähnlicher Stoßrichtung nur noch auf Umwegen in den Bundestag gelangen. Schwierig ist das für Friedrich Merz, der bei seinen Kollegen im Sauerland im Wort steht.
In NRW prallten zwei Entwicklungen aufeinander. Einmal die 2025 abzuschließenden Regionalplanungen, die den Windkraft-Flächenvorgaben des Bundes (NRW muss 2 Prozent der Landesfläche zur Verfügung stellen) nachkommen wollen. Zum anderen von Projektierern einlaufende Anträge für Turbinen, die auch Flächen betreffen, die von der Regionalplanung voraussichtlich nicht vorgesehen sind. Das spielt aktuell keine Rolle, weil die Anträge in der Regel rechtens sind und häufig zu einer Genehmigung führen. Noch.
Denn Friedrich Merz, der CDU-Kanzlerkandidat, hat seine eigene Meinung von der Windkraft. Er findet sie nach eigenen Worten „hässlich“ und hält sie für eine „Übergangstechnologie“, die aus dem Landschaftsbild auch wieder verschwinden soll (wir berichteten). Dazu muss man wissen: Der Mann stammt aus dem pittoresken Sauerland, das sich als Mittelgebirge und wichtige NRW-Tourismusregion grundsätzlich schwer mit Windkraftanlagen tut. Und er hat dort, im Hochsauerland, seinen Wahlkreis. Ebenso wie übrigens der SPD-Fraktionsvize im Bundestag, Dirk Wiese, dem er 2021 das Direktmandat wegschnappte.
Sauerland redet vom Wildwuchs, Friedrich Merz mit Robert Habeck
Nun gibt es seit Monaten auch in der CDU des Sauerlandes alarmistische Rufe, dass es zu einem Wildwuchs an Windkraft komme. Weil eben die Regionalpläne noch nicht in Kraft seien und in der Übergangszeit genehmigungsreife Anträge für Anlagen ein Recht auf einen Bescheid haben. Das Aussetzen ist Schwarz-Grün in Düsseldorf ja höchstrichterlicherseits um die Ohren geflogen.
Entsprechend gibt es viele Befürworter bei den Konservativen, die schleunigst der schwarz-grünen Bundesratsinitiative eine Mehrheit verschaffen wollen. Allen voran ist Friedrich Merz Fürsprecher für einen Kabinettsentwurf, den das Wirtschafts- und Energieministerium von Robert Habeck (Grüne) noch vor Weihnachten durch den Bundestag bringen wollte. Der Entwurf liegt unserer Redaktion vor, Merz hatte im Sauerland bereits von einer Einigung mit Habeck gesprochen.
Der Entwurf würde zum Beispiel dem Sauerland, aber auch allen anderen Windkraft-Planungsregionen in Deutschland, wieder die vehement geforderte Schonzeit zurückbringen. Denn Robert Habecks Ministerium folgt der Forderung von Schwarz-Grün aus NRW und von Friedrich Merz, den angeblichen Wildwuchs einzudämmen.
Konkret sollen Behörden bis längstens 2027 Vorhaben ausbremsen können, die ab Februar 2024 eingegangen sind und nicht innerhalb der Flächen nach Wind-an-Land-Gesetz liegen. Sind die Regionalpläne erst einmal in Kraft, gibt es für außerhalb beantragte Turbinen keine „Privilegierung im Außenbereich“ mehr, also kein Vorrecht. Dann muss eine Kommune ausdrücklich ihre Zustimmung erteilen.
Windkraftbranche zornig: Entwurf mit „heißer Nadel gestrickt“
Die Branche schäumt. Die Präsidentin des Bundesverbands Windenergie (BWE), Bärbel Heidebroek, hält den Wurf für „mit der heißen Nadel gestrickt“. Eine nicht mehr ausreichend legitimierte Regierung solle so umfassende Eingriffe vermeiden. Sie pocht auf mehr Transparenz und das Einbeziehen der Verbände.
Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) kritisiert laufend Pläne aus den sechs Regionen des Landes. Den aus Münster etwa hält er für „unzureichend und untauglich“, weil er selbst Flächen einrechne, auf denen Gebäude stehen. Im Regierungsbezirk Arnsberg, zu dem auch das Hochsauerland und der Raum Soest in einem gemeinsamen Teilplan gehören, soll weiter der landesweit abgeschaffte 1.000-Meter-Abstand von Turbinen zu Wohnhäusern gelten.
Der Vorsitzende des LEE NRW, Hans-Josef Vogel, hatte mit Blick auf das Wahlrevier seines Parteikollegen Merz bereits öffentlich ausgerichtet, „das Narrativ einer Regelungslücke, das derzeit insbesondere in einigen Kommunen im Sauerland die Runde macht, ist falsch“. Auch herrscht Entrüstung über die Unterstellung aus dem Habeck-Ministerium, dass die OVG-Entscheidungen den gesteuerten Zubau der Windkraft außerhalb der Regionalplanungen geradezu „befeuert“. Das Ministerium will erkannt haben, dass verstärkt Anträge für Standorte außerhalb der vorgesehenen Gebiete gestellt würden, sobald die Planentwürfe in die öffentliche Auslegung gehen. Hier verkenne die Politik, dass die Anträge nach Jahren der Vorbereitung eingereicht würden und rechtmäßig seien.
Bleibt die SPD, die im Bund dem Habeck-Merz-Gesetz einen Strich durch die Rechnung und die für eine Mehrheit erforderliche Zustimmung verweigern könnte. Das Dilemma der Sozialdemokraten: In NRW sind sie in der Opposition und wettern gegen die Aussetzungspläne der Düsseldorfer Regierung, im Bund gibt es für sie in einer neuen Regierung wohl nur den Platz als Juniorpartner der CDU. Ihre Haltung in der Windkraft-Frage wird so oder so ein Signal an Friedrich Merz. Robert Habeck hat es längst gesendet.
Die Zeit wird allerdings knapp. Denn der Bundestag wird vor der voraussichtlichen Neuwahl im Februar 2025 womöglich nur noch in der Vorweihnachtswoche für Abstimmungen zusammenkommen. Da Habeck den Entwurf offenbar dem Kabinett nicht mehr vorgelegt hat, könnte eine Gesetzesinitiative ähnlicher Stoßrichtung nur noch auf Umwegen in den Bundestag gelangen. Schwierig ist das für Friedrich Merz, der bei seinen Kollegen im Sauerland im Wort steht.
Volker Stephan
© 2025 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 12.12.2024, 15:24 Uhr
Donnerstag, 12.12.2024, 15:24 Uhr
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