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Enerige & Management > Windkraft Onshore - Windbranche sieht rot wegen drohender Diskolicht-Strafen
BNK-Systeme sollen Warnlichter nur im Bedarfsfall aktivieren. Quelle: sandsun / Adobe Stock
WINDKRAFT ONSHORE:
Windbranche sieht rot wegen drohender Diskolicht-Strafen
Mit Spannung, Unsicherheit und der Bereitschaft zu klagen schaut die Windenergie-Branche auf den 1. Januar. Grund sind unklare Bestimmungen zum nächtlichen Blinklicht von Anlagen.
 
Es könnte so einfach sein. In den Nachtstunden blinken Warnlichter an Windkraftanlagen nur noch dann, wenn ein Flugzeug sich nähert. Der Rest ist Dunkelheit und Balsam für die vom Diskolicht geplagten Anwohner. Die dafür erforderlichen Apparaturen, die Transpondersignale senden und empfangen, sind eigentlich ab 1. Januar Pflicht, aber immer noch nicht überall vorhanden. Es drohen Strafen und Rechtsstreits.

Bärbel Heidebroek, Präsidentin des Bundesverbands Windenergie (BWE), nimmt die Branche in Schutz. Nach sechs Jahren Vorlauf liege es heute in der Regel nicht an den Anlagenbetreibern, wenn die – im Behördendeutsch „Bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung“ (BNK) genannten – Systeme nicht in Betrieb gingen. Angesichts der behördlichen Genehmigungsverfahren sei es vielen Projektieren schlicht nicht möglich, rechtzeitig die Transponder zu installieren.

Auf dem Festland sind etwa 16.000 Anlagen mit BNK auszurüsten. Dass es nicht mehr sind, liegt teilweise an zu geringer Höhe: Altanlagen bis 100 Meter sind kein Hindernis für die Luftfahrt. Ferner müssen alle Turbinen in der Nähe von Flughäfen nachts weiter ständig blinken, sie sind also nicht BNK-pflichtig. Auch ist es in Windparks erlaubt, dass ein System eine Vielzahl von Anlagen abdeckt.

Pönale von 10.000 Euro je MW und Monat droht

Verfügt eine vor 2025 in Betrieb gegangene Turbine immer noch nicht über ein BNK-System, sind eigentlich Strafzahlungen vorgesehen. Zudem muss jede ab 2025 neu errichtete Anlage selbstverständlich BNK vorweisen. Die Strafen (Pönale) haben es in sich: 10.000 Euro je MW installierter Leistung und Monat. Der Staat lässt dieses Geld von den Netzbetreibern einkassieren. Doch wie ernst die es damit meinen, ist nicht sicher.

Denn das Gesetz zur BNK-Pflicht sagt, eine Windkraftanlage müsse mit einem System „ausgestattet“ sein. Und hier hofft die Branche auf Nachsicht: Wenn ein Antrag auf Zulassung vorliegt, solle ein Unternehmen seine Schuldigkeit getan haben. Schließlich, so Bärbel Heidebroek, sei eine Strafe nicht nachzuvollziehen, „wenn eine Behörde keine Kapazitäten hat, das System abzunehmen“. Etwa ein Drittel der 16.000 Turbinen sei betroffen.

Es ist ein Lehrstück deutscher Bürokratie: Transpondersysteme müssen vor dem Feldeinsatz eine Baumusterprüfung durchlaufen und schließlich in den meisten Bundesländern auch noch einen Testbetrieb bestehen. Das gilt auch für ganz neu in Betrieb gehende Turbinen, weil Hersteller noch kein BNK standardmäßig anbieten, mit Ausnahme von Vestas, sagt Jonas Lesch, BNK-Verantwortlicher beim Bremer Windkraftprojektierer WPD.

Und hier beiße die Katze sich in den Schwanz, sagt Bärbel Heidebroek. Eine neue Windkraftanlage darf ab 2025 formal nicht in Betrieb gehen, wenn sie nicht über ein BNK-System verfügt. Ein BNK-System muss aber an einer in Betrieb genommenen Anlage den Praxistest bestehen, um ordnungsgemäß abgenommen zu sein. Die Behörden seien unterbesetzt und angesichts des starken Zubaus von Windkraftanlagen somit gar nicht in der Lage, kurzfristig zu prüfen und zu genehmigen.

BWE warnt vor Klagewelle

Es kommt sogar zu der absurden Situation, dass bei Projekten von WPD jetzt, nach zweieinhalb Jahren seit Antragstellung, die Bescheide über die installierte BNK eintrudeln. Und das seien laut Jonas Lesch nicht immer gute Nachrichten: Mal gebe es nur eine Teilgenehmigung für eine von drei Anlagen, dann eine Ablehnung. In jedem Fall sei dann ein anderes System erforderlich, mit wiederum einer Investition von im Schnitt 15.000 bis 25.000 Euro je BNK.

Noch zermürbender ist ein Fall, bei dem WPD für einen sechs Anlagen starken Windpark überhaupt noch keine Rückmeldung erhalten hat. Wohlgemerkt: seit Mitte 2022. Folglich sagt Jonas Lesch Klagen für den Fall voraus, dass Netzbetreiber nun die Hand aufhielten.

Für die BWE-Präsidentin ist die Politik am Zug, also die Noch-Regierung. Das Wirtschaftsministerium solle mit einer einfachen Anwendungshilfe für die Netzbetreiber Klarheit schaffen, dass bereits die Antragsstellung von Strafzahlungen befreit. Dies könne noch vor Weihnachten geschehen, denn das Ministerium habe eine „Häufige Fragen“-Seite zum Thema auf der hauseigenen Website angekündigt.

Die Branche ist aus gutem Grund ungeduldig. Behörden – allen voran Brandenburg – benötigen mitunter 15 Monate bis zu einem BNK-Bescheid. Das Gesetz fordert bei neuen Anlagen, deren Rotoren sich ab Januar drehen sollen, allerdings das „unverzügliche“ Nachrüsten. Und das ist – siehe oben – erst dann erreicht, wenn die Behörden das BNK-System am Standort abgenommen haben. Die Windenergiefirmen wappnen sich auch hier und bereiten Untätigkeitsklagen gegen Behörden vor. Der BWE warnt gar vor einer „Klagewelle“.
 

Volker Stephan
© 2025 Energie & Management GmbH
Dienstag, 17.12.2024, 17:22 Uhr

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