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Enerige & Management > Gas - Russland stemmt sich gegen Sanktionswelle
Quelle: Shutterstock / Wojciech Wrzesien
GAS:
Russland stemmt sich gegen Sanktionswelle
Auf zwei Schifffahrtsrouten ist LNG von Nordsibirien unterwegs. Derweil widerspricht ein Wissenschaftler Berichten, wonach das LNG-Terminal Arctic 2 vor dem Aus steht.
 
So durchquert nach Angaben des Schiffsverfolgungsdienstes Marinetraffic die „Pioneer“ den Golf von Aden, während die „Everest Energy“ zuletzt vor der russischen Halbinsel Kamtschatka geortet wurde.

Beide Schiffe gehören zu einer Schattenflotte im Interesse Russlands, um verflüssigtes Erdgas (LNG) von der ersten Produktionslinie des Werkes Arctic LNG 2 auf der nordsibirischen Halbinsel Gydan abzutransportieren. Gegen diese Produktionsstätte liegen seit letztem Jahr Sanktionen vor, so dass Novatek - der Mehrheitsinhaber und größte LNG-Produzent Russlands - Lieferverzögerungen aus Gründen höherer Gewalt ankündigt hatte und Mitinhaber Total Energies von seinen LNG-Bezügen von Gydan absieht.

Technik für Tanker fehlt

Die Gasverflüssigung wurde vorigen Dezember zwar aufgenommen, aber der Abtransport verschob sich immer wieder. Schiffsengpässe wirkten sich aus, die sich ebenfalls durch Sanktionen einstellten. Gebaute und georderte LNG-Tanker der Eisklasse Arc 7 lassen demnach auf sich warten. Entweder hängen sie in Südkorea fest oder die heimische Swesda-Werft ist im Verzug.

Auf die Frage, wieso Swesda nicht liefere, erklärte Alexej Gromow, ein Chefdirektor am Institut für Energie und Finanzen, am 26. September im Interview mit dem russischen Nachrichtenportal Eurasia Daily, dass erstens die Werft mit Sanktionen belegt sei und es zweitens an technischer Ausstattung für solche Eistanker mangle, da diese entweder importiert oder durch inländische Lösungen ersetzt werden müsse. Das koste wiederum Zeit. Dass aktuell eine Schattenflotte aushelfen soll, bestätigte hier Gromow, was Novatek zuvor selbst in Abrede gestellt hatte. Zugleich seien Verhandlungen mit China zum Bau ähnlicher Schiffe möglich. „Bisher gab es dort keine großen Erfolge. Es hat auch seine Grenzen“, so Gromow.

Manöver der Schattenflotte unterbinden

Im August berichteten internationale Medien erstmals, dass am Terminal von Gydan die „Pioneer“ anlegte. Gesichtet wurde sie laut dem maritimen Nachrichtenportal G Captain und der Nachrichtenagentur Bloomberg über Satellitenaufnahmen und nicht über Schiffsverfolgungsdienste. Das Ausschalten und Vortäuschen von Schiffspositions-Daten, Spoofing genannt, gehört zum Geschäft, um Frachtwege zu verbergen.

Die USA zogen derweil den Ring um die russische Schattenflotte zusammen mit ihren Betreibern mit neuen Sanktionen immer enger. Ziel ist es, den Transport an Käufer zu unterbinden beziehungsweise weitestgehend zu behindern.

„Wir werden keine Lieferungen von Arctic LNG 2 kaufen. Wir kaufen keine sanktionierte Ware. Etwas, das mit weitreichenden Sanktionen belegt ist, wird von uns nicht angefasst“, sagte der indische Ölminister Pankaj Jain Medien zufolge jüngst im September. Für Gromow ist es dagegen eine Frage des Preises, bis Indien einlenkt und mit Sanktionen belegtes LNG wie seinerzeit beim Öl bezieht.

Viel Flüssigerdgas von Arctic LNG für China

China verhält sich indessen still und lässt sich das Schweigen teuer bezahlen. Das legt Gromow ebenfalls nahe: „Es ist davon auszugehen, dass gewährte Rabatte deutlich über denen von Katar und Australien liegen, denn sonst würden chinesische Käufer nicht das Risiko eingehen, mit einem Projekt unter Sanktionen zu arbeiten.“

Über die Höhe der Rabatte machte er keine Angaben, weil diese Novatek unter Verschluss halte. Angaben zu Lieferungen im August würden in der Zollstatistik erst im Oktober / November erscheinen.

Demzufolge ist erstes LNG von Gydan bereits in China eingetroffen. „Arctic LNG 2 ist vollständig auf den chinesischen Markt ausgerichtet. Wir gehen davon aus, dass bis Ende des Jahres von den geplanten sechs Millionen etwa eine Million Tonnen LNG aus Arctic LNG 2 dorthin geliefert werden“, sagte Gromow und parierte damit Medienberichte über ein bevorstehendes Aus von Arctic LNG 2, weil derzeit keine Käufer in Sicht seien und LNG von Gydan in Tankschiffen bei Murmansk und Kamtschatka lagere.

Für Wissenschaftler Gromow hängt dort alles davon ab, wie Russland sich den Sanktionen entgegenstellt. Potenzielle Käufer wie Indien hätten Angst vor Sekundärsanktionen: „Das ist ein Problem, das noch gelöst werden muss.“ 
 

Josephine Bollinger-Kanne
© 2025 Energie & Management GmbH
Dienstag, 01.10.2024, 09:00 Uhr

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