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Quelle: Fotolia / ChaotiC PhotographY
POLITIK:
Union greift mit Gesetzentwurf in den Windkraft-Ausbau ein
Die Union macht ernst mit ihren gewollten Eingriffen in den Windenergie-Ausbau. Nicht die Restregierung, sondern CDU/CSU bringen einen Gesetzentwurf ein. Das Papier erzürnt die Branche.
Noch in der zweiten Dezemberwoche sah es so aus, als habe die Windkraft-Branche keine Ausbauhürden mehr aus Berlin bis zur
Neuwahl des Bundestags zu befürchten. Nun legen die Unionsfraktionen dem Parlament für dessen Sitzung am 19. Dezember einen Gesetzesentwurf vor, der dem vom Wirtschafts- und Klimaschutzministerium zurückgehaltenen stark ähnelt.
Es deutet sich an, dass Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz seine Abneigung gegen einen zu starken Windkraft-Ausbau im heimischen (Wahl)Kreis Hochsauerland unbedingt noch in Gesetzesform gießen will. Dafür bräuchte er die Unterstützung der Grünen, mit denen er inhaltlich auf einer Linie liegt. Mit Rücksicht auf den verbliebenen Koalitionspartner SPD ist deren Zustimmung allerdings nur durch taktische Manöver möglich, die im politischen Berlin im Moment noch nicht abzusehen sind.
Die Änderungen zum Beispiel am Gesetz, das den Flächenbedarf der Bundesländer für den Windenergie-Ausbau regelt, und an übergeordneten Regelungen zum Planungsrecht bringen erhebliche Verschlechterungen für Windkraftprojekte, von denen einige bereits genehmigt sind oder einen positiven Vorbescheid erhalten haben.
Die Flächenziele erreichen und nicht mehr
CDU und CSU – und mitgedacht immer die Grünen, die von Nordrhein-Westfalen (NRW) aus eine entsprechende Bundesratsinitiative gestartet hatten (wir berichteten) – wollen eine Einschränkung von §2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Sobald die Flächenziele über die Regionalplanungen der einzelnen Bundesländer erreicht sind, sei dem überragenden Interesse an Windkraft Genüge getan. Dann sollen keine Projekte mehr außerhalb der festgelegten Flächen ein Recht auf Genehmigung haben. Damit wären laufende Planungen für Turbinen auf anderen Flächen leicht zu stoppen.
Bei der Berechnung der Flächen möchte die Union schneller zum vorgeschriebenen Ergebnis kommen. Sie greift dafür in die Formel ein, die mit den Rotoren von bestehenden Anlagen zu tun hat. Konkret geht es um jene Flügel, die zu Turbinen in Randgebieten von Vorrangzonen gehören und die auch über ein Gebiet außerhalb der eigentlichen Windpark-Fläche streifen.
Dieses „Rotor in“-Prinzip führte bislang zu einer anteiligen Anrechnung auf die Bedarfsfläche. CDU/CSU wollen dies nun komplett auf den Flächenwert anrechnen. Als „Taschenspielertrick“ brandmarken Insider dieses Vorgehen, weil damit weniger neue Flächen insgesamt auszuweisen wären.
Das in NRW „geborene“ Aufregerthema ist indes die Möglichkeit für Genehmigungsbehörden, vorliegende Anträge für Windkraftanlagen nicht bearbeiten zu müssen, wenn die Turbinen absehbar außerhalb der künftig geltenden Flächenkulisse liegen. NRW ist zwar schnell bei der Flächenbedarfsplanung, aber erst im Laufe des Jahres 2025 fertig. In der Zwischenzeit sind alle eingehenden Anträge zu bescheiden, in der Regel positiv, weil Windkraftanlagen nach §2 EEG von übergeordnetem Interesse sind.
In diesem Fall hatte die schwarz-grüne Landesregierung den Bundesrat um Hilfe angerufen, weil das Oberverwaltungsgericht für NRW den Aussetzungsparagrafen als vermutlich rechtswidrig eingeschätzt hat (wir berichteten). Dutzende aufgehaltene Windprojekte mussten umgehend einen Genehmigungsbescheid erhalten. Den Ruf aus Düsseldorf hat die Union von Friedrich Merz erhört. Das überrascht nicht, denn viele der nun zu bauenden Anlagen stehen in einem Bereich, der zum Wahlkreis des Kanzlerkandidaten gehört.
Nun also sollen laut Gesetzentwurf die Regionalplanungen wieder Vorrang genießen. Damit nicht genug: Der Gesetzestext bleibt hier vage, die Bezirksregierungen sollen den Genehmigungsbehörden (Landkreisen) „untersagen“ dürfen, Verfahren fortzuführen. Diese Wortwahl lässt es zu, Anträge einfach auf Eis zu legen und keine Aussetzungsbescheide zu verschicken, gegen die die Projektierer rechtlich vorgehen könnten.
Branche soll nur noch die Ausgaben ersetzt bekommen
Zum Katalog des Grauens würde das Gesetz für die Branche dadurch, dass ihr am Ende auch kaum noch Schadenersatz zusteht. Denn der Unionsentwurf sieht vor, dass klagende Unternehmen im Erfolgsfall nur noch ihre bisherigen Ausgaben ersetzt bekommen sollen. Ein Anspruch auf entgangenen Gewinn durch das Projekt soll entfallen.
Übel stößt der Branche ferner auf, dass Ausnahmen nur für Projekte gelten sollen, die bis Stichtag 3. Februar 2023 entscheidungsreif waren. Positive Vorbescheide aus der Zeit danach, vor allem wieder für Anlagen außerhalb der künftigen Windkraftgebiete, sollen keine Wirksamkeit mehr haben. Dies halten Juristen für verfassungswidrig, weil es rückwirkend eingreife und getätigte Investitionen vernichte.
BWE-Geschäftsführer Wolfram Axthelm kritisiert den Unionsvorstoß als „falsches Signal“, das das überragende öffentliche Interesse an der Windkraft „in Frage stellt“. Nicht zusätzliche Verunsicherung, sondern Kontinuität und rechtsstaatliche Verlässlichkeit seien jetzt nötig. Die Erneuerbaren-Verbände wollen ihre Position bei einer Anhörung zum Thema Mitte Januar deutlich machen.
Die Hoffnung der Branche richtet sich darauf, dass die Union für eine Abstimmung Ende Januar weder genügend Stimmen bei Grünen und Liberalen (Jamaika-Koalition) noch bei den Sozialdemokraten (GroKo) einsammeln kann. Allerdings ist bis zur Neuwahl noch ein intensiver Verhandlungspoker über die Parteigrenzen hinweg zu erwarten.
Es deutet sich an, dass Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz seine Abneigung gegen einen zu starken Windkraft-Ausbau im heimischen (Wahl)Kreis Hochsauerland unbedingt noch in Gesetzesform gießen will. Dafür bräuchte er die Unterstützung der Grünen, mit denen er inhaltlich auf einer Linie liegt. Mit Rücksicht auf den verbliebenen Koalitionspartner SPD ist deren Zustimmung allerdings nur durch taktische Manöver möglich, die im politischen Berlin im Moment noch nicht abzusehen sind.
Die Änderungen zum Beispiel am Gesetz, das den Flächenbedarf der Bundesländer für den Windenergie-Ausbau regelt, und an übergeordneten Regelungen zum Planungsrecht bringen erhebliche Verschlechterungen für Windkraftprojekte, von denen einige bereits genehmigt sind oder einen positiven Vorbescheid erhalten haben.
Die Flächenziele erreichen und nicht mehr
CDU und CSU – und mitgedacht immer die Grünen, die von Nordrhein-Westfalen (NRW) aus eine entsprechende Bundesratsinitiative gestartet hatten (wir berichteten) – wollen eine Einschränkung von §2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Sobald die Flächenziele über die Regionalplanungen der einzelnen Bundesländer erreicht sind, sei dem überragenden Interesse an Windkraft Genüge getan. Dann sollen keine Projekte mehr außerhalb der festgelegten Flächen ein Recht auf Genehmigung haben. Damit wären laufende Planungen für Turbinen auf anderen Flächen leicht zu stoppen.
Bei der Berechnung der Flächen möchte die Union schneller zum vorgeschriebenen Ergebnis kommen. Sie greift dafür in die Formel ein, die mit den Rotoren von bestehenden Anlagen zu tun hat. Konkret geht es um jene Flügel, die zu Turbinen in Randgebieten von Vorrangzonen gehören und die auch über ein Gebiet außerhalb der eigentlichen Windpark-Fläche streifen.
Dieses „Rotor in“-Prinzip führte bislang zu einer anteiligen Anrechnung auf die Bedarfsfläche. CDU/CSU wollen dies nun komplett auf den Flächenwert anrechnen. Als „Taschenspielertrick“ brandmarken Insider dieses Vorgehen, weil damit weniger neue Flächen insgesamt auszuweisen wären.
Das in NRW „geborene“ Aufregerthema ist indes die Möglichkeit für Genehmigungsbehörden, vorliegende Anträge für Windkraftanlagen nicht bearbeiten zu müssen, wenn die Turbinen absehbar außerhalb der künftig geltenden Flächenkulisse liegen. NRW ist zwar schnell bei der Flächenbedarfsplanung, aber erst im Laufe des Jahres 2025 fertig. In der Zwischenzeit sind alle eingehenden Anträge zu bescheiden, in der Regel positiv, weil Windkraftanlagen nach §2 EEG von übergeordnetem Interesse sind.
In diesem Fall hatte die schwarz-grüne Landesregierung den Bundesrat um Hilfe angerufen, weil das Oberverwaltungsgericht für NRW den Aussetzungsparagrafen als vermutlich rechtswidrig eingeschätzt hat (wir berichteten). Dutzende aufgehaltene Windprojekte mussten umgehend einen Genehmigungsbescheid erhalten. Den Ruf aus Düsseldorf hat die Union von Friedrich Merz erhört. Das überrascht nicht, denn viele der nun zu bauenden Anlagen stehen in einem Bereich, der zum Wahlkreis des Kanzlerkandidaten gehört.
Nun also sollen laut Gesetzentwurf die Regionalplanungen wieder Vorrang genießen. Damit nicht genug: Der Gesetzestext bleibt hier vage, die Bezirksregierungen sollen den Genehmigungsbehörden (Landkreisen) „untersagen“ dürfen, Verfahren fortzuführen. Diese Wortwahl lässt es zu, Anträge einfach auf Eis zu legen und keine Aussetzungsbescheide zu verschicken, gegen die die Projektierer rechtlich vorgehen könnten.
Branche soll nur noch die Ausgaben ersetzt bekommen
Zum Katalog des Grauens würde das Gesetz für die Branche dadurch, dass ihr am Ende auch kaum noch Schadenersatz zusteht. Denn der Unionsentwurf sieht vor, dass klagende Unternehmen im Erfolgsfall nur noch ihre bisherigen Ausgaben ersetzt bekommen sollen. Ein Anspruch auf entgangenen Gewinn durch das Projekt soll entfallen.
Übel stößt der Branche ferner auf, dass Ausnahmen nur für Projekte gelten sollen, die bis Stichtag 3. Februar 2023 entscheidungsreif waren. Positive Vorbescheide aus der Zeit danach, vor allem wieder für Anlagen außerhalb der künftigen Windkraftgebiete, sollen keine Wirksamkeit mehr haben. Dies halten Juristen für verfassungswidrig, weil es rückwirkend eingreife und getätigte Investitionen vernichte.
BWE-Geschäftsführer Wolfram Axthelm kritisiert den Unionsvorstoß als „falsches Signal“, das das überragende öffentliche Interesse an der Windkraft „in Frage stellt“. Nicht zusätzliche Verunsicherung, sondern Kontinuität und rechtsstaatliche Verlässlichkeit seien jetzt nötig. Die Erneuerbaren-Verbände wollen ihre Position bei einer Anhörung zum Thema Mitte Januar deutlich machen.
Die Hoffnung der Branche richtet sich darauf, dass die Union für eine Abstimmung Ende Januar weder genügend Stimmen bei Grünen und Liberalen (Jamaika-Koalition) noch bei den Sozialdemokraten (GroKo) einsammeln kann. Allerdings ist bis zur Neuwahl noch ein intensiver Verhandlungspoker über die Parteigrenzen hinweg zu erwarten.
Volker Stephan
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Mittwoch, 18.12.2024, 15:08 Uhr
Mittwoch, 18.12.2024, 15:08 Uhr
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