
Dieses Ziel hat nun eine internationale Arbeitsgruppe rund um Photovoltaik-Forscher vom Forschungszentrum Jülich mit einem nanostrukturierten, durchsichtigen Material für die Vorderseite von Solarzellen im Blick. Denn noch immer tritt nach der Absorption des Sonnenlichts und der photovoltaischen Erzeugung von elektrischen Ladungsträgern der störende Effekt der Rekombination auf. Dabei vereinen sich bereits erzeugte negative und positive Ladungsträger und löschen sich gegenseitig aus, bevor sie für den Fluss von Solarstrom genutzt werden konnten.
Dagegen helfen spezielle Materialien, die eine besondere Eigenschaft – eine Passivierung – aufweisen. „Unsere nanostrukturierten Schichten bieten genau diese gewünschte Passivierung“, sagt Malte Köhler vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-5). Zusätzlich sind die hauchdünnen Schichten transparent – der Lichteinfall wird also kaum reduziert – und zeigen eine hohe elektrische Leitfähigkeit.
Pyramiden-förmige Nanokristalle aus Siliziumkarbid
Für die Fertigung der TPC-Schichten waren mehrere Prozessschritte notwendig. Auf einer dünnen Lage aus Siliziumdioxid deponierten
die Forscher eine Doppelschicht winziger Pyramiden-förmiger Nanokristallen aus Siliziumkarbid. Zum Abschluss folgte eine durchsichtige
Lage aus Indiumzinnoxid. „Kein anderer Entwicklungsansatz vereint bisher diese drei Eigenschaften – Passivierung, Transparenz,
Leitfähigkeit – so gut wie unser neues Design“, sagt Kaining Ding, Leiter der Jülicher Arbeitsgruppe.
Ein erster Prototyp der Jülicher TPC-Solarzelle – die Abkürzung steht für „Transparent Passivating Contact“ – erreichte im
Labor einen hohen Wirkungsgrad von knapp 24 %. Damit rangiert die Jülicher TPC-Solarzelle − noch − etwas unter den bisher besten Laborzellen aus kristallinem Silizium. Deren
Wirkungsgrade sind in den vergangenen Jahren schon sehr nah an das theoretische physikalische Limit des Halbleitermaterials
Silizium (29,4 %) herangerückt.
Grundlage dafür ist die am ISE entwickelte "TOPCon"-Technologie (Tunnel Oxide Passivating Contact). Während industrielle Standardzellen über einen vorderseitigen pn-Übergang verfügen, wurde bei der Rekordzelle der pn-Übergang auf der Rückseite in Form eines vollflächigen Top-Con-Kontakts ausgebildet. Mit diesem Zelldesign kann der Wafer besser für den Ladungsträgertransport ausgenutzt werden. Ein pn-Übergang bezeichnet einen Materialübergang in Halbleiterkristallen, wo die Dotierung von negativ zu positiv wechselt.
Neue Rekorde in Sicht
"Aus einer systematischen Simulationsstudie konnten wir einige grundlegende Designregeln für zukünftige Silizium-Solarzellen mit einem Wirkungsgrad von mehr als 26 Prozent ableiten. Beidseitig kontaktierte Solarzellen haben das Potenzial für Wirkungsgrade bis zu 27 Prozent und sind damit auch geeignet, den bisherigen Weltrekord für Silizium-Solarzellen zu übertreffen", erklärt Prof. Stefan Glunz, Bereichsleiter Photovoltaik-Forschung am Fraunhofer ISE.
Ein großer Vorteil dieser am Fraunhofer ISE entwickelten Zellstruktur ist, dass der folgende Produktionsschritt, die Verschaltung der Solarzellen zu Modulen, auf bereits bestehende Technologien aufbauen kann, und damit viele Standardtechnologien verwendet werden können.
Freitag, 16.04.2021, 11:50 Uhr