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Enerige & Management > Kernkraft - Visegrad-Staaten forcieren Arbeiten an neuen Kernkraftwerken
Quelle: Pixabay / Markus Distelrath
KERNKRAFT:
Visegrad-Staaten forcieren Arbeiten an neuen Kernkraftwerken
Polen, Tschechien, Ungarn und die Slowakei treiben die Atomkraft vehement voran. Ein Überblick über den Stand der Planungen. 
 
Die Regierungen aller vier Staaten der Visegrad-Gruppe – Polen, Tschechien, Ungarn und die Slowakei – haben für die zweite Jahreshälfte 2025 entscheidende Schritte beim Bau von Kernreaktoren angekündigt.

Die Situation in Tschechien:

Noch im Sommer finden erste geologische Untersuchungen auf dem Gelände des tschechischen Atomkraftwerks Dukovany statt. Dies ist der Auftakt für den Bau von zwei weiteren Reaktoren. Im Zusammenhang damit rechnet die Regierung in Prag mit Ausgaben von umgerechnet 16,4 Milliarden Euro, sodass es sich um das größte staatliche Investitionsprojekt in der Geschichte der Tschechischen Republik handelt.

Die Untersuchungen werden federführend von CEZ Energeticke produkty durchgeführt und sollen bis Jahresende abgeschlossen sein. Das Gelände, auf dem die Blöcke errichtet werden, wurde schon vermessen. Der Beginn der Bauarbeiten am ersten Block ist für 2029 geplant. Im Jahr 2036 soll dieser Reaktor ans Netz gehen.

Das für die Ausschreibung zuständige Unternehmen Elektrarna Dukovany II hatte vor Kurzem die endgültigen Verträge mit dem koreanischen Unternehmen KHNP unterzeichnet (wir berichteten). Diese betreffen die Lieferung der gesamten Turbinenhalle, Ingenieurleistungen sowie andere technologische Leistungen. KHNP hatte sich im vergangenen Jahr bei der Ausschreibung durchgesetzt. In der Vergangenheit hatten die Koreaner tschechischen Unternehmen einen Anteil von 60 Prozent am Projekt zugesagt.

Die Situation in der Slowakei:

Unterdessen haben die slowakischen Unternehmen Javys und Vuje gemeinsam mit der britischen Newcleo Ende Juni 2025 ein Joint Venture namens Center for the Development of Spent Nuclear Fuel Utilization ins Leben gerufen. Es soll neuartige sogenannte Small Modular Reactors (SMR) vom Typ LFR-AS-200 entwickeln. Dabei handelt es sich um bleigekühlte Kleinreaktoren, bei denen sich abgebrannte Brennelemente als Energiequelle nutzen lassen.

Vuje und Newcleo wollen außerdem die Entwicklung skalierbarer Rechenzentren forcieren, die mit Advanced Modular Reactors (AMR), einer Weiterentwicklung von SMR, betrieben werden können.

Die Situation in Ungarn:

Siemens Energy, das mit dem französischen Nuklearunternehmen Framatome bei der Leittechnik für Atomkraftwerke kooperiert, hat Teile seiner Leittechnik-Abteilung von Deutschland nach Ungarn verlagert. Daher werden die Steuerungssysteme für das geplante Kernkraftwerk Paks II künftig in Budapest hergestellt.

Ungarn gewinnt dadurch die volle Kontrolle über diese Technologie. Das Konsortium hatte den Zuschlag für die Leittechnik erhalten, benötigte als sogenannte „Dual-Use-Technologie“ aber eine Exportgenehmigung. Während Frankreich die Zustimmung rasch erteilte, hatte Deutschland die Freigabe verweigert. Die ungarischen Behörden haben der Nutzung der Leittechnik schon zugestimmt.

Die Situation in Polen:

Schließlich hat das polnische Industrieministerium Ende Juni einen aktualisierten Entwurf seines Kernkraftprogramms vorgelegt, der noch im dritten Quartal 2025 verabschiedet werden soll. Darin ist der Bau von Kernenergieanlagen mit einer installierten Leistung von 6 bis 9 GW mittels Großreaktoren vorgesehen.

Der erste Block in Choczewo des an der Ostsee geplanten Kernkraftwerks soll 2036 die Energieproduktion aufnehmen. Für die Jahre 2037 und 2038 ist geplant, die nächsten Blöcke in Betrieb zu nehmen, ab 2039 soll in allen Reaktoren des Kernkraftwerkes Strom erzeugt werden.

Noch in diesem Jahr ist eine Vorprüfung des Standorts für das zweite Kernkraftwerk geplant. In der engeren Wahl sind Belchatow und Konin in der Nähe der Metropole Lodz. Der Bau eines ersten Blocks ist dort ab 2032 vorgesehen. 2040 soll der Reaktor dann in Betrieb gehen, 2043 dann das gesamte zweite Kernkraftwerk Strom liefern. Die Auswahl eines strategischen Partners für dieses Vorhaben ist für den Jahreswechsel 2026/2027 geplant.

Wie ernst es den bislang atomkraftfreien Polen mit der Forcierung der Kernkraft ist, wird auch durch einen Führungswechsel bei Polskie Elektrownie Jądrowe (PEJ) ersichtlich. Dabei handelt es sich um das staatliche Unternehmen, das für die Planung, den Bau und später den Betrieb der ersten Kernkraftwerke in Polen zuständig ist.

Vorstandsvorsitzender ist nunmehr Marek Woszczyk. Er soll die Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission und der polnischen Seite über das Fördermodell für das an der Ostsee geplante Kernkraftwerk deutlich voranbringen. Denn je schneller diese Gespräche zum Abschluss kommen, desto eher kann PEJ mit dem Bau der Anlage beginnen.

Woszczyk ist seit über 25 Jahren als Manager in der Energiebranche tätig und war unter anderem stellvertretender Vorsitzender des Rates der Europäischen Energieregulierungsbehörden (CEER).
 

Karin Rogalska
© 2025 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 03.07.2025, 12:03 Uhr

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