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Enerige & Management > Recht - Urteil: Mainova-Rechenzentrum müsste eigentlich privat sein
Im Fokus: das bald fertiggestellte Rechenzentrum in Frankfurt-Seckbach. Quelle: Mainova Webhouse
RECHT:
Urteil: Mainova-Rechenzentrum müsste eigentlich privat sein
Die Stadt Frankfurt am Main darf keine Rechenzentren betreiben. Ein Gericht hält die Beteiligung über die Tochter Mainova für unzulässig. Versorger in anderen Ländern sind beunruhigt.
 
Der Betrieb von Rechenzentren verspricht auf lange Sicht gute Geschäfte. Ob das allerdings ein klassisches Betätigungsfeld für Kommunen ist, das hat das Verwaltungsgericht in Frankfurt am Main nun beantwortet. Mit „Nein“.

Das am 30. Mai veröffentlichte Urteil der Siebten Kammer sorgt für hektische Betriebsamkeit über die Grenzen Hessens hinaus. Denn das Gericht hat die mittelbare Beteiligung der Stadt Frankfurt über die Töchter Mainova AG und Mainova Webhouse GmbH für unrechtmäßig erklärt. Auch in anderen Bundesländern betreiben Versorger oder andere kommunale Töchter Rechenzentren und beackern damit privatwirtschaftliches Gebiet.

Das Gericht ist der Auffassung, der Betrieb von neuen Rechenzentren durch die Kommune verstoße gegen die Hessische Gemeindeordnung und den darin enthaltenen Subsidiaritätsgrundsatz. Dieser begrenzt eine wirtschaftliche Betätigung von Kommunen auf Bereiche, in denen andere, private Firmen nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen.

Auch in NRW prüft Versorger den Mainova-Fall

Und gerade in der Bankenmetropole Frankfurt gibt es private Rechenzentrums-Betreiber zuhauf, sodass der Subsidiaritätsgrundsatz hier nach Ansicht des Verwaltungsgerichts greift. Im Stadtteil Seckbach errichtet Mainova Webhouse aktuell einen Rechenzentrums-Campus.

Mainova Webhouse gehört noch zu 49,9 Prozent der Stadt-Tochter Mainova AG, die Mehrheitsanteile waren 2024 an den US-Investmentfonds Blackrock gegangen (wir berichteten). Gegen die mittelbare Beteiligung der Stadt Frankfurt am späteren Betrieb des Campus hatte ein Konkurrent geklagt, der selbst zwei Rechenzentren in der Mainmetropole betreibt.

Das Urteil stoße auch bei der Aachener Stawag auf Interesse, wie eine Sprecherin des nordrhein-westfälischen Versorgers auf Anfrage dieser Redaktion bestätigt. Die Rechtsabteilung der Stawag prüfe die möglichen Auswirkungen und die entsprechenden Regelungen in der Gemeindeordnung des größten Bundeslandes.

Die Stawag selbst betreibe gleichwohl keine der Konzern-Rechenzentren, so die Sprecherin. Verantwortlich sei hier die Energieversorgungs- und Verkehrsgesellschaft Aachen mbH (EVA) als Stawag-Mutter und 100-prozentige Tochter der Stadt Aachen. Die Kommune ist also ebenfalls mittelbar an den Rechenzentren beteiligt, die die EVA mit dem Partner Regio IT betreibt.

Zwei Lösungsansätze für kreative Unternehmensjuristen

So oder so ist nun Erfindungsreichtum bei den Rechtsabteilungen gefragt. Entweder – wie im Falle Frankfurts –, um das Urteil vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof zu kippen; eine Berufung vor der nächsten Instanz hat das Verwaltungsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles ausdrücklich zugelassen. Oder aber, um eine Beteiligungsstruktur zu schaffen, die juristisch belastbar sicherstellt, dass über Tochterunternehmen kein Euro aus dem Betrieb eines Rechenzentrums in die Tasche der Kommune wandert.

Entflechtung wäre eine pikante juristische Aufgabe

Das Verwaltungsgericht Frankfurt hatte übrigens über eine Feststellungsklage zu entscheiden. Dabei geht es zunächst ausschließlich darum, über das rechtmäßige Handeln der Kommune zu entscheiden. Das Urteil (Aktenzeichen: 7 K 3996/23.F) sei folglich nicht dazu geeignet, der Stadt konkrete Maßnahmen aufzuerlegen, sagte die Pressesprecherin des Gerichts auf Anfrage dieser Redaktion.

Dennoch sind Weiterungen zu erwarten. Theoretisch sei denkbar, so die Sprecherin des Gerichts, dass im Falle einer ausbleibenden Reaktion der Kommune in der Sache eine Verpflichtungsklage folgt. Diese könnte etwa ein Landesministerium oder das zuständige Regierungspräsidium erheben.

Bei einem entsprechenden Urteil wäre die Kommune dann gezwungen, Abhilfe zu schaffen – wenn sie es bis dahin nicht aus eigenen Stücken getan oder aber in einem möglichen Berufungsverfahren doch noch Recht bekommen hat. Zunächst warten die Beteiligten die schriftliche Begründung des Verwaltungsgerichts ab. Nach deren Zustellung bleibt der Kommune ein Monat Zeit, um Rechtsmittel einzulegen.
 

Volker Stephan
© 2025 Energie & Management GmbH
Mittwoch, 04.06.2025, 16:06 Uhr

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