
„Es geht mit den bestehenden Technologien“, erklärte Studienleiter Prof. Hartmut Spliethoff am Ende der Präsentation. Zuvor
hatten er und seine Mitarbeiter von der Technischen Universität München und dem Zentrum für Angewandte Energieforschung ZAE
Bayern ihre Ausarbeitung „100 Prozent Erneuerbare Energien für Bayern“ vorgestellt und erläutert: Wie kann die Energieversorgung
im Freistaat bis 2040 komplett auf Ökoenergien umgestellt werden?
Der Bund Naturschutz Bayern (BN) hatte das Forscherteam mit der Analyse beauftragt. Auf 72 Seiten sind die Ergebnisse nachzulesen.
Laut Spliethoff dürfe man „nicht ein Ergebnis herausnehmen, sondern müsse die Zusammenhänge verstehen“.
Die Studienmacher erwarten nach der kompletten Energiewende bei Strom, Wärme und Verkehr „ein System, das ganz anders aussieht,
als heute vorstellbar“. Und zwar mit Strom als dem zentralen Element. Nicht einmal mehr die Solarthermie wird zur Beheizung
oder für Warmwasser gebraucht. „Die hat der Optimierer herausgeworfen“, sagte Spliethoff und meinte damit den Algorithmus
des genutzten Programms.
Vervielfachung bei Photovoltaik und Windkraft nötig
Im Basisszenario reicht der aktuelle Ausbauzustand der Übertragungsleitungen aus. Angenommen werden 50 % technisches Einsparpotenzial
beim heutigen Stromverbrauch. Um dann die in 20 Jahren benötigte Strommenge für alle drei Sektoren zu produzieren und deren
ungleichmäßige Erzeugung zu puffern, seien 36.000 MW Wind-, 67.000 MW Photovoltaik-Leistung und 105 Mio. kWh Batteriespeicher
notwendig.
Die Frei- und Dachflächen für die Verfünffachung von PV seien vorhanden. Doch müsse die windbegrenzende 10H-Abstandsregel
aufgehoben werden: Bei einem Mindestabstand von 1.400 Metern zu Wohnungen sei genug Flächen-Potenzial vorhanden für zwölf
Mal mehr Windkraft als aktuell.
Für die Überbrückung der Winter seien Gasturbinen und Kraft-Wärme-Kopplung notwendig. Aber betrieben nicht mit Erdgas, sondern
mit Kraftstoff, der durch überschüssigen Sonnenstrom produziert werde. „Wasserstoff-Import ist in der Studie nicht enthalten“,
hieß es außerdem.
Im Schlusswort stellte Spliethoff noch zwei Dinge klar: Der von Bayerns Staatsregierung immer wieder genannte synthetische
Kraftstoff für Pkw sei keine Lösung: „Dann brauchen wir noch viel mehr Energie. Eine kWh in Emobil durch SynFuel ersetzen
bedeutet fünffacher Energieeinsatz.“ Und: „Auf Erfindungen würde ich nicht warten.“ Damit meinte er unter anderem die auch
von Zuhörern hochgelobte Kernfusion.
Laut Richard Mergner vom BN ist nun die Regierung in der Pflicht, die Energiewende in allen drei Sektoren wirklich anzugehen.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz und die bevorstehende Bundestagswahl sah er dabei als optimalen Anschub.
Mittwoch, 12.05.2021, 11:16 Uhr