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Enerige & Management > Stromnetz - Wenn sich Netzbetreiber über den Bedarf austauschen
Quelle: E&M / Katia Meyer-Tien
STROMNETZ:
Wenn sich Netzbetreiber über den Bedarf austauschen
In Rheinland-Pfalz haben mehrere Verteilnetzbetreiber, Industrie und die Amprion ihre Verbrauchsprognosen zusammengeworfen. Der Übertragungsnetzbetreiber ist vom Ergebnis überrascht.
 
Ein sechsmonatiges Projekt zum Abgleich der Planungen vieler Akteure für das Stromnetz der Zukunft in Rheinland-Pfalz hat Nachbesserungsbedarf deutlich gemacht. Die Datenwerkstatt „Stromnetz 2024“ zeigte Teilnehmern zufolge unter anderem, dass mit unterschiedlichen Planungshorizonten gearbeitet wird. Auch könne Planung blockiert werden, weil eine Seite auf Informationen einer anderen warte. Landes-Energieministerin Katrin Eder (Grüne) sprach bei der Abschlussveranstaltung in Mainz von einem „Henne-Ei-Dilemma“. Sie wertete die Werkstatt als Erfolg.

Die Datenwerkstatt war im Mai gestartet. Es ging vor allem darum, dass die Planungen des Übertragungsnetzbetreibers (ÜNB) Amprion mit denen der Betreiber von Verteilnetzen (VNB) im Land - von Unternehmen, Kommunen oder Stadtwerken - übereinandergelegt werden, etwa was den Zuwachs an Elektromobilität sowie Wärmepumpen und damit des Stromverbrauchs angeht. Von den VNB waren Westnetz, die Pfalzwerke Netz, die Energienetze Mittelrhein, EWR Netz, die Mainzer Netze und die Syna dabei.

ÜNB: So viel Netz wie nötig, nicht so viel wie möglich

Herausgekommen sei eine wichtige gemeinsame Datengrundlage, bilanzierte Eder. Das habe durchaus Vorbildcharakter. Für die oppositionelle CDU kam die Datenwerkstatt dagegen zu spät.

Gezeigt hat sich in dem Workshop unter anderem, dass ÜNB wie Amprion bis in die Jahre 2037 und 2045 blicken, die Zieljahre des bundesweiten Netzentwicklungsplans (NEP) Strom von 2023, dagegen Großverbraucher, Stadtwerke, Kommunen und VNB eher mit einem näheren Horizont.

Außerdem erwarten Amprion zufolge lokale Akteure größtenteils eine geringere Zunahme an Wärmepumpen oder Elektromobilität in den kommenden Jahren als der NEP. Diese Erkenntnis werde in den NEP 2025 einfließen, sagte der Technische Geschäftsführer von Amprion, Hendrik Neumann. „Für uns war das wirklich ein großer Mehrwert.“ Letztlich wolle man nicht so viel Netz wie möglich, sondern so viel Netz wie nötig. Klaus Zimmer, Leiter Netzmanagement der Pfalzwerke Netz, lobte vor allem die Möglichkeit, „akteursübergreifend Handlungsempfehlungen und Hinweise zur Regulierung zu bündeln und über die Landesebene hinaus adressieren zu können“.

Sascha Perdono, bei Westnetz verantwortlich für strategisches Assetmanagement und Netzbedarfsanalysen, ergänzte: „Der lokale Abgleich der Planungsannahmen hilft uns, möglichst belastbare Entwicklungspfade zu unterstellen und unsere Netzinfrastruktur dahingehend auszurichten. Die Datenwerkstatt hat jedoch auch gezeigt, dass die Planungshorizonte bei den verschiedenen Akteuren teilweise sehr unterschiedlich sind.“

Unterschiedliche Planungszeiträume

Zutage gefördert hat der Workshop auch, dass Netzbetreiber Entwicklungen in einzelnen Regionen nicht immer mitbekommen. So war Eder zufolge bei einigen nicht bekannt, dass im von vielen Windkraftanlagen geprägten Rhein-Hunsrück-Kreis ein Moratorium gegen neue Windkraftgebiete beschlossen wurde.

Und was hat es mit dem Henne-Ei-Dilemma auf sich? Unternehmen stellten ihre Prozesse nur dann auf Wasserstoff um oder elektrifizierten sie, wenn dafür Netzkapazitäten vorhanden seien, sagte Eder. Netzbetreiber wiederum benötigten verbindliche Bedarfsmeldungen.

Der Spezialglas-Hersteller Schott in Mainz beispielsweise arbeitet nach eigenen Angaben intensiv daran, den CO2-intensiven Betrieb seiner Schmelzwannen auf erneuerbare Energien umzustellen. Hierfür sei aber Planungssicherheit entscheidend.

Zusammenarbeit soll weitergehen

Rheinland-Pfalz will bis 2040 klimaneutral werden und damit fünf Jahre früher, als dies der Bund anpeilt. Klar ist, dass dafür die Regenerativen weiter kräftig ausgebaut werden müssen. Dies geschieht im großen Stil weitgehend im ländlichen Bereich.

Es wird kompliziert, wie der Ökostrom dann verteilt werden muss: Während etwa der Eifelkreis Bitburg-Prüm und der Rhein-Hunsrück-Kreis Hotspots der Windkraft sind und der Kreis Alzey-Worms einer der Photovoltaik ist, wird laut Netzbetreiberdaten 2045 in den Kreisen Mainz-Bingen, Mayen-Koblenz, Neuwied und dem Westerwaldkreis mit den meisten Elektrofahrzeugen gerechnet und in den Kreisen Mainz-Bingen, Mayen-Koblenz sowie dem Westerwaldkreis mit den meisten Wärmepumpen. So steht es im Abschlussbericht zur Datenwerkstatt. Der industrielle Strombedarf entfällt traditionell zu einem großen Teil auf die wirtschaftsstarke Rheinschiene.

Mit dem Abschluss der Datenwerkstatt soll daher die gemeinsame Planung nicht enden. Die Beteiligten blieben in Kontakt, sage Eder. Die auch öffentlich zugängliche Datensammlung werde auch künftig mit Zahlen gefüttert.
 

dpa / Manfred Fischer
© 2024 Energie & Management GmbH
Mittwoch, 09.10.2024, 16:40 Uhr

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