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Enerige & Management > Aus Der Aktuellen Ausgabe - Sagen Sie mal: Liliane Ableitner
Quelle: E&M
AUS DER AKTUELLEN AUSGABE:
Sagen Sie mal: Liliane Ableitner
In der Rubrik „Sagen Sie mal“ stellen wir ein paar kurze Fragen und bitten um kurze Antworten zu einem aktuellen Thema.
 
Frau Ableitner, seit Beginn des Jahres müssen deutsche Energieanbieter nach Paragraf 41a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) dynamische Stromtarife in ihrem Portfolio anbieten. Wie kommt es, dass Ihr Schweizer Softwarehaus jetzt schon ein repräsentatives Zwischenfazit ziehen kann?
 Die Umsetzung von Energieprojekten − von der ersten Konzeption bis zum finalen Rollout − erfordert in der Regel mehrere Monate bis zu einem Jahr. In den vergangenen zwei Jahren haben wir mit über 20 Stadtwerken und Energieversorgungsunternehmen dynamische Tarife implementiert. Unsere Lösung funktioniert als Add-on zum bestehenden ERP-System und ermöglicht eine flexible Integrationstiefe, je nach individuellen Anforderungen des Versorgers. Selbst bei einer minimalen Integration dauert die erfolgreiche Einführung dynamischer Tarife mindestens zwölf Wochen.
Angesichts der gesetzlichen Einführungspflicht zum 1. Januar 2025 und der weiterhin täglich eingehenden Anfragen zur nachträglichen Implementierung können wir mit Überzeugung sagen: Zahlreiche Anbieter verfügen noch immer über keine tragfähige Lösung − und ganz nach Manier der deutschen Energiewirtschaft dürfte es noch eine ganze Weile dauern, bis sie in die Umsetzung kommen.

Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?

Die Einführung läuft schleppend − trotz der seit 2021 bekannten Pflicht. Viele Energieversorger haben sich erst spät oder nicht ernsthaft damit befasst. Bis heute hören wir stets die gleichen Ausreden: technische Hürden in der ERP-Integration, fehlende Smart Meter oder personelle Engpässe.
Ja, die Abrechnung ist komplexer: Anstelle einer einzigen jährlichen Verbrauchsablesung entstehen 35.000 Datenpunkte pro Haushalt. Die Herausforderung liegt aber auch in der Gestaltung des Kundenerlebnisses. Verbrauchende brauchen Aufklärung über die Funktionsweisen dynamischer Tarife und eine verständliche Visualisierung von Echtzeitpreisen, Prognosen und historischen Daten, um ihren Verbrauch an aktuelle Marktbedingungen anzupassen. Noch entscheidender wäre eine automatisierte Steuerung von Endgeräten, doch auch hier fehlt es an Angeboten. Dynamische Tarife schaffen Flexibilität im Energiesystem und ermöglichen Innovationen wie Electric Vehicle Smart Charging (zeitversetztes Laden; d. Red.), ein Potenzial, das viele Versorger ignorieren.

Wie kann Ihrer Ansicht nach mehr Schwung in das Angebot dynamischer Tarife kommen?

Dazu braucht es ein Zusammenspiel aus klarer Regulatorik, technologischer Innovation und Aufklärung. Die Politik muss den Smart Meter Rollout vereinfachen, beschleunigen und Versorger, die ihrer gesetzlichen Pflicht nicht nachkommen, zur Verantwortung ziehen. ERP-Anbieter sind gefordert, ihre Systeme zu öffnen, während Energieversorger über den Tellerrand hinausdenken müssen.
Übergangslösungen wie die Abrechnung auf Basis von Standardlastprofilen ermöglichen die Umsetzung dynamischer Tarife auch jetzt schon, und zwar ohne Smart Meter. Um jedoch langfristig Flexibilitäten zu realisieren und finanzielle Anreize für Verbrauchsanpassungen zu schaffen, ist eine präzisere Erfassung des Energieverbrauchs in 15-Minuten-Intervallen erforderlich.
Softwarelösungen wie die von Exnaton ermöglichen die Abrechnung und Visualisierung. Wer darüber hinaus Mehrwert schaffen will, sollte über die gesetzlichen Vorgaben hinaus in Zukunftstechnologien wie Demand Side Management, EV Smart Charging und Flexibilitätsnutzung investieren. Entscheidend ist schlussendlich Aufklärung: Wer Verbrauchende über die Vorteile dynamischer Tarife aufklärt, steigert die Nachfrage und sichert sich Wettbewerbsvorteile.
 
Liliane Ableitner ist CEO der Exnaton AG, einem Softwarehaus mit Sitz in Zürich
Quelle: Exnaton AG
 

Davina Spohn
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