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Enerige & Management > Regenerative - Wind und PV können doch Regelenergie
Quelle: Pixabay / Ralph Lindner
REGENERATIVE:
Wind und PV können doch Regelenergie
Die spontan einspeisenden Erneuerbaren können das Stromnetz auch stabilisieren - bei Offshore-Wind ist das schon bewiesen. Nun tritt die Mannheimer MVV onshore und bald auch bei PV an.
 
Die MVV Trading − Handelsarm des Mannheimer MVV-Konzerns − meldet erste Abregelungen von Onshore-Windparks, um testweise Regelenergie abzurufen. Das Unternehmen sei in der Qualifikation eines ungenannten deutschen Windparks für negative Sekundärregelleistung weit fortgeschritten, inklusive „Doppelhöcker-Test“ (siehe Infokasten), und erwarte „zeitnah“ den Abschluss beim ersten Windpark, teilte MVV auf Rückfrage mit.

Mit den ersten Betreibern von Windparks an Land seien bereits Regelenergie-Vermarktungsverträge geschlossen worden − „eine neue Dienstleistung für das Netz, die so bislang noch nicht existierte“, hieß es weiter. Selbstverständlich stehen diese unter dem Vorbehalt der Qualifizierung.

Gleiches ist auch für Photovoltaik-Freiflächenparks für den nächsten Sommer geplant, kündigt MVV Trading an. Hohe saisonale Regelenergie-Preise belegten den Bedarf dafür. Man tausche sich derzeit noch mit den verantwortlichen Übertragungsnetzbetreibern zu den Präqualifikationsbedingungen für PV-Parks aus.

Wenn Wind- und Sonnenkraftwerke am Regelenergiemarkt teilnehmen, werden sie vom Problem - spontane Einspeisung, spontaner Wegfall einer prognostizierten Einspeisung - zum Teil der Lösung. Das Herausfordernde angesichts der Wetterabhängigkeit ist bei der Sekundärregelenergie, am Vortag vorherzusehen, dass man im gewählten Vier-Stunden-Abschnitt stets genug Strom einspeisen würde, damit diese Einspeisung auf Abruf wegfallen könnte. Dies erfordert gute Wetterprognosen und natürlich die technische Anbindung an die Leitstelle des ÜNB.

Eine Mehreinspeisung bei Abruf, also positive Regelenergie, ist dagegen bei Wind und PV nirgends vorgesehen, weil die Einspeiseprognosen noch zu ungenau sind.

Was der „Regelenergiemarkt“ ist

Im Stromsystem müssen Angebot und Nachfrage zu jeder Sekunde übereinstimmen, andernfalls würde es zusammenbrechen. Wenn der Spotmarkt mit dem Ausgleich überfordert ist, greift der sogenannte Regelenergiemarkt, der nicht so heißt, weil er die Regel ist. Vielmehr soll er die Ausnahme bleiben und nur das System spontan „ausregeln“. Die Regelenergie wird von den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) marktlich ausgeschrieben, und zwar derzeit 22.500 MW positive Regelenergie (Strom-Mehreinspeisung) und 23.700 MW negative Regelenergie (Stromentnahme). Der Markt besteht aus drei Segmenten:
  • Bei der Primärregelleistung (PRL / FCR) als dem schnellsten Segment steuern die ÜNB rauf- und runterregelbare Kraftwerke, zumeist fossile, aber mittlerweile auch etwa Batterien des Herstellers Sonnen, binnen Sekunden.
  • Reicht PRL nicht aus, wird Sekundärregelleistung (SRL / aFFR) abgerufen. Ausgeschrieben wird sie täglich bis 9.30 Uhr für Vier-Stunden-Abschnitte des Folgetages. Binnen 30 Sekunden müssen die unter Vertrag genommenen Bieter auf einen automatischen Abruf des ÜNB reagieren, binnen 5 Minuten muss die gesamte Ausschreibungsleistung, mindestens 5 MW, hoch- oder runtergefahren sein und dann 15 Minuten lang gehalten werden. In dem vertraglich gebundenen Vier-Stunden-Abschnitt dürfen die ÜNB später noch mehrmals SRL abrufen. Die SRL ist damit anspruchsvoller als
  • das in der Abrufreihenfolge hinten stehende Regelenergie-Segment, die Minutenreserveleistung (MRL / mFFR).

Bei Sekundärreserve und Onshore-Wind dürfte MVV Trading deutscher Pionier sein. Es gibt zwar von anderen viele Pilotprojekte, sie bewegen sich aber in der weniger anspruchsvollen Minutenreserve. Baywa Re und Enertrag hatten 2023 unabhängig voneinander zwar die Qualifizierung von PV-Hybridparks zur SRL gemeldet, diese bezog sich aber auf den Batterieteil (wir berichteten).

Offshore gibt es das schon

Lediglich bei Offshore-Wind gibt es schon seit 2022 einen Sekundärreserve-Anbieter, nämlich Orsted aus ihrem Windpark „Borkum Riffgrund 1“ über den Direktvermarkter und Virtuelles-Kraftwerk-Betreiber Energy2market, eine deutsche Konzerngesellschaft der französischen EDF. Auch hier wird nur vertraglich vereinbart, weniger einzuspeisen, als ursprünglich vorgesehen.

Welche Bedeutung MVV selbst sieht

MVV Trading streicht die Bedeutung ihres künftigen Regelenergieprodukts mit Onshore-Wind heraus: „Die Erneuerbaren übernehmen mehr Verantwortung für ein stabiles Stromnetz sowie für eine kostengünstige Energieversorgung“, erklärt Martin Friedrich, Leiter des Short Term Desks und des Vertriebs. Jan Brübach, Geschäftsführer Markt, ergänzt: „Die Vermarktung von Regelleistung aus Windparks stärkt die Position von MVV Trading als führendem Anbieter im Bereich der Erneuerbaren und unterstreicht das Engagement des Unternehmens für die Energiewende.“ Stephan Erling, Manager Regelenergie-Vermarktung, weist auf die gebündelte Erfahrung aus 6.000 MW Direktvermarktungs-Leistung und 1.000 MW Regelenergie-Leistung hin.
 

Georg Eble
Redakteur
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