ÖSTERREICH:
Wasserstoffnetz wird länger und teurer
Laut der neuen H2-Roadmap der Austrian Gas Grid Management AG ist für 2040 mit 2.150 statt 1.700 Kilometern Länge zu rechnen – und mit Kosten von 4 statt 2 Milliarden Euro.
Österreichs Wasserstoffnetz wird laut der „H2-Roadmap 2.0“ der Austrian Gas Grid Management AG (AGGM) im Jahr 2040 voraussichtlich
rund 2.150 Kilometer Länge aufweisen und bis dahin etwa 4 Milliarden Euro kosten. Das berichteten die Vorstände der AGGM, Bernhard Painz und Michael Woltran, am Rande des Austrian
Gas Infrastructure Day (AGID) ihres Unternehmens am 5. November in Wien.
Die AGGM ist in Österreich für die übergeordnete Planung der Gasinfrastruktur sowie für die koordinierte Steuerung der Gasnetze zuständig. In der ersten Version ihrer H2-Roadmap, die 2022 erarbeitet worden ist, hatte die AGGM die Länge des österreichischen Wasserstoffnetzes im Jahr 2040 mit 1.700 Kilometern angegeben, die Kosten mit rund 2 Milliarden Euro. Geändert hat sich vor allem die Länge der neu zu errichtenden Pipelines: Wurde diese vormals mit etwa 300 Kilometern beziffert, sind es nun 730 Kilometer. Painz begründete dies damit, dass der Wasserstoffbedarf offenbar „flächiger“ wird −, anders gesagt, in mehr Gebieten Österreichs auftritt als in der Erstversion der Roadmap.
Für die überarbeitete Roadmap nahm die AGGM eine Bedarfserhebung unter den etwa 90 größten Erdgasverbrauchern Österreichs vor − konkret unter Industrieunternehmen sowie Kraftwerksbetreibern. Ferner schätzte sie die Entwicklung des Bedarfs der Kleinkunden ein, insbesondere der Haushalte, die derzeit etwa ein Drittel des derzeitigen Erdgasbedarfs ausmachen, und sicherte dies mit einem Energiesystemmodell ab.
Laut Painz zeigte sich dabei, dass die benötigte maximale Stundenleistung bei Erdgas von derzeit knapp 30.000 MW bis 2040 auf etwa 12.000 MW sinken dürfte. Im gleichen Zeitraum ist mit einem Anstieg der Stundenleistung bei Wasserstoff von derzeit annähernd Null auf über 12.000 MW zu rechnen. Zwar benötigt Österreichs Industrie bereits derzeit rund 150.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr. Die Versorgung erfolgt jedoch nicht über ein öffentliches Pipelinenetz.
Vorerst nur Planung
Ausdrücklich betonte Painz, dass sämtliche Vorhaben für die Errichtung von Wasserstoffpipelines in den aktuellen Entwürfen der Netzausbaupläne der AGGM als „Planungsprojekte“ aufgeführt sind. Das sind Vorhaben, die aufgrund der derzeitigen rechtlichen und regulatorischen Vorgaben nicht umsetzbar sind. Ihre Realisierung ist erst auf Basis der für 2025 geplanten Novelle des Gaswirtschaftsgesetzes (GWG) möglich, mit der Österreich das „Gaspaket“ der EU vom heurigen Frühjahr umsetzen möchte. Wann die Novellierung erfolgt, lässt sich jedoch nicht absehen. Dies hängt wesentlich von der künftigen Bundesregierung ab, über deren Zusammensetzung im Gefolge der Parlamentswahl vom 29. September diskutiert, jedoch noch nicht formell verhandelt wird.
Die Leiterin der Abteilung „Strategische Energiepolitik“ im derzeitigen Energieministerium (BMK), Judith Neyer, versicherte beim AGID, auf Fachebene werde an der GWG-Novelle gearbeitet. Sie gehe davon aus, der künftigen Regierung Mitte 2025 ein entsprechendes Konzept vorlegen zu können.
Eine Vertreterin der Regulierungsbehörde E-Control kritisierte beim AGID, die Gaswirtschaft konzentriere sich in ihren Netzausbauplanungen zu sehr auf Wasserstoff und stelle dem gegenüber ihre gesetzliche Pflicht zur Planung der Erdgasleitungen zurück. Laut dem Leiter des Referats Infrastrukturentwicklung der AGGM, Vartan Awetisjan, trifft dies aber nicht zu. Ihm zufolge enthalten die bis 23. November in öffentlicher Konsultation befindlichen Planungsdokumente insgesamt 103 Projekte, von denen nicht mehr als acht Wasserstoffpipelines zum Inhalt haben: „Der Schwerpunkt liegt also eindeutig auf den Erdgasleitungen.“ Überdies sei die AGGM bereits jetzt gesetzlich verpflichtet, auch die Entwicklung der Wasserstoffinfrastruktur in den Blick zu nehmen.
Studie zu CO2-Netz
Erstmals präsentierten Vertreter der AGGM beim AGID Inhalte einer im Auftrag des BMK erstellten Machbarkeitsstudie für ein „CO2-Sammel- und Transportnetz“. Dieses könnte bis 2040 insgesamt rund 1.400 Kilometer umfassen. Laut Helmut Wernhart, dem Leiter der Abteilung Netzzugang & Kapazitäten der AGGM, wird überlegt, das aus den Abgasen von Kraftwerken und Fabriken abgeschiedene CO2 in rund 640 Kilometer umfassenden regionalen Netzen gasförmig zu sammeln. In der Folge würde es auf etwa 80 bis 150 bar verdichtet und, auf diese Weise verflüssigt, mittels überregionaler, insgesamt 760 Kilometer langer Pipelines zu Speichern transportiert. Bis 2034 sei ausschließlich die Speicherung in Österreich möglich, erst danach kämen eventuell entsprechende Optionen im Ausland zum Tragen. Die österreichischen CO2-Speicherkapazitäten bezifferte Wernhart mit maximal 6 Millionen Tonnen, was knapp 9 Prozent der jährlichen CO2-Emissionen Österreichs entspricht. Erheblich sind die Kosten: Sie würden sich je nach Szenario auf 48 bis 250 Euro je Tonne CO2 belaufen.
Zurzeit ist ein österreichisches „CO2-Sammel- und Transportnetz“ ohnehin Vision: Die Rechtslage verbietet kommerzielle CO2-Speicherprojekte.
Die AGGM ist in Österreich für die übergeordnete Planung der Gasinfrastruktur sowie für die koordinierte Steuerung der Gasnetze zuständig. In der ersten Version ihrer H2-Roadmap, die 2022 erarbeitet worden ist, hatte die AGGM die Länge des österreichischen Wasserstoffnetzes im Jahr 2040 mit 1.700 Kilometern angegeben, die Kosten mit rund 2 Milliarden Euro. Geändert hat sich vor allem die Länge der neu zu errichtenden Pipelines: Wurde diese vormals mit etwa 300 Kilometern beziffert, sind es nun 730 Kilometer. Painz begründete dies damit, dass der Wasserstoffbedarf offenbar „flächiger“ wird −, anders gesagt, in mehr Gebieten Österreichs auftritt als in der Erstversion der Roadmap.
Für die überarbeitete Roadmap nahm die AGGM eine Bedarfserhebung unter den etwa 90 größten Erdgasverbrauchern Österreichs vor − konkret unter Industrieunternehmen sowie Kraftwerksbetreibern. Ferner schätzte sie die Entwicklung des Bedarfs der Kleinkunden ein, insbesondere der Haushalte, die derzeit etwa ein Drittel des derzeitigen Erdgasbedarfs ausmachen, und sicherte dies mit einem Energiesystemmodell ab.
Laut Painz zeigte sich dabei, dass die benötigte maximale Stundenleistung bei Erdgas von derzeit knapp 30.000 MW bis 2040 auf etwa 12.000 MW sinken dürfte. Im gleichen Zeitraum ist mit einem Anstieg der Stundenleistung bei Wasserstoff von derzeit annähernd Null auf über 12.000 MW zu rechnen. Zwar benötigt Österreichs Industrie bereits derzeit rund 150.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr. Die Versorgung erfolgt jedoch nicht über ein öffentliches Pipelinenetz.
Vorerst nur Planung
Ausdrücklich betonte Painz, dass sämtliche Vorhaben für die Errichtung von Wasserstoffpipelines in den aktuellen Entwürfen der Netzausbaupläne der AGGM als „Planungsprojekte“ aufgeführt sind. Das sind Vorhaben, die aufgrund der derzeitigen rechtlichen und regulatorischen Vorgaben nicht umsetzbar sind. Ihre Realisierung ist erst auf Basis der für 2025 geplanten Novelle des Gaswirtschaftsgesetzes (GWG) möglich, mit der Österreich das „Gaspaket“ der EU vom heurigen Frühjahr umsetzen möchte. Wann die Novellierung erfolgt, lässt sich jedoch nicht absehen. Dies hängt wesentlich von der künftigen Bundesregierung ab, über deren Zusammensetzung im Gefolge der Parlamentswahl vom 29. September diskutiert, jedoch noch nicht formell verhandelt wird.
Die Leiterin der Abteilung „Strategische Energiepolitik“ im derzeitigen Energieministerium (BMK), Judith Neyer, versicherte beim AGID, auf Fachebene werde an der GWG-Novelle gearbeitet. Sie gehe davon aus, der künftigen Regierung Mitte 2025 ein entsprechendes Konzept vorlegen zu können.
Eine Vertreterin der Regulierungsbehörde E-Control kritisierte beim AGID, die Gaswirtschaft konzentriere sich in ihren Netzausbauplanungen zu sehr auf Wasserstoff und stelle dem gegenüber ihre gesetzliche Pflicht zur Planung der Erdgasleitungen zurück. Laut dem Leiter des Referats Infrastrukturentwicklung der AGGM, Vartan Awetisjan, trifft dies aber nicht zu. Ihm zufolge enthalten die bis 23. November in öffentlicher Konsultation befindlichen Planungsdokumente insgesamt 103 Projekte, von denen nicht mehr als acht Wasserstoffpipelines zum Inhalt haben: „Der Schwerpunkt liegt also eindeutig auf den Erdgasleitungen.“ Überdies sei die AGGM bereits jetzt gesetzlich verpflichtet, auch die Entwicklung der Wasserstoffinfrastruktur in den Blick zu nehmen.
Studie zu CO2-Netz
Erstmals präsentierten Vertreter der AGGM beim AGID Inhalte einer im Auftrag des BMK erstellten Machbarkeitsstudie für ein „CO2-Sammel- und Transportnetz“. Dieses könnte bis 2040 insgesamt rund 1.400 Kilometer umfassen. Laut Helmut Wernhart, dem Leiter der Abteilung Netzzugang & Kapazitäten der AGGM, wird überlegt, das aus den Abgasen von Kraftwerken und Fabriken abgeschiedene CO2 in rund 640 Kilometer umfassenden regionalen Netzen gasförmig zu sammeln. In der Folge würde es auf etwa 80 bis 150 bar verdichtet und, auf diese Weise verflüssigt, mittels überregionaler, insgesamt 760 Kilometer langer Pipelines zu Speichern transportiert. Bis 2034 sei ausschließlich die Speicherung in Österreich möglich, erst danach kämen eventuell entsprechende Optionen im Ausland zum Tragen. Die österreichischen CO2-Speicherkapazitäten bezifferte Wernhart mit maximal 6 Millionen Tonnen, was knapp 9 Prozent der jährlichen CO2-Emissionen Österreichs entspricht. Erheblich sind die Kosten: Sie würden sich je nach Szenario auf 48 bis 250 Euro je Tonne CO2 belaufen.
Zurzeit ist ein österreichisches „CO2-Sammel- und Transportnetz“ ohnehin Vision: Die Rechtslage verbietet kommerzielle CO2-Speicherprojekte.
Klaus Fischer
© 2024 Energie & Management GmbH
Mittwoch, 06.11.2024, 10:54 Uhr
Mittwoch, 06.11.2024, 10:54 Uhr
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