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Enerige & Management > Wärmenetz - Wärmepumpen-Kältemittel bringt Stadtwerke in die Kritik
Quelle: Shutterstock / Suwin
WÄRMENETZ:
Wärmepumpen-Kältemittel bringt Stadtwerke in die Kritik
Die Stadtwerke Flensburg haben eine Großwärmepumpe mit dem Kältemittel „R1234ze“ bestellt. Die Anlage soll 2027 in Betrieb gehen. Doch das Kältemittel ist dann möglicherweise verboten.
 
Viel Geld für Technik, die gleich nach der Auslieferung teuer umgerüstet werden muss? Die Stadtwerke Flensburg wollen ab Sommer 2027 Fördewasser als Fernwärmequelle nutzen. Für rund 70 Millionen Euro soll eine Großwärmepumpen-Anlage entstehen, knapp die Hälfte der Investitionskosten entfallen nach Angaben des Unternehmens auf die Pumpe. Die soll mit dem Kältemittel „R1234ze“ betrieben werden. Ein Mittel, dessen Tage gezählt scheinen.

„R1234ze“ ist aus der Stoffgruppe der Hydrofluorolefine. Diese Stoffgruppe wiederum zählt zu den per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen, kurz PFAS. Experten rechnen damit, dass deren Verwendung EU-weit verboten wird.

Sollte es zu einem PFAS-Verbot im Rahmen der EU-Chemikalienverordnung „REACH“ (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) im geplanten Umfang kommen, würden Stoffe wie „R1234ze“ für Neuanlagen ab circa 2027 nicht mehr erlaubt, schreibt die Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik auf ihrer Internetseite. „R1234ze“ werde in der Atmosphäre unter anderem zu Trifluoressigsäure (TFA) abgebaut. „Dieser Stoff ist sehr langlebig und wasserlöslich und kann sich daher in Gewässern anreichern. Eine Umweltgefährdung durch TFA kann daher nicht ausgeschlossen werden“, so die Bundesfachschule. Man sollte sich daher nicht darauf verlassen, dass Kältemittel wie „R1234ze“ langfristig einsetzbar seien.

„Wird Flensburger Meerwasserpumpe zum Millionengrab?“ Diese Frage hat der Norddeutsche Rundfunk jetzt in den Raum gestellt. Es sei „völlig unverständlich, dass die Stadtwerke hier möglicherweise ein Risiko eingehen“, berichtet der NDR und beruft sich auf einen Kältetechnik-Experten. Die Stadtwerke hätten besser daran getan, gleich mit Alternativen zu planen.
  Vergleich verschiedener Kältemittel
 
Das kommunale Versorgungsunternehmen weist die Kritik zurück. „Den Stadtwerken Flensburg ist bewusst, dass ein Abbauprodukt von ‚R1234ze‘ zu den PFAS zählt. Diese Thematik haben wir ebenfalls bewertet und behalten sie weiter im Blick“, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Es sei „auch noch völlig unklar, ob ein Verbot von ‚R1234ze‘ wirklich kommen wird und welche Produkte und welche Einsatzzwecke von einem Verbot im Rahmen der REACH-Verordnung betroffen wären“.

Zusammen mit Pumpenhersteller habe man diverse infrage kommende Kältemittel bewertet. „R1234ze“ sei für die geplante Großwärmepumpe – sie soll eine thermische Leistung von 60 MW haben – technisch optimal und die wirtschaftlichste Alternative. Dieses Kältemittel finde auch bei anderen, ähnlichen Projekte wie etwa in Hamburg, Mannheim und Stuttgart zur Anwendung, so die Stadtwerke.

Als natürliches Kältemittel kommt andernorts etwa Ammoniak zum Einsatz. Dieser Stoff sei unter anderem im Gegensatz zu „R1234ze“ „wassergefährdend und sehr giftig für Wasserorganismen“, erklärt das Unternehmen, warum er im Fall von Fördewasser als Wärmeträgermedium ausschied.

Ammoniak bei kleinerer Anlage

Eine Wärmepumpe desselben Herstellers, jedoch mit viel geringerer Leistung, haben die Stadtwerke Neustadt in Holstein. Auch dort dient Meerwasser der Fernwärmeversorgung. Die Heizleistung der Anlage reicht bis 700 kW. „Technische und wirtschaftliche Überlegungen haben ergeben, dass Ammoniak das geeignetste Kältemittel ist“, so ein Sprecher des Unternehmens.

Ein anderes natürliches Kältemittel ist CO2. Für die Flensburger Anlagen sei es nicht geeignet, „da die Rücklauftemperaturen mit 60 Grad Celcius hier zu hoch sind und der Wirkungsgrad der Großwärmepumpe dadurch extrem schlecht wäre“, erläutern die Stadtwerke.

Grundsätzlich als Alternative sieht man in Flensburg Isobutan. „Uns ist aber keine Großwärmepumpe unserer Größenordnung bekannt, in der Isobutan eingesetzt wird.“ Auf die Ausschreibung hin sei keine Anlage mit diesem Kältemittel angeboten worden.

PFAS-Verbot hin oder her – die Stadtwerke Flensburg halten die ihre Investition für „zukunftssicher“. Die Wärmpumpe „könnte auf andere Kältemittel umgerüstet werden, wenn es eine insgesamt bessere Alternative geben wird oder die Rahmenbedingungen es erfordern“, heißt es.
 

Manfred Fischer
© 2025 Energie & Management GmbH
Montag, 27.01.2025, 18:09 Uhr

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