STADTWERKE:
Titisee-Neustadt trägt eigenen Versorger 2025 zu Grabe
Eine Erfolgsgeschichte war sie nie: Nun haben die Gesellschafter der Energieversorgung Titisee-Neustadt (EVTN) einen Schlussstrich gezogen und lösen den südbadischen Versorger auf.
Im Südschwarzwald verschwindet ein Energieversorger nach dann 14 Jahren Existenz von der Bildfläche. Spätestens Ende August 2025 wollen die Gesellschafter die Auflösung der Energieversorgung
Titisee-Neustadt (EVTN) vollzogen haben. Ein ehrgeiziges Projekt ist auch an hausgemachten Problemen gescheitert.
„Wirtschaftliche Rahmenbedingungen“ nennt die Kommune, mit 50,1 Prozent Mehrheitseigner der EVTN, als Grund für die Aufgabe des Geschäftsbetriebs. Dieser erfolgt bereits zum Januar 2025. Die unmittelbaren Folgen bekommen etwa 1.200 Stromkundinnen und -kunden zu spüren: Die EVTN stellt den Vertrieb ein und kündigt die laufenden Verträge.
Im Jahr 2011 begann die Geschichte des Versorgers, die nach den Vorstellungen der Beteiligten eine erfolgreiche werden sollte. Neben der Kommune (damals 60 Prozent) waren von Beginn an die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) mit 30 Prozent und die „Vita Bürgerenergie Genossenschaft“ mit 10 Prozent involviert.
Übernahme des Stromnetzes erst im zweiten Anlauf rechtssicher
Oberstes Ziel und Hauptantrieb für die Gründung war die Übernahme des Stromnetzes in der 12.000-Einwohner-Stadt Titisee-Neustadt, das damals noch in Händen des schweizerisch-deutschen Unternehmens Energiedienst lag. Die EVTN erhielt 2011 den Zuschlag der Kommune. Im Mai 2012 startete die EVTN den Stromvertrieb und den Betrieb des Netzes.
Energiedienst wollte das lukrative Netzgeschäft aber nicht so einfach hergeben und wehrte sich. Erfolgreich, denn das Bundeskartellamt erkannte im Jahr 2015 auf gravierende Formfehler und verlangte von der Kommune ein neues Vergabeverfahren.
Die Hängepartie endete erst 2018 mit einem neuerlichen Zuschlag für die EVTN. Alles gut? Mitnichten. Denn das Netzgeschäft hielt weitere Tücken für den Versorger bereit. Die zuständige Landesregulierungsbehörde berechnete die Netzentgelte für die Jahre 2014 bis 2018 neu, zu Ungunsten der EVTN. Sie musste aufgrund der neuen Festsetzung Gelder an die Kundschaft zurückzahlen.
Von dieser Pflicht schien die Geschäftsführung der EVTN allerdings überfordert. Im Mai 2019, zum Zeitpunkt, als der Bescheid der Behörde über die zu hohen Netzentgelte eintraf, bestand die Führung lediglich aus dem technischen Geschäftsführer, den die Stromrebellen von der EWS stellten. Er hatte den kaufmännischen Part des Co-Geschäftsführers übernommen, den die Kommune gestellt, aber nach dessen Weggang 2018 nicht ersetzt hatte.
Korrigierte Netzentgelte sorgen für dickes Minus
In dieser Gemengelage kam es nicht zur erforderlichen Rückzahlung der zu viel eingenommenen Netzentgelte. Das Problem fiel dem Unternehmen 2021 vor die Füße. Das aufgelaufene Minus bezifferte die EVTN auf 530.000 Euro, viel Geld für den immer noch nicht auf Rosen gebetteten Versorger.
Der Einstieg des Freiburger Konzerns Badenova im Jahr 2021 war der letzte Versuch, sich einen solventen Partner an die Seite zu holen. Seither hielt die Badenova 25,1 Prozent, die Anteile der Gründungsgesellschafter betrugen: 50,1 Prozent Kommune, 21,34 Prozent EWS und 3,46 Prozent Vita. Die Geschäftsführung bestand zuletzt aus zwei Vertretern der Freiburger, Michael Klein und Stefan Röbert.
Jetzt wird das Tafelsilber verkauft
Der Glaube an eine positive Entwicklung wollte allerdings nicht zurückkehren. Was bleibt, ist der Verkauf des Tafelsilbers. Das Geschäftsfeld Wärme mit Netz und Vertrieb könnte für einen der Gesellschafter, vermutlich Badenova, von Interesse sein. Hier ermittle die Beratungsgesellschaft Rödl & Partner gerade den Wert, heißt es aus dem Rathaus in Titisee-Neustadt.
Das Stromnetz geht mit Sicherheit an die Badenova-Tochter BN Netze. Dies erfolgt durch die Übernahme aller Geschäftsanteile der ausscheidenden Gesellschafter (in Summe 74,9 Prozent) durch die Badenova. Ob der Übertrag der Strom-Netzkonzession eine neue rechtliche Prüfung erforderlich macht, dazu wollte der Sprecher der Kommune gegenüber dieser Redaktion keine Stellung beziehen.
Wie viel Geld der Verkauf der Wärmesparte und des Stromnetzes in die Kassen der Ursprungsgesellschafter spült, ist eine spannende Frage. Besonders für die weitgehend privat getragene Vita-Genossenschaft. Ob ihre Einlage bei den EVTN zu einem Verlustgeschäft für die Genossinnen und Genossen wird, ist offen. Viele Mitglieder hatten sich zuletzt unzufrieden über die Höhe der Strompreise und der Nähwärme-Tarife des Lieferanten EVTN geäußert.
„Wirtschaftliche Rahmenbedingungen“ nennt die Kommune, mit 50,1 Prozent Mehrheitseigner der EVTN, als Grund für die Aufgabe des Geschäftsbetriebs. Dieser erfolgt bereits zum Januar 2025. Die unmittelbaren Folgen bekommen etwa 1.200 Stromkundinnen und -kunden zu spüren: Die EVTN stellt den Vertrieb ein und kündigt die laufenden Verträge.
Im Jahr 2011 begann die Geschichte des Versorgers, die nach den Vorstellungen der Beteiligten eine erfolgreiche werden sollte. Neben der Kommune (damals 60 Prozent) waren von Beginn an die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) mit 30 Prozent und die „Vita Bürgerenergie Genossenschaft“ mit 10 Prozent involviert.
Übernahme des Stromnetzes erst im zweiten Anlauf rechtssicher
Oberstes Ziel und Hauptantrieb für die Gründung war die Übernahme des Stromnetzes in der 12.000-Einwohner-Stadt Titisee-Neustadt, das damals noch in Händen des schweizerisch-deutschen Unternehmens Energiedienst lag. Die EVTN erhielt 2011 den Zuschlag der Kommune. Im Mai 2012 startete die EVTN den Stromvertrieb und den Betrieb des Netzes.
Energiedienst wollte das lukrative Netzgeschäft aber nicht so einfach hergeben und wehrte sich. Erfolgreich, denn das Bundeskartellamt erkannte im Jahr 2015 auf gravierende Formfehler und verlangte von der Kommune ein neues Vergabeverfahren.
Die Hängepartie endete erst 2018 mit einem neuerlichen Zuschlag für die EVTN. Alles gut? Mitnichten. Denn das Netzgeschäft hielt weitere Tücken für den Versorger bereit. Die zuständige Landesregulierungsbehörde berechnete die Netzentgelte für die Jahre 2014 bis 2018 neu, zu Ungunsten der EVTN. Sie musste aufgrund der neuen Festsetzung Gelder an die Kundschaft zurückzahlen.
Von dieser Pflicht schien die Geschäftsführung der EVTN allerdings überfordert. Im Mai 2019, zum Zeitpunkt, als der Bescheid der Behörde über die zu hohen Netzentgelte eintraf, bestand die Führung lediglich aus dem technischen Geschäftsführer, den die Stromrebellen von der EWS stellten. Er hatte den kaufmännischen Part des Co-Geschäftsführers übernommen, den die Kommune gestellt, aber nach dessen Weggang 2018 nicht ersetzt hatte.
Korrigierte Netzentgelte sorgen für dickes Minus
In dieser Gemengelage kam es nicht zur erforderlichen Rückzahlung der zu viel eingenommenen Netzentgelte. Das Problem fiel dem Unternehmen 2021 vor die Füße. Das aufgelaufene Minus bezifferte die EVTN auf 530.000 Euro, viel Geld für den immer noch nicht auf Rosen gebetteten Versorger.
Der Einstieg des Freiburger Konzerns Badenova im Jahr 2021 war der letzte Versuch, sich einen solventen Partner an die Seite zu holen. Seither hielt die Badenova 25,1 Prozent, die Anteile der Gründungsgesellschafter betrugen: 50,1 Prozent Kommune, 21,34 Prozent EWS und 3,46 Prozent Vita. Die Geschäftsführung bestand zuletzt aus zwei Vertretern der Freiburger, Michael Klein und Stefan Röbert.
Jetzt wird das Tafelsilber verkauft
Der Glaube an eine positive Entwicklung wollte allerdings nicht zurückkehren. Was bleibt, ist der Verkauf des Tafelsilbers. Das Geschäftsfeld Wärme mit Netz und Vertrieb könnte für einen der Gesellschafter, vermutlich Badenova, von Interesse sein. Hier ermittle die Beratungsgesellschaft Rödl & Partner gerade den Wert, heißt es aus dem Rathaus in Titisee-Neustadt.
Das Stromnetz geht mit Sicherheit an die Badenova-Tochter BN Netze. Dies erfolgt durch die Übernahme aller Geschäftsanteile der ausscheidenden Gesellschafter (in Summe 74,9 Prozent) durch die Badenova. Ob der Übertrag der Strom-Netzkonzession eine neue rechtliche Prüfung erforderlich macht, dazu wollte der Sprecher der Kommune gegenüber dieser Redaktion keine Stellung beziehen.
Wie viel Geld der Verkauf der Wärmesparte und des Stromnetzes in die Kassen der Ursprungsgesellschafter spült, ist eine spannende Frage. Besonders für die weitgehend privat getragene Vita-Genossenschaft. Ob ihre Einlage bei den EVTN zu einem Verlustgeschäft für die Genossinnen und Genossen wird, ist offen. Viele Mitglieder hatten sich zuletzt unzufrieden über die Höhe der Strompreise und der Nähwärme-Tarife des Lieferanten EVTN geäußert.
Volker Stephan
© 2024 Energie & Management GmbH
Dienstag, 22.10.2024, 14:05 Uhr
Dienstag, 22.10.2024, 14:05 Uhr
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