• Alle Preise im Abwärtstrend
  • Agora: Künftiger Bundestag wird Klimapolitik generalüberholen
  • Repower mit Ergebnisrückgang in allen Bereichen
  • Mehr grüner Wasserstoff made in Germany nötig
  • Vattenfall bremst bei „Kriegers Flak“
  • Nestle investiert Millionenbetrag in innovative Wärmepumpe
  • EU genehmigt Beihilfe für Cuxhaven
  • Solaranlagen anfällig für Hackerangriffe
  • LNG-Terminal Mukran hat Regelbetrieb aufgenommen
  • Stärkung der Treibhausgasminderungsquote gefordert
Enerige & Management > Österreich - Wien Energie: Rechnungshof bestätigt Kritik an Handelsgeschäften
Quelle: Pixabay / Jürgen Sieber
ÖSTERREICH:
Wien Energie: Rechnungshof bestätigt Kritik an Handelsgeschäften
Das Risikomanagement der Wien Energie hinsichtlich seiner Börsenaktivitäten im Jahr 2022 war mangelhaft, das Agieren der Aufsichtsgremien unzureichend. Besserung ist aber im Gange.
 
Der Rechnungshof (RH) der Republik Österreich veröffentlichte am 19. Juli seinen Bericht über die Energiehandelsgeschäfte der Wien Energie, die sich im Eigentum der Stadt Wien befindet und insgesamt etwa zwei Millionen Kunden mit Strom, Erdgas sowie Fernwärme versorgt. Den Anlass der Prüfung bildeten Liquiditätsprobleme des Unternehmens Ende August 2022 im Zusammenhang mit der Absicherung von Börsengeschäften (Margin Calls).

Wie seinerzeit berichtet, zwangen diese die Stadt Wien, an den Bund heranzutreten und um einen Darlehensvertrag für die Wien Energie über 2 Milliarden Euro zu ersuchen. Wegen der Entspannung der Lage an den Börsen musste dieser letztlich nicht in Anspruch genommen werden. Auch zuvor gewährte Kredite der Stadt Wien von etwa 1,4 Milliarden Euro zahlte die Wien Energie mittlerweile zurück.

Der nun vorliegende Bericht des RH bestätigt, was bereits der Wiener Landesrechnungshof Ende 2023 festgestellt hatte: Zwar tätigte die Wien Energie, wie sie stets behauptet hatte, keine spekulativen Operationen an den Energiebörsen. Ihre dortigen Transaktionen dienten ausschließlich der Absicherung des Ein- und Verkaufs von Strom und Gas. Dieser ist notwendig, da die Struktur der Stromerzeugung des Unternehmens mit seinen gasbefeuerten Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK) von der Verbrauchsstruktur der Kunden abweicht.

Allerdings war das Risikomanagement des Unternehmens hinsichtlich der Börsengeschäfte mangelhaft. Und die Aufsichtsgremien vom eigenen Aufsichtsrat der Wien Energie über die zuständigen Organe der Wiener Stadtwerke bis zu jenen der Stadt Wien nahmen ihre Pflichten unzureichend wahr.

„Existenzgefährdende Dimension“

Insbesondere entwickelte die Geschäftsführung der Wien Energie „trotz zugespitzter Marktlage ab dem Frühjahr 2022 keine Handlungsoptionen, um das Liquiditätsrisiko des Börsenhandels zu reduzieren und eine breitere Risikostreuung zu erreichen. Das Risikomanagement der Wien Energie führte in seinen Risikoberichten das Liquiditätsrisiko nicht unter den Top-5-Risiken.“ Dies kritisiert der RH umso mehr, als das Liquiditätsrisiko „letztlich eine existenzgefährdende Dimension erreichte.“
  Der Aufsichtsrat wiederum „unterließ es, seine Tätigkeit in einer kritischen Phase zu intensivieren.“ Nicht nachvollziehen kann der RH im Übrigen die Behauptung der Wien Energie und ihrer Eigentümer, den Bund bereits im Januar 2022 um einen „Rettungsschirm“ für die gesamte Elektrizitätswirtschaft ersucht zu haben, um so möglichen Liquiditätsproblemen infolge von Margin Calls entgegenzuwirken.

Verbund-Tochter als Vorbild

Wie sich mit der kritischen Lage an den Börsen besser zurande kommen ließ, illustriert der RH am Beispiel der Verbund Energyforbusiness (VEB), der Handelsgesellschaft des größten österreichischen Energiekonzerns Verbund. Ihm zufolge war es sinnvoll, dass diese „in Anbetracht der volatilen Marktlage das Liquiditäts–, Kontrahenten– und Marktpreisrisiko laufend gegeneinander abwog, die Art und den Umfang ihrer Handelsgeschäfte entsprechend anpasste und somit das Risiko im Energiehandel breiter streute.“

Zwar agierte die VEB an den Energiebörsen auch spekulativ, hatte die diesbezüglichen Aktivitäten aber offenbar im Griff und erwirtschaftete „von 2017 bis 2022 mit spekulativen Handelsgeschäften stets positive Jahresergebnisse.“ Übrigens: Zeitweilig musste die VEB für Margin Calls 2022 rund 2,8 Milliarden Euro hinterlegen.

„Nach bestem Wissen gehandelt“

Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Wien Energie, Michael Strebl, teilte in einer Aussendung mit, sein Unternehmen habe „zum damaligen Zeitpunkt nach bestem Wissen und Gewissen und im Sinne der Versorgungssicherheit und Preisstabilität gehandelt.“ Etliche Empfehlungen des Rechnungshofs bezüglich der Verbesserung des Risikomanagements seien bereits umgesetzt oder zumindest in Umsetzung begriffen: „Ganz klar ist aber weiterhin: Die Energiebörse ist für die Mengen und saisonalen Besonderheiten von Wien Energie der richtige Handelsplatz.“

Dass die Wien Energie aus dem Vorfall lernte, konzediert auch der RH. Ausdrücklich bewertet er in seinem Bericht „die Aufarbeitung der Ereignisse zur Verbesserung des energiewirtschaftlichen Risikomanagements und zur Reduktion des Liquiditätsrisikos als zweckmäßig.“

Der 136-seitige Bericht „Wien Energie GmbH: Energiehandelsgeschäfte“  steht auf der Internetseite des Rechnungshofes der Republik Österreich zum Download bereit.
 

Klaus Fischer
© 2024 Energie & Management GmbH
Freitag, 19.07.2024, 15:25 Uhr

Mehr zum Thema