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GUTACHTEN:
Wasserstoffziele der EU im Realitätscheck
Zwischen Ambition und Realität − ein Gutachten hat überprüft, ob die EU-Ziele für Wasserstoff bis 2030 trotz Kosten, Unsicherheiten und geopolitischer Risiken haltbar sind.
Wasserstoff gilt als Schlüsseltechnologie für die europäische Energiewende hin zur Klimaneutralität. Er soll überschüssigen
Strom aus erneuerbaren Energien speichern und eine hohe Energiedichte auch für schwer zu elektrifizierende Sektoren wie die
Industrie liefern. Hürden wie hohe Kosten und schleppende Investitionen auf Angebots- und Nachfrageseite sowie aktuelle Unsicherheiten
bremsen jedoch den Markthochlauf. Zudem verändert die aktuelle geopolitische Situation die Rahmenbedingungen. Hierdurch könnten
die EU-Ziele für Wasserstoff für das Jahr 2030 unter den gegebenen Umständen nur schwer erreichbar sein.
Im interdisziplinären Gutachten „H2 Reality Check – Reappraising the EU’s H2 Strategy in a New Era of Geopolitical Disruptions“ hat ein Forschungsteam die techno-ökonomischen und geopolitischen Aspekte des H2-Markthochlaufs untersucht. Im Blick standen dabei die Dekarbonisierungsziele der EU für 2030. Auf Basis der aktuellen Studienlage wird der aktuelle Stand des Hochlaufs und Hürden aufgezeigt. Die Forscher stammen vom „Center for Advanced Security, Strategic and Integration Studies“ („CASSIS“) der Universität Bonn und des Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) an der Universität zu Köln.
Investitionen hinter der Zielsetzung
Zum Hintergrund: Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis zum Jahr 2030 in der EU 40.000 MW Elektrolysekapazität entstehen, 10 Millionen Tonnen grüner Wasserstoff in der EU produziert und weitere 10 Millionen Tonnen importiert werden sollen. Viele Mitgliedstaaten haben nationale Strategien und Förderprogramme aufgelegt, doch die Umsetzung stockt.
Die Forscher stellen fest: Während die politischen Vorgaben ambitioniert sind, bleibt die tatsächliche Investitionstätigkeit hinter der Zielsetzung zurück. Neueste globale Analysen zeigten zudem, dass die globale und europäische Wasserstoffnachfrage aufgrund neuer und kosteneffizienter Elektrizitätstechnologien im Transport-, Gebäude- und selbst in energieintensiven Industriesektoren geringer ausfallen könnte als ursprünglich angenommen.

Die Untersuchungen hätten gezeigt, dass grüner Wasserstoff bis zum Jahr 2030 mit blauem Wasserstoff (entsteht aus der Dampfreformierung von Erdgas) voraussichtlich preislich nicht konkurrenzfähig ist. Die Kosten für die grüne Wasserstoffproduktion seien entgegen den Erwartungen nicht gesunken. Zudem drohe mit dem künftigen potenziellen LNG-Überangebot, sodass die Kosten für blauen Wasserstoff weiter fallen könnten.
Die Autoren betonen: Blauer Wasserstoff könne jedoch aufgrund der Restemissionen langfristig nicht zu einem klimaneutralen Energiesystem beitragen. Steigende Kosten für Materialien und Arbeit, Verzögerungen bei der Infrastruktur und neue, kostengünstigere Elektrifizierungstechnologien könnten den Hochlauf für grünen Wasserstoff weiter bremsen. Grüne Wasserstoffpreise könnten auch mittelfristig über der Zahlungsbereitschaft der Industrie liegen.
Widerstandsfähige Energie- und Rohstoffstrategie nötig
Neben der techno-ökonomischen Analyse des EWI untersuchte das Cassis-Institut im Gutachten auch die geopolitische Lage. Der Fokus lag auf globalen geoökonomischen und geopolitischen Veränderungen. Damit will das Gutachten eigenen Angaben nach auch eine Forschungslücke zur EU-Wasserstoffstrategie schließen – vor allem angesichts der Neuausrichtung der EU-Energiepolitik hin zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und Kosteneffizienz. Eine künftig geringere Wasserstoffnachfrage in und außerhalb der EU könnte den Importbedarf senken. Das würde geopolitische Risiken und Abhängigkeiten verringern.
Auch die Importabhängigkeit bei Wasserstoff und Rohstoffen für Elektrolyseure wurde analysiert. „Der Aufbau großer Elektrolysekapazitäten erfordert mehr Abbau und Verarbeitung strategischer Mineralien, deren Lieferketten oft von China kontrolliert werden“, sagt Frank Umbach, Energieexperte und Projektleiter vom Cassis. Zudem wachse die Abhängigkeit von chinesischer Elektrolysetechnik. Blauer Wasserstoff hingegen könne die heutige Importstruktur bei Gas und LNG zementieren.
Cassis empfiehlt der EU, Importe günstiger grüner Technologien und strategischer Rohstoffe aus China mit dem Aufbau eigener Produktionskapazitäten und stabiler Versorgung zu verknüpfen. Dafür brauche es ein ganzheitliches Konzept für eine widerstandsfähige Energie- und Rohstoffstrategie.
Das 110-seitige Gutachten „H2 Reality Check – Reappraising the EU’s H2 Strategy in a New Era of Geopolitical Disruptions“ lässt sich über die Internetseite des EWI Köln downloaden.
Im interdisziplinären Gutachten „H2 Reality Check – Reappraising the EU’s H2 Strategy in a New Era of Geopolitical Disruptions“ hat ein Forschungsteam die techno-ökonomischen und geopolitischen Aspekte des H2-Markthochlaufs untersucht. Im Blick standen dabei die Dekarbonisierungsziele der EU für 2030. Auf Basis der aktuellen Studienlage wird der aktuelle Stand des Hochlaufs und Hürden aufgezeigt. Die Forscher stammen vom „Center for Advanced Security, Strategic and Integration Studies“ („CASSIS“) der Universität Bonn und des Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) an der Universität zu Köln.
Investitionen hinter der Zielsetzung
Zum Hintergrund: Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis zum Jahr 2030 in der EU 40.000 MW Elektrolysekapazität entstehen, 10 Millionen Tonnen grüner Wasserstoff in der EU produziert und weitere 10 Millionen Tonnen importiert werden sollen. Viele Mitgliedstaaten haben nationale Strategien und Förderprogramme aufgelegt, doch die Umsetzung stockt.
Die Forscher stellen fest: Während die politischen Vorgaben ambitioniert sind, bleibt die tatsächliche Investitionstätigkeit hinter der Zielsetzung zurück. Neueste globale Analysen zeigten zudem, dass die globale und europäische Wasserstoffnachfrage aufgrund neuer und kosteneffizienter Elektrizitätstechnologien im Transport-, Gebäude- und selbst in energieintensiven Industriesektoren geringer ausfallen könnte als ursprünglich angenommen.

Gutachten „H2 Reality Check – Reappraising the EU’s H2 Strategy in a New Era of Geopolitical Disruptions“
(zum Öffnen bitte auf das PDF klicken)
Quelle: CASSIS, Universität Bonn, EWI
(zum Öffnen bitte auf das PDF klicken)
Quelle: CASSIS, Universität Bonn, EWI
Die Untersuchungen hätten gezeigt, dass grüner Wasserstoff bis zum Jahr 2030 mit blauem Wasserstoff (entsteht aus der Dampfreformierung von Erdgas) voraussichtlich preislich nicht konkurrenzfähig ist. Die Kosten für die grüne Wasserstoffproduktion seien entgegen den Erwartungen nicht gesunken. Zudem drohe mit dem künftigen potenziellen LNG-Überangebot, sodass die Kosten für blauen Wasserstoff weiter fallen könnten.
Die Autoren betonen: Blauer Wasserstoff könne jedoch aufgrund der Restemissionen langfristig nicht zu einem klimaneutralen Energiesystem beitragen. Steigende Kosten für Materialien und Arbeit, Verzögerungen bei der Infrastruktur und neue, kostengünstigere Elektrifizierungstechnologien könnten den Hochlauf für grünen Wasserstoff weiter bremsen. Grüne Wasserstoffpreise könnten auch mittelfristig über der Zahlungsbereitschaft der Industrie liegen.
Widerstandsfähige Energie- und Rohstoffstrategie nötig
Neben der techno-ökonomischen Analyse des EWI untersuchte das Cassis-Institut im Gutachten auch die geopolitische Lage. Der Fokus lag auf globalen geoökonomischen und geopolitischen Veränderungen. Damit will das Gutachten eigenen Angaben nach auch eine Forschungslücke zur EU-Wasserstoffstrategie schließen – vor allem angesichts der Neuausrichtung der EU-Energiepolitik hin zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und Kosteneffizienz. Eine künftig geringere Wasserstoffnachfrage in und außerhalb der EU könnte den Importbedarf senken. Das würde geopolitische Risiken und Abhängigkeiten verringern.
Auch die Importabhängigkeit bei Wasserstoff und Rohstoffen für Elektrolyseure wurde analysiert. „Der Aufbau großer Elektrolysekapazitäten erfordert mehr Abbau und Verarbeitung strategischer Mineralien, deren Lieferketten oft von China kontrolliert werden“, sagt Frank Umbach, Energieexperte und Projektleiter vom Cassis. Zudem wachse die Abhängigkeit von chinesischer Elektrolysetechnik. Blauer Wasserstoff hingegen könne die heutige Importstruktur bei Gas und LNG zementieren.
Cassis empfiehlt der EU, Importe günstiger grüner Technologien und strategischer Rohstoffe aus China mit dem Aufbau eigener Produktionskapazitäten und stabiler Versorgung zu verknüpfen. Dafür brauche es ein ganzheitliches Konzept für eine widerstandsfähige Energie- und Rohstoffstrategie.
Das 110-seitige Gutachten „H2 Reality Check – Reappraising the EU’s H2 Strategy in a New Era of Geopolitical Disruptions“ lässt sich über die Internetseite des EWI Köln downloaden.
Stefan Rudolph / Davina Spohn
© 2025 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 03.04.2025, 16:26 Uhr
Donnerstag, 03.04.2025, 16:26 Uhr
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