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Enerige & Management > Aus Der Aktuellen Ausgabe - Theorie und Praxis
Quelle: Quelle: E&M
AUS DER AKTUELLEN AUSGABE:
Theorie und Praxis
Es dauert, ein Verteilnetz auszubauen. Intelligente Lösungen könnten zwischenzeitlich helfen. Für sie gibt es zwar einen regulatorischen Rahmen, aber auch noch praktische Hemmnisse.
 
„Die Energiewende findet im Verteilnetz statt“ klingt pauschal, plakativ und ist wahr. Vielleicht würde der eine oder andere Übertragungsnetzbetreiber noch ein „auch“ einfügen. Aber es herrscht Konsens, dass die Integration der erneuerbaren Erzeugungsanlagen und die Elektrifizierung des Wärme- und Verkehrssektors das Stromnetz in der Niederspannung vor besondere Herausforderungen stellen.

Deshalb hat die Bundesregierung mit dem sogenannten Osterpaket 2022 den Verteilnetzbetreibern mit mehr als 100.000 Kunden die Pflicht auferlegt, auf der Grundlage gemeinsam erarbeiteter Regionalszenarien jeweils eigene Netzausbaupläne zu erstellen. Erstmals zum 30. April 2024 und dann alle zwei Jahre zum 30. April eines Kalenderjahres müssen die Verteilnetzbetreiber einen Netzausbauplan vorlegen. In diesem haben sie „die Möglichkeiten von Energieeffizienz- und Nachfragesteuerungsmaßnahmen zu berücksichtigen und für Niederspannungsnetze die langfristig erwarteten Anschlüsse von Erzeugungskapazitäten und Lasten anzusetzen“, wie es im einschlägigen § 14d EnWG heißt. Veröffentlicht werden die Pläne über das Portal „VNBdigital“.

Lange Lieferzeiten für Betriebsmittel

Der Netzausbau ist allerdings keine Aufgabe, die über Nacht zu schaffen ist. Die Beschaffung von Betriebsmitteln wird durch lange Lieferzeiten ausgebremst. Bei Trafos sind drei Jahre keine Seltenheit, wie von Netzbetreibern zu hören ist. Der Mangel an Fachpersonal ist ein weiteres Hemmnis. Und wenn dazu noch das Planungsrecht betroffen ist, müssen entsprechende Genehmigungsfristen beachtet werden.

Um den Netzbetreibern kurzfristig ein Werkzeug zum Engpassmanagement an die Hand zu geben, hat die Bundesnetzagentur Ende des vergangenen Jahres eine Festlegung zur Umsetzung des § 14a EnWG erlassen, wonach Verteilnetzbetreiber zur Vermeidung von Netzengpässen die Verbraucher „dimmen“, also ihre Bezugsleistung begrenzen dürfen. Die Behörde hat klargestellt, dass davon nicht der normale Haushaltsstrom für Herd, Waschmaschine und Trockner betroffen ist, sondern nur die in der Festlegung explizit genannten Anlagen, und zwar Wärmepumpen, private Ladestationen, Speicher beim Einspeichern von Strom aus dem Netz sowie Anlagen zur Raumkühlung.

Die Festlegung sieht entweder eine direkte Steuerung einzelner Anlagen über das Smart Meter Gateway oder eine Begrenzung der Bezugsleistung am Netzanschlusspunkt vor. Dahinter kann sich dann der betroffene Haushalt beispielsweise über ein Heimenergiemanagementsystem selbst optimieren und gegebenenfalls das Laden gegenüber dem Heizen priorisieren. Dafür, dass die Verbraucher potenzielle Eingriffe des jeweiligen Netzbetreibers hinnehmen müssen, kommen sie in den Genuss reduzierter Netzentgelte.

Müller: „Wir treffen jetzt konkrete Regelungen“

„Wir treffen jetzt mit konkreten Regelungen die Vorsorge, dass Ladeeinrichtungen für E-Autos und Wärmepumpen künftig zügig angeschlossen und sicher betrieben werden können“, sagte Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, bei der Vorstellung des Festlegungsentwurfs im Juni 2023. Konkret ist die Intention des Gesetzgebers und der Regulierungsbehörde: Mit der Lizenz zum Dimmen in der Tasche dürfen die Netzbetreiber dann keine Anschlussbegehren mehr ablehnen.

In der Praxis ist die Situation noch eine andere: Das Steuern in der Niederspannung ist zwar auf dem Papier gewährleistet. Doch zum einen befinden sich die Steuereinrichtungen noch im Zertifizierungsverfahren und werden bisher nur in Pilotprojekten eingesetzt. Zum anderen gehört das netzdienliche Steuern erst ab 2025 zu den verpflichtenden Zusatzleistungen des Messstellenbetriebs. Darüber hinaus sind − während es bereits seit Langem Hoch- und Mittelspannungsleitsysteme gibt − vergleichbare Lösungen für die Niederspannungsebene noch in der Entwicklung. Das Thema Lastverschiebung durch dynamische Tarife steckt auch noch in den Kinderschuhen.

Abgesehen davon bereitet vielen Netzbetreibern derzeit weniger die Entwicklung des Verbrauchs, sondern eher der Zubau erneuerbarer Erzeugungskapazitäten und deren Einspeisemengen Kopfzerbrechen. Und schließlich ist die Anreizregulierung derzeit noch auf eine Förderung des Netzausbaus ausgerichtet und blendet die Netzoptimierung durch intelligente Lösungen weitgehend aus.
Ansatzpunkte zur Optimierung des regulatorischen Rahmens gibt es also reichlich.
 
 

Fritz Wilhelm
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Donnerstag, 13.06.2024, 08:48 Uhr

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