Quelle: E&M
AUS DER ZEITUNG:
Vom Sonderweg zur Referenz
Mittlerweile mehren sich die Stimmen, die beim Smart Meter Rollout vor einem unreflektierten Vergleich mit Nachbarländern warnen und Deutschland als Vorreiter in Europa sehen.
Die Bundesnetzagentur erhebt quartalsweise Daten zum Stand des Rollouts intelligenter Messsysteme in Deutschland. Bis die
Zahlen dann veröffentlicht werden, dauert es allerdings. Deshalb stammen die zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe aktuellen
Werte noch vom Stichtag 31. März. Die Angaben, welche die Messstellenbetreiber zu diesem Zeitpunkt gemacht hatten, zeigen
aber immerhin erkennbare Fortschritte gegenüber den vorangegangenen Betrachtungszeiträumen.
Zuletzt war ein Anstieg um rund 55.000 auf etwas mehr als 690.000 verbaute Einheiten bei den nach Verbrauchsgruppen gesetzlich definierten Pflichteinbaufällen zu verzeichnen. Die Quote, die sich daraus ergab, lag damit bei knapp 15 Prozent.
Es ist ein Durchschnittswert. Viele große Messstellenbetreiber liegen darüber. Viele kleine hinken jedoch noch hinterher. Ihnen sitzt die Bundesnetzagentur im Nacken.
Diese wacht darüber, ob auch alle grundzuständigen Messstellenbetreiber − der Gesetzgeber hat diese Rolle grundsätzlich dem lokalen beziehungsweise regionalen Verteilnetzbetreiber übertragen − die vorgeschriebene Quote von 20 Prozent ihrer Pflichteinbaufälle bis Ende 2025 erreicht haben. Als finale Deadline gilt das Jahr 2032. Dann wären nach heutiger Definition der Pflichteinbaufälle rund 20 Millionen intelligente Messsysteme im Feld − bei etwa 54 Millionen Messlokationen insgesamt.
Rasche Skalierung möglich
Marcus Hörhammer sieht die vorgeschriebenen 20 Prozent in greifbarer Nähe. Der Geschäftsführer von Voltaris nimmt eine steile Lernkurve bei den Messstellenbetreibern wahr, die sich jetzt auszahle und grundsätzlich eine schnelle Skalierung ermögliche.
Der Metering-Dienstleister bietet mit seiner Anwendergemeinschaft derzeit mehr als 50 grundzuständigen Messstellenbetreibern eine Plattform zur Wissensvermittlung, zum Austausch und zur Kooperation. Lange seien die regulatorischen Rahmenbedingungen des Rollouts unsicher gewesen, erläutert Hörhammer. In dieser Zeit sei es aber sehr wohl möglich gewesen, Erfahrungen zu sammeln, Pilotprojekte durchzuführen und beispielsweise die Kommunikationsanbindung der Smart Meter Gateways oder die Anbindung an die IT-Systeme im Backend zu testen. Wer die Zeit entsprechend genutzt habe, habe umso schneller jetzt den operativen Rollout starten können. Dies gelte auch für kleine und mittlere Messstellenbetreiber.
Dass die kleinen Unternehmen von den Erfahrungen der vergangenen Monate profitieren, zeigen die Aussagen einiger Stadtwerke bei einer nicht repräsentativen Umfrage von E&M. Von einer Verdopplung der Einbauzahlen auf niedrigem Niveau in den letzten drei Monaten ist die Rede oder von einer Steigerung von unter 10 Prozent auf nahe 15 Prozent. Allen gemeinsam ist der Optimismus, jetzt Geschwindigkeit aufzunehmen und die Zielmarke bis Jahresende zu erreichen. Alle werben aber auch um Verständnis dafür, dass sie zunächst einmal mit dem operativen Rollout abgewartet haben. Angesichts der für lange Zeit unsicheren regulatorischen Rahmenbedingungen mit der sogenannten Markterklärung, mit juristischen Auseinandersetzungen und Gesetzesnovellen sei es die richtige Strategie gewesen. Das Risiko, Sunk Costs zu erleiden, sei einfach zu hoch gewesen. Jetzt könne man aber durchstarten.
„Wir sehen derzeit eine enorme Skalierung“, sagt auch Peter Heuell. „Man kann keinesfalls mehr davon sprechen, dass der Rollout hakt“, so der Vorstandsvorsitzende des ZVEI-Fachverbands Energietechnik. Ähnlich hatte sich vor einigen Wochen Ingo Schönberg von Power Plus Communications (PPC) geäußert. Wie dieser ist Heuell im „Hauptberuf“ CEO eines Smart-Meter-Gateway-Herstellers und daher quasi Berufsoptimist, was das Rollout-Tempo von intelligenten Messsystemen angeht.
Als Chef von EMH Metering kann Heuell von 400 Kunden berichten, von vollen Auftragsbüchern und einer Produktion im Drei-Schicht-Betrieb. Alles auf Hochtouren. Deshalb werden seiner Überzeugung nach die Einbauzahlen weiter „dramatisch“ steigen. Die nächsten Quartalserhebungen der Bundesnetzagentur werden den Trend bestätigen, ist er sicher.
Es gehe jetzt einfach darum „zu machen“, ist in diesen Tagen häufig, vor allem von Verbänden und Beratern, zu hören. Die Branche hört die Botschaft und macht zwar. Dennoch hält sich hartnäckig das Narrativ, Deutschland hinke beim Smart Meter Rollout weit hinter anderen europäischen Ländern her. Zum Teil seien dort schon längst 100 Prozent erreicht.
Inzwischen mehren sich allerdings auch Stimmen, die grundsätzlich vor einem unreflektierten Vergleich von Voll-Rollout und gesetzlich verankertem Pflicht-Rollout, von Smart Meter und intelligentem Messsystem warnen. PPC-Chef Ingo Schönberg hatte in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied des Forums Netztechnik/Netzbetrieb (FNN) im VDE schon Juni bei einem Gespräch mit Journalisten betont: „Wir sind tatsächlich First Mover.“ Mittlerweile schaue Europa auf den „deutschen Sonderweg“. Der Cyber Resiliance Act der EU beziehe sich auf das BSI-zertifizierte Smart Meter Gateway als Referenz. Der europäische Metering-Verband spreche von einem „richtungsweisenden Ansatz“ und die EU habe Cenelec, dem Europäischen Komitee für elektrotechnische Normung, ein Standardisierungsmandat für ein cybersicheres Smart Meter Gateway gegeben.
Frank Borchardt, der beim FNN für die Themenfelder Digitalisierung und Metering verantwortlich ist, pflichtet ihm vollkommen bei und mahnt, genau hinzuschauen, wenn der Rollout hierzulande mit dem in anderen EU-Staaten verglichen wird: „Wir haben in Deutschland einen Pflicht-Rollout, der auf ein Smart Grid abzielt. In anderen Ländern werden einfach nur Stromzähler ausgelesen − und dies noch mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit.“ Die grundsätzliche Viertelstundenmessung, die Umsetzung dynamischer Tarife oder die Bereitstellung von Netzzustandsdaten seien in einer Reihe von Ländern mit Voll-Rollout gar nicht möglich. „Die meisten Länder sind noch weit hinter unseren derzeitigen Fähigkeiten zurück“, so Borchardt. Dies gelte natürlich auch für das Steuern von Anlagen, für das mittlerweile hierzulande die Grundlagen gelegt sind.
„In vielen Ländern werden zwar Verbraucher ‚gesteuert‘. Der Regelfall ist aber das, was wir schon vor der Jahrtausendwende mit Nachtspeicherheizungen gemacht haben“, erklärt der FNN-Experte. Verbraucher werden einfach ein- oder abgeschaltet. Von stufenlosem Regeln, von Dimmen, wie es bei einem drohenden Netzengpass die Umsetzung des § 14a EnWG vorsieht, könne keine Rede sein. Es gehe nur entweder um 0 oder 1. In manchen Ländern geschehe das tatsächlich über ein Relais des Smart Meters, in manchen Ländern aber auch mit separater Technik. Deshalb werde derzeit auf EU-Ebene ein Network Code Demand and Response geschrieben. An dessen Ausarbeitung ist Borchardt persönlich beteiligt. Das Regelwerk soll einen einheitlichen Rahmen für Flexibilitätsmärkte bis hinunter ins Niederspannungsnetz definieren.
„Dieser Network Code geht genau in die Richtung, die wir in Deutschland schon gegangen sind“, erläutert er. Damit würden die Netzbetreiber beispielsweise verpflichtet, die Infrastruktur zur Ermittlung des Netzzustands bereitzustellen und dann mit den zu steuernden Anlagen zu interagieren. Die intelligenten Messsysteme, die Steuerboxen, Hardware und Software, im Grunde ist alles vorhanden. „In den Sitzungen der Network-Code-Arbeitsgruppe kommt deshalb auch immer wieder die Frage: ‚Wie haben denn die Deutschen das gelöst?‘“, berichtet Borchardt.
Security by Design für das Smart Grid
Nach Überzeugung von Marcus Hörhammer hat Security by Design auf jeden Fall das Potenzial zum Referenzmodell. Denn damit werde ein äußerst hohes Maß an Systemsicherheit gewährleistet, nicht nur beim Steuern und Schalten, sondern eben auch bei der Ermittlung der Netzzustandsdaten. Diese seien schließlich auch hochgradig sicherheitsrelevant, erläutert der Voltaris-Geschäftsführer, da die Korrumpierung dieser Werte eine falsche Netzsituation vortäuschen und damit die frühzeitige Erkennung von Netzproblemen verhindern könnte. Angesichts der Zunahme geopolitischer Spannungen und Gefahren komme der Sicherheit kritischer Infrastrukturen eine wachsende Bedeutung zu.
Die Niederlande arbeiten gerade daran, die zweite Generation des Smart Meters zu definieren. Die Cybersecurity-Anforderungen sind in den Fokus gerückt. „Damit kommen sie schon unserem Smart-Grid-Ansatz sehr nahe“, sagt Peter Heuell. Cybersecurity sei ein wichtiges Thema, das bei unseren nordwestlichen Nachbarn die Smart-Meter-Entwicklung derzeit stark beeinflusse. Dabei spielen die Common Criteria als weltweit anerkannter Standard eine wesentliche Rolle. Darauf basiert in Deutschland das Schutzprofil der Smart Meter Gateways und die entsprechende Zertifizierung durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
„Daran orientieren sich andere Länder nun“, bestätigt Heuell. Auch die Schweiz habe ihre sogenannte Datenschutzprüfung an den Common Criteria ausgerichtet, die − und dies kann er nicht deutlich genug betonen − in Deutschland längst fester Bestandteil der Smart-Meter-Zertifizierung sind. In Österreich seien die Smart Meter ausgerollt worden, um Zählerstände zu erfassen und Bilanzkreise auf Viertelstundenbasis abzubilden, nicht um zu steuern. Jetzt geht es aber auch im Alpenstaat um netzdienliche Anwendungen.
Ursprünglich war der Smart Meter Rollout in der EU vor allem durch die Vorstellung der Kommission getrieben, eine höhere Partizipation der Endkunden im Energiemarkt zu erreichen. Sie sollen eine bessere Kontrolle über ihren Verbrauch bekommen und günstigere Preise − etwa durch die Kopplung eines Tarifs an den Börsenpreis. Der Lieferantenwechsel soll einfacher abzuwickeln sein, genau wie der Wohnungswechsel. „Wir haben gleich darauf geschaut, was für die Integration der Erneuerbaren und die Stabilität der Netze notwendig ist“, sagt Peter Heuell. Dies zahle sich nun definitiv aus.
Zuletzt war ein Anstieg um rund 55.000 auf etwas mehr als 690.000 verbaute Einheiten bei den nach Verbrauchsgruppen gesetzlich definierten Pflichteinbaufällen zu verzeichnen. Die Quote, die sich daraus ergab, lag damit bei knapp 15 Prozent.
Es ist ein Durchschnittswert. Viele große Messstellenbetreiber liegen darüber. Viele kleine hinken jedoch noch hinterher. Ihnen sitzt die Bundesnetzagentur im Nacken.
Diese wacht darüber, ob auch alle grundzuständigen Messstellenbetreiber − der Gesetzgeber hat diese Rolle grundsätzlich dem lokalen beziehungsweise regionalen Verteilnetzbetreiber übertragen − die vorgeschriebene Quote von 20 Prozent ihrer Pflichteinbaufälle bis Ende 2025 erreicht haben. Als finale Deadline gilt das Jahr 2032. Dann wären nach heutiger Definition der Pflichteinbaufälle rund 20 Millionen intelligente Messsysteme im Feld − bei etwa 54 Millionen Messlokationen insgesamt.
Rasche Skalierung möglich
Marcus Hörhammer sieht die vorgeschriebenen 20 Prozent in greifbarer Nähe. Der Geschäftsführer von Voltaris nimmt eine steile Lernkurve bei den Messstellenbetreibern wahr, die sich jetzt auszahle und grundsätzlich eine schnelle Skalierung ermögliche.
Der Metering-Dienstleister bietet mit seiner Anwendergemeinschaft derzeit mehr als 50 grundzuständigen Messstellenbetreibern eine Plattform zur Wissensvermittlung, zum Austausch und zur Kooperation. Lange seien die regulatorischen Rahmenbedingungen des Rollouts unsicher gewesen, erläutert Hörhammer. In dieser Zeit sei es aber sehr wohl möglich gewesen, Erfahrungen zu sammeln, Pilotprojekte durchzuführen und beispielsweise die Kommunikationsanbindung der Smart Meter Gateways oder die Anbindung an die IT-Systeme im Backend zu testen. Wer die Zeit entsprechend genutzt habe, habe umso schneller jetzt den operativen Rollout starten können. Dies gelte auch für kleine und mittlere Messstellenbetreiber.
Dass die kleinen Unternehmen von den Erfahrungen der vergangenen Monate profitieren, zeigen die Aussagen einiger Stadtwerke bei einer nicht repräsentativen Umfrage von E&M. Von einer Verdopplung der Einbauzahlen auf niedrigem Niveau in den letzten drei Monaten ist die Rede oder von einer Steigerung von unter 10 Prozent auf nahe 15 Prozent. Allen gemeinsam ist der Optimismus, jetzt Geschwindigkeit aufzunehmen und die Zielmarke bis Jahresende zu erreichen. Alle werben aber auch um Verständnis dafür, dass sie zunächst einmal mit dem operativen Rollout abgewartet haben. Angesichts der für lange Zeit unsicheren regulatorischen Rahmenbedingungen mit der sogenannten Markterklärung, mit juristischen Auseinandersetzungen und Gesetzesnovellen sei es die richtige Strategie gewesen. Das Risiko, Sunk Costs zu erleiden, sei einfach zu hoch gewesen. Jetzt könne man aber durchstarten.
„Wir sehen derzeit eine enorme Skalierung“, sagt auch Peter Heuell. „Man kann keinesfalls mehr davon sprechen, dass der Rollout hakt“, so der Vorstandsvorsitzende des ZVEI-Fachverbands Energietechnik. Ähnlich hatte sich vor einigen Wochen Ingo Schönberg von Power Plus Communications (PPC) geäußert. Wie dieser ist Heuell im „Hauptberuf“ CEO eines Smart-Meter-Gateway-Herstellers und daher quasi Berufsoptimist, was das Rollout-Tempo von intelligenten Messsystemen angeht.
Als Chef von EMH Metering kann Heuell von 400 Kunden berichten, von vollen Auftragsbüchern und einer Produktion im Drei-Schicht-Betrieb. Alles auf Hochtouren. Deshalb werden seiner Überzeugung nach die Einbauzahlen weiter „dramatisch“ steigen. Die nächsten Quartalserhebungen der Bundesnetzagentur werden den Trend bestätigen, ist er sicher.
Es gehe jetzt einfach darum „zu machen“, ist in diesen Tagen häufig, vor allem von Verbänden und Beratern, zu hören. Die Branche hört die Botschaft und macht zwar. Dennoch hält sich hartnäckig das Narrativ, Deutschland hinke beim Smart Meter Rollout weit hinter anderen europäischen Ländern her. Zum Teil seien dort schon längst 100 Prozent erreicht.
Inzwischen mehren sich allerdings auch Stimmen, die grundsätzlich vor einem unreflektierten Vergleich von Voll-Rollout und gesetzlich verankertem Pflicht-Rollout, von Smart Meter und intelligentem Messsystem warnen. PPC-Chef Ingo Schönberg hatte in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied des Forums Netztechnik/Netzbetrieb (FNN) im VDE schon Juni bei einem Gespräch mit Journalisten betont: „Wir sind tatsächlich First Mover.“ Mittlerweile schaue Europa auf den „deutschen Sonderweg“. Der Cyber Resiliance Act der EU beziehe sich auf das BSI-zertifizierte Smart Meter Gateway als Referenz. Der europäische Metering-Verband spreche von einem „richtungsweisenden Ansatz“ und die EU habe Cenelec, dem Europäischen Komitee für elektrotechnische Normung, ein Standardisierungsmandat für ein cybersicheres Smart Meter Gateway gegeben.
Frank Borchardt, der beim FNN für die Themenfelder Digitalisierung und Metering verantwortlich ist, pflichtet ihm vollkommen bei und mahnt, genau hinzuschauen, wenn der Rollout hierzulande mit dem in anderen EU-Staaten verglichen wird: „Wir haben in Deutschland einen Pflicht-Rollout, der auf ein Smart Grid abzielt. In anderen Ländern werden einfach nur Stromzähler ausgelesen − und dies noch mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit.“ Die grundsätzliche Viertelstundenmessung, die Umsetzung dynamischer Tarife oder die Bereitstellung von Netzzustandsdaten seien in einer Reihe von Ländern mit Voll-Rollout gar nicht möglich. „Die meisten Länder sind noch weit hinter unseren derzeitigen Fähigkeiten zurück“, so Borchardt. Dies gelte natürlich auch für das Steuern von Anlagen, für das mittlerweile hierzulande die Grundlagen gelegt sind.
„In vielen Ländern werden zwar Verbraucher ‚gesteuert‘. Der Regelfall ist aber das, was wir schon vor der Jahrtausendwende mit Nachtspeicherheizungen gemacht haben“, erklärt der FNN-Experte. Verbraucher werden einfach ein- oder abgeschaltet. Von stufenlosem Regeln, von Dimmen, wie es bei einem drohenden Netzengpass die Umsetzung des § 14a EnWG vorsieht, könne keine Rede sein. Es gehe nur entweder um 0 oder 1. In manchen Ländern geschehe das tatsächlich über ein Relais des Smart Meters, in manchen Ländern aber auch mit separater Technik. Deshalb werde derzeit auf EU-Ebene ein Network Code Demand and Response geschrieben. An dessen Ausarbeitung ist Borchardt persönlich beteiligt. Das Regelwerk soll einen einheitlichen Rahmen für Flexibilitätsmärkte bis hinunter ins Niederspannungsnetz definieren.
„Dieser Network Code geht genau in die Richtung, die wir in Deutschland schon gegangen sind“, erläutert er. Damit würden die Netzbetreiber beispielsweise verpflichtet, die Infrastruktur zur Ermittlung des Netzzustands bereitzustellen und dann mit den zu steuernden Anlagen zu interagieren. Die intelligenten Messsysteme, die Steuerboxen, Hardware und Software, im Grunde ist alles vorhanden. „In den Sitzungen der Network-Code-Arbeitsgruppe kommt deshalb auch immer wieder die Frage: ‚Wie haben denn die Deutschen das gelöst?‘“, berichtet Borchardt.
Security by Design für das Smart Grid
Nach Überzeugung von Marcus Hörhammer hat Security by Design auf jeden Fall das Potenzial zum Referenzmodell. Denn damit werde ein äußerst hohes Maß an Systemsicherheit gewährleistet, nicht nur beim Steuern und Schalten, sondern eben auch bei der Ermittlung der Netzzustandsdaten. Diese seien schließlich auch hochgradig sicherheitsrelevant, erläutert der Voltaris-Geschäftsführer, da die Korrumpierung dieser Werte eine falsche Netzsituation vortäuschen und damit die frühzeitige Erkennung von Netzproblemen verhindern könnte. Angesichts der Zunahme geopolitischer Spannungen und Gefahren komme der Sicherheit kritischer Infrastrukturen eine wachsende Bedeutung zu.
Die Niederlande arbeiten gerade daran, die zweite Generation des Smart Meters zu definieren. Die Cybersecurity-Anforderungen sind in den Fokus gerückt. „Damit kommen sie schon unserem Smart-Grid-Ansatz sehr nahe“, sagt Peter Heuell. Cybersecurity sei ein wichtiges Thema, das bei unseren nordwestlichen Nachbarn die Smart-Meter-Entwicklung derzeit stark beeinflusse. Dabei spielen die Common Criteria als weltweit anerkannter Standard eine wesentliche Rolle. Darauf basiert in Deutschland das Schutzprofil der Smart Meter Gateways und die entsprechende Zertifizierung durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
„Daran orientieren sich andere Länder nun“, bestätigt Heuell. Auch die Schweiz habe ihre sogenannte Datenschutzprüfung an den Common Criteria ausgerichtet, die − und dies kann er nicht deutlich genug betonen − in Deutschland längst fester Bestandteil der Smart-Meter-Zertifizierung sind. In Österreich seien die Smart Meter ausgerollt worden, um Zählerstände zu erfassen und Bilanzkreise auf Viertelstundenbasis abzubilden, nicht um zu steuern. Jetzt geht es aber auch im Alpenstaat um netzdienliche Anwendungen.
Ursprünglich war der Smart Meter Rollout in der EU vor allem durch die Vorstellung der Kommission getrieben, eine höhere Partizipation der Endkunden im Energiemarkt zu erreichen. Sie sollen eine bessere Kontrolle über ihren Verbrauch bekommen und günstigere Preise − etwa durch die Kopplung eines Tarifs an den Börsenpreis. Der Lieferantenwechsel soll einfacher abzuwickeln sein, genau wie der Wohnungswechsel. „Wir haben gleich darauf geschaut, was für die Integration der Erneuerbaren und die Stabilität der Netze notwendig ist“, sagt Peter Heuell. Dies zahle sich nun definitiv aus.
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Mittwoch, 01.10.2025, 09:02 Uhr
Mittwoch, 01.10.2025, 09:02 Uhr
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