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Enerige & Management > Österreich - Weitere Nutzung gasförmiger Energieträger wäre "gescheit"
Quelle: Fotolia / YuI
ÖSTERREICH:
Weitere Nutzung gasförmiger Energieträger wäre "gescheit"
Die Gaswirtschaft ist bereit, Erdgas so weit wie möglich durch Biomethan und synthetisches Methan zu ersetzen. Sie verlangt dafür indessen geeignete Rahmenbedingungen.
 
„Wir sind keine Oligarchen, die an Gasfeldern in Russland beteiligt sind. Und wir bekennen uns dazu, Erdgas so weit wie möglich durch biogene Gase sowie künftig Wasserstoff zu ersetzen. Aber wir sollten gasförmige Energieträger weiter nutzen, weil das einfach gescheit ist.“ Das betonte Michael Haselauer, der Geschäftsführer der Netz Oberösterreich GmbH und Präsident der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW) am 8. April bei einem Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit, dem mehrere ostösterreichische Gas- und Stromnetzbetreiber angehören.

Haselauer bezeichnete biogen sowie synthetisch erzeugtes Methan als einen „Alleskönner“, der alle zurzeit von Erdgas bedienten Einsatzbereiche abdecken kann, wobei sich die bestehende Infrastruktur nutzen lässt. Zur Erzeugung von Methan eignet sich eine Vielzahl biogener Reststoffe.

Möglich ist ferner die „Methanisierung“ von Wasserstoff, der durch die elektrolytische Zerlegung von Wasser mittels Ökostrom gewonnen werden kann. In Österreich ließen sich laut Haselauer rund ein bis zwei Mrd. m3 Biomethan pro Jahr aus Lebensmittelabfällen, landwirtschaftlichen Reststoffen sowie Klärschlämmen produzieren. Ihm zufolge entspricht dies etwa jener Menge, die für die Bereitstellung der von den Haushalten benötigten Raumwärme erforderlich ist.

Haselauer erläuterte, der Erdgasverbrauch in Österreich liege zurzeit bei rund 90 Mrd. kWh bzw. 8,2 Mrd. m3 pro Jahr. Davon entfallen 42,2 % auf die Industrie sowie die Kraftstoffproduktion, 31,6 % auf Kraft- und Heizwerke, 17,9 % auf die Raumwärme- und Warmwasserbereitstellung für die Haushalte sowie 8,3 % auf sonstige Anwendungen. Und speziell in der Industrie gehe es um die Herstellung von Gütern des täglichen Bedarfs, betonte Haselauer: „Auch der Bäcker bäckt mit Gas. Wir brauchen das Gas zum Aufrechterhalten des Lebens.“ Der in den vergangenen Tagen vielfach geforderte Verzicht auf Gasimporte aus Russland sei daher zumindest kurzfristig schwerlich zu empfehlen, umso weniger, als Österreich etwa 80 % seines Bedarfs mit russischem Gas decke.

Keine Technologieverbote

Für einen mittel- bis längerfristigen Umstieg auf „grüne“ Gase ist laut Haselauer eine Reihe von Rahmenbedingungen notwendig. Dazu gehöre, auf Technologieverbote zu verzichten, im seit langem geplanten „Erneuerbare-Wärme-Gesetz“ (EWG) österreichweite „Anreize zur Hebung vorhandener Erzeugungspotenziale von grünem Gas aus Biomasse und Ökostrom“ zu schaffen, aber auch die Einspeisung „grüner“ Gase in die Gasnetze zu fördern. Weiters verlangte Haselauer von der Politik das „Bekenntnis zur Nutzung der Gasinfrastruktur und eine sektorübergreifende Infrastrukturplanung“.

Notwendig ist ihm zufolge ferner die „Weiterentwicklung des Gasregelwerks zur Nutzung von Wasserstoff“. Haselauer zufolge arbeiten die Mitglieder der ÖVGW bereits an dieser Weiterentwicklung. Vorliegen soll das neue Regelwerk in etwa zwei bis drei Jahren, teilte er der Redaktion mit. Insbesondere gehe es darum, sicherzustellen, dass die Infrastruktur für die Gasversorgung „wasserstofftauglich“ ist: „Bei neuen Werkstoffen für die Leitungen haben wir kein Problem. Hinsichtlich älterer Bestandsleitungen müssen wir eventuell selbst Materialtests durchführen.“

Der Zeitdruck sei aber nicht sehr hoch, da die Umstellung auf Wasserstoff nicht mit einem Schlage erfolgen werde. Und die Beimischung von bis zu zehn % Wasserstoff, eventuell auch mehr, habe sich als unproblematisch erwiesen. Dass die bislang bekannten Entwürfe des EWG die Nutzung gasförmiger Energieträger für Heizzwecke ausschließen, kann die Gaswirtschaft Haselauer zufolge „nur zur Kenntnis nehmen. Und wir können nur versuchen, auf die Vorteile solcher Energieträger aufmerksam zu machen“.

Schiefergas als „interessantes Thema“

Die mögliche Nutzung von Schiefergaslagern im Weinviertel nördlich von Wien bezeichnet Haselauer auf Anfrage der Redaktion als „interessantes Thema“. Ihm zufolge befinden sich die Vorkommen in etwa 4.000 bis 6.000 Metern Tiefe. Das gilt als bohrtechnisch herausfordernd. Auch ist die Größe der Lagerstätten nicht bekannt. Kein Problem wären dagegen die Flüssigkeiten, die für das Aufbrechen des gashaltigen Gesteins („Fracking“) benötigt werden, betonte Haselauer. Die Montanuniversität in Leoben in der Steiermark habe Substanzen auf biologischer Basis entwickelt, die ein weitgehend umweltverträgliches Fracking ermöglichen: „Die Umweltprobleme, die es in den USA gibt, hätten wir nicht.“ Allerdings habe die Politik Versuche zum Erschließen der Weinviertler Lagerstätten bislang stets abgelehnt, bedauerte Haselauer.
 

Klaus Fischer
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Freitag, 08.04.2022, 11:22 Uhr

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