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Enerige & Management > F&E - Reibungslos zu großen CO2-Einsparungen
Kolbenringe mit reibungsarmer Diamor-Beschichtung, Quelle: Fraunhofer IWS Dresden
F&E:
Reibungslos zu großen CO2-Einsparungen
Mit neuartigen Beschichtungen wollen Fraunhofer-Forschende die Reibung in technischen Systemen minimieren - und so Millionen Tonnen CO2 einsparen.
 
Tribologie, die Wissenschaft von der Reibung, steht eher selten im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Das könnte sich ändern: Mit Ultra- und Supraschmierung wollen Fraunhofer-Wissenschaftler die Reibung in technischen Systemen auf ein Minimum reduzieren und so große Mengen Energie und CO2 einsparen.

Im Rahmen der Verbundprojekte "Prometheus" und "Chephren" wollen die Forschenden durch superharte Kohlenstoffbeschichtungen die Energie- und Ökobilanz von Maschinen deutlich verbessern. Die Potenziale sind erheblich: Beim konsequenten Einsatz von Supraschmierung in Motoren und Getrieben von Autos, Bussen und Lastkraftwagen sowie im allgemeinen Maschinenbau könnte der globale CO2-Ausstoß um mehrere hundert Millionen Tonnen pro Jahr sinken. Verschleißschäden sowie Wartungs- und Schmiermittelkosten würden sich deutlich verringern.

"Technologische Fortschritte, insbesondere mit extrem gleitfähigen Kohlenstoffschichten, sollen es nun endlich ermöglichen, Reibung fast vollständig aus technischen Systemen zu verbannen", betont Volker Weihnacht, der am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS die Abteilung für Kohlenstoffschichten leitet. 

Auf dem Weg zur Supraschmierung spielen extrem harte "Diamor"-Schichten auf Kohlenstoff-Basis eine Schlüsselrolle. Das Fraunhofer IWS hat diese Technologie sowie die dafür nötigen Anlagen über viele Jahre hinweg entwickelt und verbessert. Dabei werden Bauteile in Vakuumkammern platziert. Darin entzündet ein Laser an Graphit-Elektroden ein Plasma aus heißen Ionen und Elektronen. Elektrische und magnetische Felder lenken diese feine Wolke aus geladenen Kohlenstoffteilchen auf das Bauteil. Auf dessen Oberfläche entsteht dann eine wenige Tausendstel Millimeter dünne Schicht aus tetraedrisch amorphem Kohlenstoff, abgekürzt "ta-C". Diese Schichten sind sehr hart und nach einer mechanischen Politur auch sehr glatt. Sie ähneln Diamanten – daher auch der Name Diamor.

Durch diese Ultraschmierung lassen sich die Reibungsverluste in Verbrennermotoren im Vergleich zum heutigen Stand der Technik halbieren. Der Reibungskoeffizient liegt dann zwischen 0,01 und 0,05. Das entspricht etwa der Reibung von ganz glattem Stahl, der auf Eis rutscht.

Enorme Einsparungen durch reibungsarme Maschinen

Das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Projekt Prometheus baut auf der Kohlenstoff-Schichttechnologie des Fraunhofer IWS auf und zielt auf besonders effiziente ultraschmierende Motoren für Fahrzeuge sowie sehr reibungsarme Gasmotoren. Die Ingenieure versetzen dazu die bereits reibungsarmen Diamor-Schichten im Motor zusätzlich mit Fremdatomen etwa aus Molybdän oder Bor. Im Motor verbinden sich die Dotiermaterialien dann chemisch mit bestimmten Schmierstoffmolekülen und erzeugen im laufenden Betrieb ultraschmierende Grenzflächen. Die Forschungsgruppe schätzt, dass so ausgestattet Motoren allein in Deutschland jährlich bis zu zwei Milliarden Kilowattstunden Energie und damit rund 520 Kilotonnen CO2 einsparen könnten. Die ersten ultraschmierenden Prometheus-Motoren treiben voraussichtlich ab etwa 2025 Serienfahrzeuge an.

Das stellt aber nur einen Zwischenschritt dar: Von Supraschmierung sprechen Fachleute, wenn der Reibungskoeffizient unter 0,01 sinkt. Darauf zielt das Verbundprojekt Chephren ("Chemisch-Physikalische Reduzierung der ReibungsENergie") ab. Der Fokus liegt hier weniger auf Verbrennungsmotoren, sondern auf jeglichen technischen Systemen. Dazu gehören etwa die Getriebe und Lager batterieelektrischer Autos oder von Windkraftanlagen.

Um bis zur Supraschmierung vorzustoßen, wollen die Partner die Qualität der Kohlenstoffschichten noch einmal deutlich verbessern. In Zukunft sollen diese Schichten selbst ohne Nachpolierschritte frei von Defekten und Unebenheiten sein. Bisher entstehen solche Rauheiten noch durch unerwünschte Nebeneffekte bei der Lichtbogenverdampfung. Dagegen entwickelt das Fraunhofer IWS nun im Zuge des Projekts neue Plasma-Superfilter. Etwa gegen Ende des Jahrzehnts sollen die supraschmierenden Chephren-Bauteile serienreif sein. 
 
 

Peter Koller
Redakteur
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Dienstag, 12.10.2021, 15:59 Uhr

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