RECHT:
Teure Bürgschaften für Rückbau von Windturbinen rechtens
Windenergie kann auch zum Streit führen, selbst wenn eine Anlage willkommen ist. Laut Urteil darf ein Landkreis in NRW sehr hohe Bürgschaften für den Rückbau einer Turbine durchsetzen.
Es ist ein Urteil, das Betreiber von Windkraftanlagen schlucken lässt. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hat Genehmigungsbehörden
einen großen Ermessensspielraum zuerkannt, wenn sie die Höhe von Bürgschaften für den Rückbau von Anlagen festlegen.
Der Gladbecker Projektierer SL Naturenergie empfand Auflagen des Landkreises Düren für zwei genehmigte Anlagen in der Gemeinde Vettweiß als viel zu hoch. Als Sicherheit für den späteren Rückbau verlangte die Behörde Bürgschaften in einer Gesamthöhe von rund 462.000 Euro. Der Betreiber wollte für die im Bau befindlichen Turbinen lediglich rund 211.000 Euro ansetzen.
Bürgschaften sind eine Art Versicherung, die Betreiber sich zum Beispiel bei Banken einkaufen können. Mit dieser Sicherheitsleistung ist geregelt, dass ein Kreis nicht auf den Kosten sitzen bleibt, falls im Laufe der Betriebszeit ein Windkraftunternehmen pleite geht und sich kein Abnehmer für die Anlage findet. Die Bank springt dann ein. Die Höhe ist insofern relevant, da Betreiber – grob geschätzt – etwa zehn Prozent der Bürgschaftssumme in jedem Fall als Kosten an die Bank zahlen müssen.
Landeserlass lässt auch 6,5 Prozent der Gesamtinvestition zu
Wie die Höhe dieser obligatorischen Bürgschaft zu berechnen ist, darüber war zwischen SL Naturenergie und der Verwaltung des Nordeifel-Kreises Düren Streit entbrannt. Denn Düren kommt laut Berechnung von SL Naturenergie auf eine Sicherheitsleistung im Umfang von etwa 16 Prozent der Gesamtinvestitionen. Das ist weit über den 6,5 Prozent, die laut Windenergieerlass NRW als Richtschnur dienen sollen.
Kurios ist in diesem Zusammenhang, dass eine Auflistung des in Vettweiß zum Zuge gekommenen Turbinen-Herstellers Enercon unbeabsichtigt den Rechtsstreit auslöste. Die Auricher hatten in ihren Kaufverträgen eine Zeitlang sehr detaillierte Rückbaukosten angegeben. Diese Kostenschätzung nehmen Genehmigungsbehörden häufig als Grundlage, um die Höhe der Bürgschaft festzulegen.
Der Kreis Düren sah sich die Details an – und nahm einen Posten zuungunsten des Anlagenbetreibers wieder heraus. Dabei handelt es sich um den Restwert der Anlage, also den Erlös, der voraussichtlich über das Recycling und den Verkauf von Bauteilen entsteht. Die Behörde strich rund 250.000 Euro aus der Kostenschätzung für den Rückbau beider Anlagen. Begründung: Ob die Reste nach 20 oder 25 Jahren Betriebszeit noch so viel wert sind, sei heute gar nicht abzuschätzen.
Also lagen die geschätzten Rückbaukosten auf einmal nicht länger bei den von Enercon angeführten 211.000 Euro, sondern eben bei 462.000 Euro. Entsprechend hoch solle die Bürgschaft ausfallen, forderte der Kreis. Dem folgte der 7. Senat des OVG Münster in seinem Urteil, weil so weit in der Zukunft zu erzielende Erlöse tatsächlich heute nicht verlässlich vorherzusagen seien.
Kurios: Bürgschaften noch nie zum Tragen gekommen
Es war also ein Detail zu viel in der Enercon-Auflistung. Früher hatte das Unternehmen lediglich eine Summe angegeben, ohne die Einzelposten zu nennen. Dies wäre SL Naturenergie auch in diesem Fall lieber gewesen. Denn der Kreis Düren hatte ohnehin nicht den für das Unternehmen günstigsten Betrag festgesetzt. Der hätte etwa bei 170.000 Euro gelegen, was 6,5 Prozent der Investitionen für die beiden Anlagen entsprochen hätte. Die Enercon-Schätzung für den Rückbau lag also bereits rund 40.000 Euro höher.
Besonders teuer kann das Urteil für SL Naturenergie werden, weil der beklagte Genehmigungsbescheid nur die ersten beiden von insgesamt zehn Turbinen in demselben Windpark in Vettweiß berührt. Acht weiteren Anlagen drohen also in ähnlicher Höhe abzuschließende Bürgschaften, weil auch hier die eingereichten Unterlagen die Enercon-Aufschlüsselung mit Restwertrechnung umfasst.
Hochgerechnet würde das für Vettweiß bedeuten, dass für die zehn Anlagen Bürgschaften in Höhe von insgesamt 2,3 Millionen statt 1 Million Euro zu erbringen wären. Vorausgesetzt, die anderen Anlagen gleichen den beiden in Münster verhandelten. Bei etwa 10 Prozent effektiver Kosten (230.000 Euro) wäre das eine Mehrbelastung von 130.000 Euro, je nach Vertrag mit der Bank und jährlichen Zusatzkosten. Diese Beispielrechnung wollten Vertreter von SL Naturenergie vor Ort nicht kommentieren.
Die Windkraft-Lobby hofft hier grundsätzlich auf eine bundeseinheitliche Festlegung, also auf gesetzliche Regelungen aus dem Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne). Weil dabei aber auch Paragrafen des Baugesetzbuches tangiert sind, müssen verschiedene Ressorts abgestimmt arbeiten.
Besondere Pointe dieses Falls: Den Rückbau von Windenergieanlagen über Bürgschaften abzusichern, federt ein eigentlich nicht existentes Risiko ab. Dem Umweltbundesamt war laut Erhebung von 2022 kein einziger Fall bekannt, in dem eine Genehmigungsbehörde auf einer Altanlage sitzen geblieben war und das erforderliche Geld für die Demontage beim Bürgen eintreiben musste.
Der Gladbecker Projektierer SL Naturenergie empfand Auflagen des Landkreises Düren für zwei genehmigte Anlagen in der Gemeinde Vettweiß als viel zu hoch. Als Sicherheit für den späteren Rückbau verlangte die Behörde Bürgschaften in einer Gesamthöhe von rund 462.000 Euro. Der Betreiber wollte für die im Bau befindlichen Turbinen lediglich rund 211.000 Euro ansetzen.
Bürgschaften sind eine Art Versicherung, die Betreiber sich zum Beispiel bei Banken einkaufen können. Mit dieser Sicherheitsleistung ist geregelt, dass ein Kreis nicht auf den Kosten sitzen bleibt, falls im Laufe der Betriebszeit ein Windkraftunternehmen pleite geht und sich kein Abnehmer für die Anlage findet. Die Bank springt dann ein. Die Höhe ist insofern relevant, da Betreiber – grob geschätzt – etwa zehn Prozent der Bürgschaftssumme in jedem Fall als Kosten an die Bank zahlen müssen.
Landeserlass lässt auch 6,5 Prozent der Gesamtinvestition zu
Wie die Höhe dieser obligatorischen Bürgschaft zu berechnen ist, darüber war zwischen SL Naturenergie und der Verwaltung des Nordeifel-Kreises Düren Streit entbrannt. Denn Düren kommt laut Berechnung von SL Naturenergie auf eine Sicherheitsleistung im Umfang von etwa 16 Prozent der Gesamtinvestitionen. Das ist weit über den 6,5 Prozent, die laut Windenergieerlass NRW als Richtschnur dienen sollen.
Kurios ist in diesem Zusammenhang, dass eine Auflistung des in Vettweiß zum Zuge gekommenen Turbinen-Herstellers Enercon unbeabsichtigt den Rechtsstreit auslöste. Die Auricher hatten in ihren Kaufverträgen eine Zeitlang sehr detaillierte Rückbaukosten angegeben. Diese Kostenschätzung nehmen Genehmigungsbehörden häufig als Grundlage, um die Höhe der Bürgschaft festzulegen.
Der Kreis Düren sah sich die Details an – und nahm einen Posten zuungunsten des Anlagenbetreibers wieder heraus. Dabei handelt es sich um den Restwert der Anlage, also den Erlös, der voraussichtlich über das Recycling und den Verkauf von Bauteilen entsteht. Die Behörde strich rund 250.000 Euro aus der Kostenschätzung für den Rückbau beider Anlagen. Begründung: Ob die Reste nach 20 oder 25 Jahren Betriebszeit noch so viel wert sind, sei heute gar nicht abzuschätzen.
Also lagen die geschätzten Rückbaukosten auf einmal nicht länger bei den von Enercon angeführten 211.000 Euro, sondern eben bei 462.000 Euro. Entsprechend hoch solle die Bürgschaft ausfallen, forderte der Kreis. Dem folgte der 7. Senat des OVG Münster in seinem Urteil, weil so weit in der Zukunft zu erzielende Erlöse tatsächlich heute nicht verlässlich vorherzusagen seien.
Kurios: Bürgschaften noch nie zum Tragen gekommen
Es war also ein Detail zu viel in der Enercon-Auflistung. Früher hatte das Unternehmen lediglich eine Summe angegeben, ohne die Einzelposten zu nennen. Dies wäre SL Naturenergie auch in diesem Fall lieber gewesen. Denn der Kreis Düren hatte ohnehin nicht den für das Unternehmen günstigsten Betrag festgesetzt. Der hätte etwa bei 170.000 Euro gelegen, was 6,5 Prozent der Investitionen für die beiden Anlagen entsprochen hätte. Die Enercon-Schätzung für den Rückbau lag also bereits rund 40.000 Euro höher.
Besonders teuer kann das Urteil für SL Naturenergie werden, weil der beklagte Genehmigungsbescheid nur die ersten beiden von insgesamt zehn Turbinen in demselben Windpark in Vettweiß berührt. Acht weiteren Anlagen drohen also in ähnlicher Höhe abzuschließende Bürgschaften, weil auch hier die eingereichten Unterlagen die Enercon-Aufschlüsselung mit Restwertrechnung umfasst.
Hochgerechnet würde das für Vettweiß bedeuten, dass für die zehn Anlagen Bürgschaften in Höhe von insgesamt 2,3 Millionen statt 1 Million Euro zu erbringen wären. Vorausgesetzt, die anderen Anlagen gleichen den beiden in Münster verhandelten. Bei etwa 10 Prozent effektiver Kosten (230.000 Euro) wäre das eine Mehrbelastung von 130.000 Euro, je nach Vertrag mit der Bank und jährlichen Zusatzkosten. Diese Beispielrechnung wollten Vertreter von SL Naturenergie vor Ort nicht kommentieren.
Die Windkraft-Lobby hofft hier grundsätzlich auf eine bundeseinheitliche Festlegung, also auf gesetzliche Regelungen aus dem Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne). Weil dabei aber auch Paragrafen des Baugesetzbuches tangiert sind, müssen verschiedene Ressorts abgestimmt arbeiten.
Besondere Pointe dieses Falls: Den Rückbau von Windenergieanlagen über Bürgschaften abzusichern, federt ein eigentlich nicht existentes Risiko ab. Dem Umweltbundesamt war laut Erhebung von 2022 kein einziger Fall bekannt, in dem eine Genehmigungsbehörde auf einer Altanlage sitzen geblieben war und das erforderliche Geld für die Demontage beim Bürgen eintreiben musste.
Volker Stephan
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Mittwoch, 25.09.2024, 17:20 Uhr
Mittwoch, 25.09.2024, 17:20 Uhr
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