• Techem geht für Milliardenbetrag an Investorengruppe
  • Russland stemmt sich gegen Sanktionswelle
  • Streit über PV-Selbstversorgung
  • Stromerzeugung aus Kohle weltweit bis 2023
  • Preisanstieg aufgrund geringerer Erneuerbaren-Einspeisung
  • Smart Meter sind für Verbraucher eine Unbekannte
  • Elektrolyse-Stacks gehen in Hamburg in Serie
  • Wien: Digitaler Zwilling seit 30 Jahren
  • Millionendefizit in Sigmaringen
  • Wasserstoff für die Energiewende im Sauerland
Enerige & Management > Regenerative - Schweiz stimmt für Stromversorgungsgesetz
Quelle: Fotolia / vencav
REGENERATIVE:
Schweiz stimmt für Stromversorgungsgesetz
In der Schweiz wird der Ausbau der erneuerbaren Energien erleichtert. In einer Volksabstimmung sprachen sich zwei Drittel für ein umstrittenes Stromversorgungsgesetz aus.
 
Damit können Wasserkraftwerke neu gebaut oder ihre Leistung verbessert werden. Windkraft- und Solarprojekte werden in Zukunft leichter umgesetzt. Das Gesetz soll die Stromversorgung der Schweiz sicherer und unabhängiger vom Ausland machen.

Das Parlament in Bern hatte deswegen ein Bündel von Maßnahmen verabschiedet, um die Energieerzeugung im Inland zu erhöhen. Besonders im Winter ist die Schweiz gegenwärtig auf Stromimporte aus den benachbarten EU-Staaten angewiesen. Sie kann aber nicht im vollen Umfang am Stromhandel der EU teilnehmen. Die Verhandlungen mit der EU über eine Integration der Schweiz in den europäischen Energie-Binnenmarkt kommen seit Jahren nicht voran.

Regierung und Parlament wollen deswegen mehr Strom im Inland produzieren und den Verbrauch durch Sparmaßnahmen senken. Zur Verbesserung der Energieeffizienz sind strengere Vorschriften zur Isolierung von Gebäuden und Anreize für den Einsatz effizienterer Technologien vorgesehen. Vor allem jedoch soll der Einsatz von Wasser-, Solar- und Windkraft gefördert werden.

Solarstromproduktion verfünffachen

Das Stromgesetz erleichtert den Bau von Wasserkraftwerken und fördert den Ausbau insbesondere der Solarenergie sowie der notwendigen Infrastruktur. Mit einem Förderprogramm hofft man in Bern, die Solarstromproduktion bis 2035 zu verfünffachen. Für die Windkraft werden Fördergebiete ausgewiesen, in denen die Bewilligung solcher Projekte erleichtert wird. Neue Gebäude mit einer Grundfläche von mehr als 300 Quadratmetern müssen mit einer Solaranlage ausgestattet werden.

Die Wasserkraft bleibt die tragende Säule der Schweizer Strom-versorgung und soll bis 2050 auf 39,2 Milliarden kWh steigen. 16 Projekte, die bereits zwischen dem Bund, den Kantonen und den Versorgungsunternehmen vereinbart wurden, können jetzt beschleunigt realisiert werden, darunter drei neue Stauseen in den Alpen. Alpine Windparks sollen auch im Winter Strom liefern.

Im Sommer können die Eidgenossen gegenwärtig Strom exportieren, im Winter sind sie jedoch auf Importe angewiesen. Die Atomkraftwerke des Landes sollen weiterbetrieben werden, solange sie sicher sind. Langfristig ist jedoch der Ausstieg aus der Kernkraft geplant.

Mehr Aufgaben, höhere Kosten

Die Finanzierung der Förderung erfolgt über den sogenannten „Netzzuschlag“, der vorerst nicht erhöht wird. Er beträgt 2,3 Rappen (etwa 2,4 Cent) pro kWh. Viele Versorger rechnen allerdings mit höheren Preisen. Das Gesetz bringe für die Unternehmen zusätzliche Aufgaben, mehr Regulierung und damit höhere Kosten.

Insgesamt sollen 2035 aus erneuerbaren Quellen (ohne Wasserkraft) 35 Milliarden kWh Strom erzeugt werden. Das Stromgesetz sei die Voraussetzung dafür, den wachsenden Stromverbrauch der Industrie und der privaten Haushalte für Wärmepumpen und Elektroautos zu befriedigen, heißt es in Bern. Dort verspricht man sich vom Stromgesetz nicht nur eine sicherere, sondern auch eine Versorgung zu günstigeren und stabileren Preisen. 
Die Wasserkraft ist heute die wichtigste Quelle für die Schweizer Stromerzeugung mit 56 Prozent, gefolgt vom Atomstrom (37 Prozent), Solar (7 Prozent), Biomasse und Wind. Der Verbrauch der Schweiz beläuft sich auf rund 60 Milliarden kWh pro Jahr.
Schätzungen des Strombedarfs in 2050 bewegen sich zwischen 76 Milliarden kWh und 110 Milliarden kWh pro Jahr.

Das Stromgesetz war 2023 von den gesetzgebenden Körperschaften des Landes gegen den Widerstand einzelner Umweltverbände und vor allem der ländlichen Kantone verabschiedet worden. Die Gegner wenden sich insbesondere gegen die Beeinträchtigung des Schweizer Landschaftsbildes: „Es ist absurd, die Natur auf dem Altar des Klimas zu opfern“, sagt Vera Weber, eine der Initiatoren der Volksabstimmung gegen das Stromgesetz. Sie bezweifelt außerdem, dass die Stromproduktion damit substantiell erhöht wird.

Unterstützt wurde das Referendum auch von der Schweizerischen Volkspartei (SVP). Der Einspruch gegen das Stromgesetz wurde jedoch in allen Kantonen zurückgewiesen, am deutlichsten in Basel-Stadt (76 Prozent) und Genf (75 Prozent). Die Regierung in Bern begrüßte das Ergebnis des Referendums: „Es zeigt, dass das Stimmvolk die Energiewende will“, sagte Nationalrätin Aline Trende von den Grünen.

Die Umweltorganisation Greenpeace forderte, die Diskussion um eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke zu beenden. Auch der Bau neuer AKW oder von fossilen Reservekraftwerken sei mit der Volksabstimmung „obsolet“.
 

Tom Weingärtner
© 2024 Energie & Management GmbH
Montag, 10.06.2024, 13:05 Uhr

Mehr zum Thema