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Enerige & Management > Gastbeitrag - Turbo für tiefe Wärme
Quelle: E&M
GASTBEITRAG:
Turbo für tiefe Wärme
Was das Geothermie-Beschleunigungsgesetz wirklich ändert, erläutert Rechtsanwalt Sören Wolkenhauer* in einem Gastbeitrag. 
 
Am 6. August hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Geothermie-Beschleunigungsgesetzes (GeoBG-E) beschlossen. Die Bundesregierung will damit die Wärmewende beschleunigen, damit Deutschland bis 2045 treibhausgasneutral wird. Das Gesetz dient unter anderem der Umsetzung der Vorgaben der novellierten EU-Erneuerbaren-Richtlinie (RED III), wonach bergbaurechtliche Genehmigungen innerhalb von höchstens zwölf Monaten zu erteilen sind.

Wann genau das Gesetz in Kraft tritt, ist noch nicht absehbar. Es muss noch alle drei Lesungen des Bundestages durchlaufen. Zumindest die Vereinbarung im Koalitionsvertrag „schnellstmöglich ein verbessertes Geothermie-Beschleunigungsgesetz auf den Weg zu bringen“ und die Bezeichnung als „dringlich“ (BT-Drs. 382/25, S. 3) lässt auf eine zügige Umsetzung hoffen. Zudem wurde das GeoBG-E als ein Vorhaben des Sommer-Sofortprogramms der schwarz-roten Bundesregierung benannt.

Kernelemente des Geothermie-Beschleunigungsgesetzes

Ziel des Gesetzesentwurfes ist es, die Erschließung des energetischen Potentials der Geothermie und den Ausbau der klimaneutralen Wärme- und Kälteversorgung voranzubringen. Gegenwärtig werden weniger als zwei Prozent der Wärme aus Geothermie und Umweltwärme gewonnen (Umweltbundesamt, Entwicklung der Erneuerbaren Energien in Deutschland 2023).

Der Entwurf setzt an drei Stellen an: Geothermie als überragendes öffentliches Interesse, Beschleunigung von Zulassungsverfahren und Rechtsklarheit. 

Das Gesetz erklärt die Errichtung und den Betrieb von Geothermie-Anlagen sowie Wärmespeicher als Vorhaben im überragenden öffentlichen Interesse, die der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dienen (§ 4 S.1 GeoBG-E). Die entspricht dem Beschleunigungselement des § 2 EEG. Behörden müssen Klima- und Versorgungsschutz stärker gewichten als konkurrierende Schutzgüter. Grenzen findet die Priorisierung jedoch gegenüber dem Interesse der Landes- und Bündnisverteidigung.

Künftig sollen die Geothermie-Verfahren deutlich beschleunigt werden. Dafür enthält der Gesetzesentwurf verschiedene Maßnahmen zur Rechts- und Verwaltungsvereinfachung sowie zum Bürokratieabbau. 
  • Die Gewichtungsvorgabe führt zu einer Vereinfachung der Darlegungs- und Beweislast.
  • Die Verfahren für Tiefengeothermieanlagen und untertägige Wärmespeicher werden digitalisiert. Auch für Wärmeleitungen bringt das Gesetz Neuerungen, es verweist auf bewährte Regeln aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Wärmeleitungen werden damit rechtlich Gas- und Wasserstoffleitungen gleichgestellt.
  • Einige Wärmepumpen werden privilegiert, sodass für diese ein Genehmigungsverfahren entfällt.
  • An der Umsetzung von Tiefengeothermie-Vorhaben besteht ein öffentliches Interesse am vorzeitigen Beginn nach § 57b Abs. 1 Nr. 3 BbergG.
  • Prozedurale Erleichterungen durch die Möglichkeit von der Betriebsplanbefreiung abzusehen.
Die bergbaurechtlichen Fristen werden verkürzt. Die Genehmigungen für Tiefengeothermieanlagen, Wärmespeicher oder Wasserstoffspeicher müssen innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein. Für kleinere Erdwärmepumpen (unter 50 Megawatt) gilt eine Drei-Monats-Frist. Zudem sollen durch einen Genehmigungsfiktionstatbestand Verzögerungen vermieden werden, indem die Vollständigkeit der Unterlagen fingiert wird, wenn die Behörde nicht rechtzeitig reagiert.

Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit für Behörden bei Verfahren Projektmanager − wie im Immissionsschutzrecht − einzusetzen. Diese sollen Verfahren im Auftrag des Vorhabenträgers strukturieren und begleiten.

Ausblick und offene Fragen

Mit dem Kabinettsbeschluss ist der politische Wille eindeutig. Detaildebatten können die Verabschiedung jedoch noch verschieben. Das Beschleunigungsgesetz kann die Genehmigungsverfahren für Geothermie vereinfachen und verkürzen und die Gewichtung öffentlicher Interessen zugunsten der Tiefengeothermie verschieben. Projektentwickler, Versorger und Industrieunternehmen sollten bereits heute ihre Planungen an dem neuen Gesetz orientieren, müssen jedoch bedenken, dass sich der Gesetzesentwurf bis zur Verabschiedung inhaltlich noch verändern kann.

In der Praxis gibt es, abgesehen von den Genehmigungsverfahren, noch weitere „Hemmschuhe“ für Projekte, um die sich Politik und Gesetzgeber ebenfalls kümmern sollten. Zu nennen sind die teilweise langen Verfahrensdauern beim Bafa bei der Zuwendung von BEW-Fördermittel, die aufgrund des Verbotes von Leistungsvergaben vor Zuwendungsbescheid zu erheblichen Verzögerungen sorgen können. Hier wären klare gesetzliche Förderansprüche wünschenswert. 

Schwierigkeiten kann es auch geben, wenn für Projekte öffentliche Flächen, etwa Grünanlagen, genutzt werden sollen. Städtebaurechtlich haben Kommunen noch wenig Erfahrung mit einer solchen Multicodierung von Flächen als Erholungs- und Versorgungsflächen. Zudem müssen bei der Geothermie Fragen des rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentums der erdverbundenen Anlagen sowie deren Verbleib bei Nutzungsaufgabe geklärt werden.

*Sören Wolkenhauer ist Rechtsanwalt und Local Partner bei GSK Stockmann
 

Redaktion
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Freitag, 26.09.2025, 10:44 Uhr

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