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Enerige & Management > Geothermie - Wann sich die Nachnutzung von Erdgasbohrungen lohnt
Quelle: Shutterstock
GEOTHERMIE:
Wann sich die Nachnutzung von Erdgasbohrungen lohnt
Fraunhofer-Forscher haben die weitere Nutzung alter Erdgasbohrungen für die Geothermie untersucht. Sie raten, solche kostengünstigen Lösungen bei der Wärmeplanung zu berücksichtigen.
 
Die Hauptkosten bei der Nutzung von Geothermie fallen bei den Bohrungen an, mit denen die Erdwärme aus mehreren Kilometern Tiefe gewonnen wird. Eine wirtschaftlich interessante Option sehen die Forscher der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG darin, bereits bestehende Bohrungen, wie etwa in erschöpften Erdgasfeldern, für die Geothermie zu nutzen. In einer aktuellen Studie, die im Fachjournal Geothermal Energy veröffentlicht wurde, untersuchten sie den technischen und wirtschaftlichen Rahmen für die Nachnutzung solcher Erdgasbohrungen.

„Die Umnutzung fossiler Infrastrukturen zur Erzeugung grüner Energie ist eine vielversprechende Idee – besonders in Anbetracht der Vielzahl an ungenutzten Erdöl- und Erdgasbohrungen im Norddeutschen Becken“, erklärt Dr. Nora Koltzer vom Fraunhofer IEG. Die Erstautorin der Studie betont jedoch, dass wesentliche Unterschiede zwischen Geothermie- und Erdgasbohrungen sowie zwischen den Energieträgern Erdwärme und Gas berücksichtigt werden müssen.

Der Energieträger Gas weise eine deutlich höhere Energiedichte auf als die physikalische Energieform der Erdwärme, was zur Folge habe, dass der Wärmetransport nur über kurze Distanzen wirtschaftlich sinnvoll ist. Koltzer: „Trotz dieser Einschränkung kann die Nutzung bestehender Bohrungen erhebliche Kostenvorteile bieten, weshalb Gemeinden, die alte Gas- oder Erdölbohrungen besitzen, diese Möglichkeit in ihrer Wärmeplanung einbeziehen sollten.“ Dies gelte besonders für Gemeinden im Norddeutschen Becken, wo viele Erdgasfelder existieren.

In der Studie untersuchte Koltzer mit ihrem Team zwei ehemalige Erdgasbohrungen der „ExxonMobil Production Deutschland GmbH“ in Niedersachsen, die repräsentative geologische Gegebenheiten widerspiegeln: eine flache geologische Schichtung sowie einen aufsteigenden Salzdiapir. Die Bohrungen reichen bis in Tiefen von 2,8 Kilometern und 4,3 Kilometern, bei Temperaturen von 114 Grad respektive 139 Grad Celsius. Die Studienautorin merkt an: Eine neue Geothermiebohrung in vergleichbarer Tiefe würde heute etwa 1 Million Euro pro Kilometer kosten.

Die beiden bestehenden Bohrungen wurden detailliert modelliert, und der Betrieb verschiedener Erdwärmesonden über 30 Jahre hinweg wurde simuliert. Die berechneten Wärmeleistungen liegen im Durchschnitt zwischen 200 und 400 kW, mit Spitzenwerten von 600 kW. Fraunhofer IEG erklärt, die erzielbare Leistung hänge stark von der nutzbaren Bohrtiefe und der Rücklauftemperatur des Wärmenetzes ab.

Zusätzlich wurden der Wärmebedarf in der Umgebung der Bohrlöcher kartiert und mögliche Wärmenetze simuliert. Die berechneten Wärme-Gestehungskosten sind laut Fraunhofer vergleichbar mit denen anderer erneuerbarer Energien wie Biomasse und - abhängig von der Entfernung zur Energiequelle - auch wettbewerbsfähig gegenüber den aktuellen Erdgaspreisen.

Ergebnisse der Untersuchungen

Der Tipp der Forschenden: Um die Kosten für Wärmeleitungen zu minimieren und Wärmeverluste gering zu halten, sollten zwischen Bohrung und Abnehmer höchstens 3 bis 5 Kilometer liegen. Zudem muss das Geothermie-Wasser mindestens 60 Grad Celsius heiß sein, um den Einsatz zusätzlicher Technik wie Wärmepumpen zu vermeiden.

Bohrungen, die bis in größere Tiefen reichen und einen Rohrdurchmesser von 7 Zoll (entspricht 17,78 Zentimeter) aufweisen, bieten gute Voraussetzungen für effiziente Sondensysteme. Idealerweise sollte die Wärmeleitfähigkeit des umgebenden Gesteins mindestens 3 Watt pro Meter und Kelvin betragen, und ein Grundlastbetrieb von mehr als 8.000 Stunden pro Jahr wäre optimal.

Die Studie zeigt: Solange die Bohrungen technisch intakt sind, lassen sich tiefe Erdwärmesonden an ungenutzten Bohrstandorten installieren, ohne dass größere geologische oder technische Risiken bestehen. Sie können laut Fraunhofer IEG eine wertvolle Wärmequelle für Fernwärmenetze oder größere Abnehmer wie Krankenhäuser, Industrieanlagen oder Schwimmbäder darstellen. Kommunen und Industrie sollten daher bei ihrer Wärmeplanung stets die Option einer Umnutzung alter Erdgas- und Erdölbohrungen in Betracht ziehen.

Die Studie „Repurposing idle wells in the North German Basin as deep borehole heat exchangers“  ist auf der Internetseite des Fraunhofer IEG einsehbar. 
 

Davina Spohn
Redakteurin
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Dienstag, 22.10.2024, 15:21 Uhr

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