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Enerige & Management > Recht - Urteil macht Weg für Solaranlagen auf meisten Denkmälern frei
Quelle: Fotolia / Stefan Welz
RECHT:
Urteil macht Weg für Solaranlagen auf meisten Denkmälern frei
Fast jedes Baudenkmal kann eine Solaranlage auf dem Dach erhalten. Dies geht aus zwei Urteilen des Oberverwaltungsgerichts Münster hervor. Recht bekommen haben jeweils Hauseigentümer.
 
Zu einem denkwürdigen Wortwechsel kam es am 22. November in Saal I des Oberverwaltungsgerichts für NRW in Münster. Eine Rechtsvertreterin der Stadt Siegen fragte rhetorisch, welche denkmalgeschützten Gebäude künftig wohl noch frei von Dachsolaranlagen bleiben könnten. „Es bleiben vermutlich nicht mehr viele“, so Gudrun Dahme, Vorsitzende Richterin des 10. Senats.

Der Dialog entspann sich in einem Verfahren, das sich um ein ehemaliges Kapellenschulhaus drehte. Die für das Siegerland typischen schiefergedeckten Fachwerkbauten ziert ein aufgesetzter Kapellenturm, offiziell Dachreiter genannt. In Siegen-Niederschelden versagte das städtische Denkmalamt Ende des Jahres 2021 der heutigen Eigentümerin der Burgschule, 20 Solarmodule auf die Südwestseite des Daches zu setzen.

Zu Unrecht, urteilte der 10. Senat jetzt. Er stellte sich damit gegen die Vorinstanz, das Verwaltungsgericht Arnsberg. Dies hatte Mitte 2022 die besondere Bedeutung des Schieferdaches herausgestellt. Überdies sei zeitlich noch eine ältere Fassung des Denkmalrechts heranzuziehen. Die Regelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, das in Paragraf 2 das überragende öffentliche Interesse am Erneuerbaren-Ausbau betont, greife noch nicht.

Alte Schule in Siegen und Siedlung in Düsseldorf nun „erneuerbar“

Die Ernüchterung der Siegener Denkmalschützenden war spürbar. Denn das OVG Münster hielt das Bundesgesetz nicht nur für zeitlich relevant, auch inhaltlich sei es dem Schutz des Daches vorzuziehen. Denn die farblich angepasste Solaranlage sei „denkmalschonend“ konzipiert, so Richterin Gudrun Dahme, und beeinträchtige das Gebäude und dessen Wahrnehmung keineswegs. Schließlich sei das Schieferdach in der Bewertung für den Wert des Denkmals zwar erwähnt, aber keineswegs dafür ausschlaggebend.

Am selben Vormittag hatte der Senat bereits einen anderen Fall in Düsseldorf zu verhandeln. Die Verwaltung der Landeshauptstadt wollte am OVG ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf kippen. Dieses hatte der Eigentümerin eines Hauses in der geschützten „Golzheimer Siedlung“ gestattet, eine Solaranlage aufs eigene Dach zu setzen.

Hier argumentierte das Oberverwaltungsgericht, die Solaranlage sei auf der weniger gut einsehbaren Seite des Hauses in zweiter Reihe angebracht und passe sich in der Farbgebung dem Dach an. Außerdem liege das Sonnenkraftwerk nicht in einer der geschützten Sichtachsen und beeinträchtige somit den Blick vom Rhein auf die Silhouette der Siedlung nicht.

Über die Fälle in Düsseldorf und Siegen hinauskommt den Sprüchen richtungsweisende Bedeutung zu. Denn der Denkmalschutz sei „regelmäßig“ nicht dazu geeignet, Solaranlagen auf Dächern zu verhindern, so der 10. Senat. Das Landesdenkmalrecht trete hinter Bundesrecht zurück, das Ende Juli 2022 in Kraft getreten ist. Wie zuvor bei etlichen Streitfällen um die Windenergie hat nun auch die Solarkraft grundsätzlich positive Urteile in Abwägungsfällen.

Wenige Ausnahmen nach Einzellfallprüfungen denkbar

Richterin Gudrun Dahme trat allerdings dem Eindruck entgegen, die Solarenergie hätte jetzt einen Freifahrtschein gegenüber dem Denkmalschutz oder anderen relevanten Belangen. Es sei immer noch eine Einzelfallprüfung erforderlich. Sie könne ergeben, dass etwa Denkmäler durch spezielle Eigenarten eben doch einen besonderen Schutz behalten. Diese Einzelfallprüfungen habe das OVG auch bei der „Golzheimer Siedlung“ in Düsseldorf und der Burgschule in Siegen vorgenommen. Ergebnis: siehe oben.

Damit ist relativ klar, dass die Denkmalbegründung von Gebäuden den Wert des Daches sehr besonders betonen muss, um gegen Solarmodule und das Erneuerbare-Energien-Gesetz bestehen zu können. „Schloss Neuschwanstein“ fiel in der Diskussion am OVG als Beispiel, nicht ganz ernst gemeint. Es zeigt, dass künftig wohl kaum eine Denkmalbehörde die Erlaubnis für Module verweigern kann, wenn der Hauseigentümer sie will. Allein in NRW gibt es etwa 82.000 Gebäude unter Denkmalschutz.
 

Volker Stephan
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Mittwoch, 27.11.2024, 17:36 Uhr

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